Bistumsarchiv von Görlitz ist neu besetzt
Zurück in Schlesien
Foto: Bistum Görlitz
„Das Lesen historischer Dokumente macht viel Freude, ist aber immer eine Herausforderung und bedarf vieler Kenntnisse“, betont Waldemar Könighaus, der am 1. Juni als Archivar des Bistums Görlitz von Bischof Wolfgang Ipolt begrüßt wurde. Persönlich begeistern ihn die Handschriften und Urkunden des Mittelalters. Seine Doktorarbeit widmete er aus dieser Leidenschaft heraus der Geschichte der ehemaligen Zisterzienserabtei Lebus, die vom schlesischen Herzog Boleslaw I. dem Langen aus der Familie der Piasten 1175 gestiftet wurde. Bereits 1163 waren Mönche aus der Zisterzienserabtei St. Marien zur Pforte (Schulpforta bei Naumburg) in Leubus eingetroffen, die am damals dicht bewaldeten Oderufer das neue Kloster gründeten und mit der Rodung der Wälder begannen.
Leubus entwickelte sich zum wichtigsten Kloster Schlesiens und hatte maßgeblichen Anteil an der Kolonisation und dem Ausbau des Landes. Fünf weitere Klöster wurden von hier aus in Schlesien und Polen gegründet. Auch das Bistum Lebus, dessen Gründung sich im kommenden Jahr zum 900. Male jährt, fasziniert Waldemar Könighaus.
Dass Beeskow und Storkow, die einst zum Bistum Lebus gehörten, nun innerhalb der Diözese Görlitz liegen, war ein Beweggrund, sich in Görlitz zu bewerben. Ein weiterer ist das alte Erzbistum Breslau: Waldemar Könighaus ist gebürtiger Oberschlesier, und damit in den historischen Grenzen des Bistums Breslau geboren. „Heute arbeite ich im verbliebenen deutschen Rest der einstigen Erzdiözese und freue mich auf die kommenden Aufgaben“, sagt der neue Archivar.
Zu einer seiner Hauptaufgaben gehört unter anderem, dass die aktuellen Akten ins Archiv aufgenommen werden. Könighaus: „Es geht dabei zunächst um die Abgeberbetreuung. Die Akten müssen bereits in den Abteilungen so geführt werden, dass später die reibungslose Übergabe an das Archiv gewährleistet ist.“ Und es geht um Digitalisierung, beispielsweise der Priesterkartei und der Kirchenbücher. Letztere werden einmal im Internet abrufbar sein. „Das erleichtert Familienforschern die Suche nach ihren Vorfahren und erspart die manchmal recht zeit- und kostenintensiven Archivbesuche.“
Waldemar Könighaus‘ Interesse galt schon früh der mitteleuropäischen Geschichte. „Man sollte sich auf allen Seiten dieser Geschichte bewusst sein“, betont er. Weiter sagt Könighaus: „Wenn man in der Geschichte weiter zurückgeht, sieht man viele positive Verbindungen. Zwischen Polen und Deutschland gab es Austausch in wirtschaftlichen und kulturellen Bereichen. Sachsen war eine Drehscheibe.“ Das damalige Kurfürstentum verband Schlesien und Europa unter anderem durch die Handelsstraße Via Regia.
Er freut sich, in Görlitz wieder näher an seine schlesische Heimat gerückt zu sein. Auch, wenn es in der großen Politik – in Polen ist gerade Wahlkampf – oft schwierig ist, ermöglichen die „kleinen Rädchen“ viele Kontakte und Begegnungsmöglichkeiten. Die Beziehungen zu Polen und die Zusammenarbeit in der Forschung bleiben für Waldemar Könighaus Anliegen.
In den achtziger Jahren zog seine Familie ins Rheinland. An der Universität Düsseldorf mit den Studienfächern Geschichte und Klassische Philologie promovierte er. Für seine Forschungstätigkeit zum Kloster Lebus recherchierte er in Breslauer Archiven. Von 2007 bis 2021 war Könighaus Arbeitsstellenleiter beim Göttinger Langzeitforschungsprojekt „Papsturkunden des frühen und hohen Mittelalters“. Er richtet seinen Blick auf die Papstdokumente für die Länder Böhmen-Mähren, Polen sowie Dalmatien und Kroatien.
Die Leitung des Bistumsarchivs musste nach dem unerwarteten Tod von Winfried Töpler im letzten Jahr neu besetzt werden.