CDU-Politikerin Adeline Abimnwi Awemo

Den Hass überstrahlen

Image
Porträt Adeline Abimnwi Awemo
Nachweis

Foto: CDU Brandenburg/Laurence Chaperon

Caption

CDU-Politikerin Adeline Abimnwi Awemo

Obwohl eine Angreiferin sie im Wahlkampf verletzt und rassistisch beleidigt hat, hält die Cottbuser CDU-Politikerin Adeline Abimnwi Awemo ihre Landtagskandidatur aufrecht. Ziel der Katholikin bleibt es, mit ihrer Politik Menschen trotz Verschiedenheit zusammenzubringen.

„Unter tausend Mitarbeitern war ich die einzige Dunkelhäutige. Ich spürte, wie sich Blicke auf mich richteten und mir folgten, wenn ich mittags die Kantine betrat, Essen auf mein Tablett lud, mich zu meinem Platz bewegte, wenn ich aß und wenn ich die Kantine wieder verließ. Das machte mir Angst“, erinnert sich Adeline Abimnwi Awemo. Während einer Tag des Herrn-Gesprächsrunde beim Erfurter Katholikentag berichtete sie von ihrer ersten Arbeitsstelle bei einem brandenburgischen Energieunternehmen – und verriet, was für sie die Wende brachte: „Nach etwa drei Monaten dort sagte ich mir: ‚Warum hast du Angst? Fang an, mit den Menschen zu reden!‘“ Als sie nach einigen Jahren den Betrieb wieder verließ, hätten fast alle ihren Namen gekannt. „Für mich hat sich dort eine schlechte Erfahrung in etwas Positives verwandelt.“

Schon vorher hatte Adeline Awemo erlebt, dass sich in Deutschland Türen und Herzen für sie öffnen. Dazu trug sie selbst bei, denn häufig war sie es, die den ersten Schritt auf andere zuging. 2002 war sie für einen englischsprachigen Masterstudiengang in Umweltwissenschaften nach Cottbus gekommen, ohne Deutschkenntnisse. Von Anfang an suchte sie den Kontakt zur katholischen Gemeinde – obwohl sie bei ihren ersten Sonntagsgottesdiensten weder von der Predigt noch von den Gesprächen auf dem Kirchhof ein Wort verstand. „Ich habe einfach gelächelt“, erinnert sie sich.

Ihr erstes deutsches Weihnachtsfest musste sie im Krankenhaus verbringen. „In Kamerun hatte ich dieses Fest immer ganz groß gefeiert, jetzt war ich allein – und konnte nicht mal ,Danke‘ sagen.“ Eine katholische Familie machte diesmal den ersten Schritt, besuchte sie, kaufte ihr ein Wörterbuch und unterstützte sie beim Deutschlernen.

Aus Dankbarkeit für die Hilfe, die sie erfuhr, und aus Überzeugung, dass Christsein nicht an der Kirchentür enden dürfe, setzt sich Adeline Awemo – inzwischen deutsche Staatsbürgerin und Mutter von drei Kindern – für andere ein. Unter anderem engagiert sich die CDU-Politikerin im Integrationsbeirat der Stadt Cottbus. Sie ist Mitverfasserin der Erklärung „Cottbus ist bunt“, die 2018 bundesweit ein positives Echo fand, und unterstützt ausländische Studenten. Sie macht ihnen Mut, sich in Deutschland zu integrieren, bestärkt sie aber auch, ihre eigenen kulturellen Wurzeln zu pflegen. Der deutsch-afrikanische Verein, den sie gegründet hat, trägt dazu bei, dass Afrikaner in Cottbus heimisch werden und er zeigt den Brandenburgern die Reichtümer afrikanischer Kulturen.

„Reden bringt uns zusammen“, ist Adeline Awemo überzeugt. Sie lädt Menschen ein, nicht nur zu meckern, sondern lieber gemeinsam etwas voranzubringen. Sie fragt nach, wenn ihr etwas missfällt. Reden mache Vorurteile bewusst und ermögliche, sie zu überwinden. „Ausländer finde ich doof, aber du bist ja anders“, bekam sie schon öfter zu hören. „Warum bin ich anders?“, fragte sie dann zurück und im Gespräch wurde deutlich, wie sich die Haltung gegenüber Menschen verändern kann, wenn man sie kennenlernt. Über manche Situationen hilft ihr ihr Humor hinweg. Ihr Spruch „Ich bin eine schwarze Ossi“  habe schon mehrmals als Eisbrecher gewirkt.

„Jedesmal wenn ich jemanden treffe, der sehr schwierig ist, bete ich für ihn“, sagt sie. Dass sie auch in widrigen Situationen nicht die Überzeugung verliere, dass jeder Mensch Kind Gottes sei und etwas Positives in sich berge, hat ihr bei Bekannten und Kollegen den Spitznamen „Sonne“ eingebracht.

Ihr selbst hat die katholische Gemeinde sehr geholfen, in Cottbus heimisch zu werden – sie weiß aber, dass Kirchengemeinden nicht automatisch zur Heimat für Zugewanderte werden. Sogar in der eigenen Gemeinde hat sie erlebt, dass ein Gottesdienstbesucher beim Friedensgruß die Hand demonstrativ hinter dem Rücken versteckte. Nach dem Gottesdienst kamen viele auf sie zu und signalisierten, dass sie solches Verhalten nicht akzeptieren. „Sie sagten: ‚Es tut uns leid, dass du das erleben musstest.‘“ „Christen bilden den Querschnitt unserer Gesellschaft ab. Einige wissen nicht, wie sie mit Fremden umgehen sollen und brauchen dafür Zeit und Begleitung“, glaubt Adeline Awemo.

Nachdem sie am 25. Juli beim Kleben von Wahlkampf-Plakaten von einer ihr unbekannten Frau geschlagen und beleidigt wurde, hat sie Rückendeckung aus ihrer Gemeinde und weit über die Stadt Cottbus hinaus erfahren. Auch Bischof Wolfgang Ipolt bestärkte sie in einem Brief, sich nicht abbringen zu lassen von ihrem „Weg des Austausches, des Zuhörens und des Dialogs“ und weiterhin zu Ihrer Kandidatur zu stehen.

„Ich habe nie aufgegeben und werde es auch jetzt nicht tun“, sagte die Politikerin in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. Sie gehe weiter auf die Menschen zu und versuche, mit ihnen zu reden – auch mit denen, die unzufrieden seien mit dem System.

Dorothee Wanzek