Berlins Weihbischof Wolfgang Weider ist tot

„Die Seele des Erzbistums“

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Weihbischof Wolfgang Weider aus dem Erzbistum Berlin
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Foto: kna/Harald Oppitz

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Der emeritierte Berliner Weihbischof Wolfgang Weider ist gestorben. Er war ein Mensch, der Menschen entgegen kam, betonte Pfarrer Mathias Laminski in seinem Nachruf.

Das Erzbistum Berlin hat seinen emeritierten Weihbischof verloren. Wolfgang Weider starb am 14. Februar. Zahlreiche Nachrufe würdigen ihn als empathischen und stets den Menschen zugewandten Seelsorger.

Wolfgang Weider ist tot. Der emeritierte Berliner Weihbischof starb am Aschermittwoch im Alter von 91 Jahren in Berlin – in der Stadt, in der geboren wurde und die meiste Zeit seines langen Lebens gewirkt hat. Ein Blick in die zahlreichen Nachrufe zeigt: Sein Tod bedeutet nicht nur den Verlust eines überaus geschätzten Seelsorgers, auch spiegelt sich die wechselvolle Geschichte der Hauptstadt in seinem Wirken wie im Brennglas wider. Geboren und aufgewachsen im Stadtteil Karlshorst, legte er 1951 sein Abitur im Ostteil der mittlerweile geteilten Stadt ab. Doch zum Theologiestudium zog es ihn nach Fulda – was die DDR sogleich mit seiner Ausbürgerung quittierte. Erst als er zwei Jahre später nach Erfurt wechselte, wurde er erneut DDR-Bürger – und blieb es bis zur Wiedervereinigung.
1957 empfing er von Bischof Julius Döpfner in St. Joseph in Berlin-Wedding – im Westteil der Stadt – das Sakrament der Priesterweihe. Nach Stationen in den Stadtteilen Buch und Mitte wurde er 1966 Lokalkaplan mit dem Titel „Kuratus“ in Treptow, das vom „Eisernen Vorhang“ besonders betroffen war. Der Bezirk gehörte zur Pfarrei St. Marien-Liebfrauen, deren Zentrum in Kreuzberg im Westteil lag. Für Weider bedeutete dies: In seinem Gebiet gab es keine Kirche, kein Pfarrhaus, sondern nur eine Mietwohnung, die zugleich Kapelle, Gemeinderaum und Wohnung war. 1967 wurde er schließlich zum Pfarrer ernannt.
Gerade in diesen Jahren nach dem Mauerbau, der die Teilung Berlins für 28 Jahre besiegelte, sei es ihm wichtig gewesen, die geteilte Stadt als ganze erlebbar zu machen, unterstreicht Pfarrer Mathias Laminski in seinem Radio-Morgenwort in mehreren rbb-Sendern. So habe er als Weihbischof bis zur Wiedervereinigung ein Brustkreuz getragen, auf dem der Verlauf der Mauer zu erkennen gewesen sei. Danach schenkte ihm Joachim Kardinal Meisner ein neues Bischofskreuz, das dem „Spandauer Kreuz“ nachempfunden war. Dieses wurde in den 1980er Jahren bei Ausgrabungen in der Spandauer Zitadelle gefunden und gilt als ältestes christliches Zeugnis östlich der Elbe. „Beide Bischofskreuze machen deutlich, wofür er stand: Jesus und Berlin“, so Laminski.
Auch innerhalb der Kirche fiel die Zeit seines Wirkens in eine Epoche der Umbrüche, wie der Diözesanrat des Erzbistums in seinem Nachruf erinnert. Das Zweite Vatikanische Konzil von 1962 bis 1965 habe „historische Veränderungen großen Ausmaßes“ mit den sich anschließenden innerkirchlichen Reformen gebracht. In dieser Zeit sei Weider besonnen und zeugnisgebend tätig gewesen, heißt es im Nachruf der Laienvertretung.

Weider haderte mit Bischofsernennung

Während die Kirche im geteilten Deutschland die Beschlüsse des Konzils umsetzte, wechselte Weider nach einer Zwischenstation als Hausgeistlicher im Haus St. Norbert in Michendorf ins Ordinariat als Mitarbeiter im Seelsorgereferat. Kurz darauf wurde er Personalreferent für die Priester und Seelsorgehelferinnen im Ostteil des Bistums. 1981 ernannte ihn Bischof Meisner zum Domkapitular, ein Jahr später wurde Weider neuer Weihbischof anstelle des verstorbenen Johannes Kleineidam – eine Entscheidung, mit der Weider durchaus einige Tage haderte, wie er 2018 in einem Interview verraten hat. So habe er zu dieser Zeit bereits mit dem Gedanken gespielt, sich nach fünf Jahren im Ordinariat wieder auf eine Pfarrstelle zu bewerben.
Weider sagte dennoch zu und die Verantwortung für das Personal prägte fortan sein hauptsächliches Wirken. Von 1984 bis 2003 war er Bischofsvikar für das Personal im Pastoralen Dienst, ab 1991 zugleich Leiter des Dezernats Personal. Und diese Aufgabe – so der einhellige Tenor – habe er mit viel Empathie und menschlicher Zuwendung erfüllt. So sei es nicht selten vorgekommen, dass er sich für die eine oder andere nötige Versetzung entschuldigt habe, sagt Pfarrer Laminski: „Er war ein Mensch, der Menschen entgegenkam, und nicht wenige in Berlin und Brandenburg sagen bis heute: ‚Er war die Seele unseres Erzbistums.‘“
2007 – mit Erreichen der Altersgrenze – reichte er bei Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt ein, mit der Ernennung von Matthias Heinrich zu seinem Nachfolger schied er als Weihbischof aus dem Amt. Doch als Seelsorger blieb er weiter aktiv: Jeden Dienstag feierte er die heilige Messe unter anderem in der Sankt Hedwigs-Kathedrale. „Auch unvergessen, wie er mit seiner Aktentasche vom U-Bahnhof Hausvogteiplatz zur Kathedrale lief“, heißt es im X-Account (vormals Twitter) des Katholischen Forums Sankt Hedwig Mitte: „Zuletzt immer langsamer und trotz Schmerzen.“ So hat Weihbischof Wolfgang Weider bis zuletzt seinen bischöflichen Wahlspruch erfüllt: „Was Er euch sagt, das tut!“ (Joh 2,5)

tdh