Christliche Tattoos
Omas Glaube geht unter die Haut
Sie sei schon 73 Jahre alt gewesen, als sie sich ihr erstes Tattoo stechen ließ, berichtete eine Anruferin der Mitarbeiterin im TAG DES HERRN-Leserservice erfreut. Sie wolle sich später noch einmal melden, um einem Redaktionsmitglied Näheres über das christliche Motiv zu erzählen, das sie seither auf der Haut trägt, kündigte die ältere Dame an. Auf ihren Anruf warten wir noch immer gespannt.
Bleibende Verbindung zur geliebten Oma
Die anderen Christen, die uns an ihren auf der Haut verewigten Glaubensbekundungen teilhaben ließen, waren deutlich jünger. Die Dresdner Maskenbildnerin Sophia-Eleonore Freitag zum Beispiel hat sich mit 20 Jahren einen Schmetterling als Symbol der Auferstehung und einen lateinischen Schriftzug in der Handschrift ihrer Oma Ursel auf den Rücken tätowieren lassen. „Wir vertrauen in Gott“ bedeuten die Worte und die Oma hatte sich einverstanden erklärt und ihre Bereitschaft erklärt. Das ist zehn Jahre her. „Sophia hatte von klein auf ein ganz besonders inniges Verhältnis zu meiner Schwiegermutter“, erinnert sich ihre Mutter Karin Freitag.
Die habe das Mädchen oft mitgenommen, wenn sie in der evangelischen Dorfkirche von Schwarzheide küsterte und vor den Gottesdiensten läutete. Ihr Gottvertrauen habe sie nicht vor sich hergetragen, sondern einfach gelebt. Als die Oma Jahre später schwer krank wurde und sich kaum noch bewegen konnte, hätten ihre Enkelkinder sie einmal gefragt, was sie denn nun den ganzen Tag mache. „Ich bete“, gab sie zur Antwort. Auf die ungläubige Nachfrage „Wie jetzt, den ganzen Tag?“ wies sie daraufhin, dass es schon seine Zeit dauere, bis sie mit der ganzen Familie und dann noch mit der Welt „durch“ sei. Heute, nachdem die Großmutter gestorben sei, freue sich Sophia über das bleibende Zeichen der Verbundenheit.
Vertrauen zum Tätowierer ist wichtig
Felix Hoffmann, Gemeindereferent in Delitzsch, hat sich in seinem Sommerurlaub in Japan zwei Tattos stechen lassen. Eines davon zeigt das Lilienkreuz, Symbol des Dominikanerordens, zu dessen Laiengemeinschaft der Mittdreißiger gehört. Mit dem Gedanken, sich tätowieren zu lassen, hatte er sich schon lange getragen, umgesetzt hat er die Idee im vergangenen Sommer ganz spontan, weil ihm der junge japanische Tätowierer vertrauenswürdig vorkam.
Das Lilienkreuz habe für ihn einfach nahegelegen, begründet er die Auswahl des Motivs. Er trage bereits eine Halskette mit einem Lilienkreuz, das auf seinen Orden und natürlich auf Jesus und mit der Liliensymbolik auf Maria hinweise. „Das wird nicht mein letztes Tattoo bleiben“, ist sich der Gemeindereferent sicher. Für Freunde und jüngere Gemeindemitglieder sei es keine Überraschung gewesen, ihn plötzlich mit Tattoo zu sehen, für die ältere Generation seien Tätowierungen merklich noch ungewohnt.
Mehr als ein Tattoo hat auch unser Redakteur Vinzent Antal. Kurz nach seinem 18. Geburtstag ließ er sich ein Kreuz auf die Wade stechen. Schon damals wusste er, dass das nur der Auftakt sein sollte. Er wollte gern die Trinität als sichtbares Glaubenszeugnis unter seiner Haut verewigen. Daher folgte als nächstes eine Taube im Strahlenkranz auf einem Unterarm. Dann kam das Projekt ins Stocken. Wie stellt man Gott dar? Diese Frage beschäftigte ihn eine ganze Weile. Schließlich entschied er sich für das allsehende Auge, da das Auge auch in der Bibel als Symbol der Allgegenwart Gottes erwähnt wird (Spr. 15, 3). Auch wenn die dritte Tätowierung bislang fehlt, will er sie sich noch stechen lassen. Schließlich ist ihm der dreifaltige Gott auch in jedem Gebet sehr wichtig.
Zur Sache: Lange Tradition im Christentum
Unter den Kopten lassen sich christliche Tätowierungen in Ägypten und im Heiligen Land bis ins siebte Jahrhundert zurückverfolgen. Von dort hat sich die Tradition in den Ostkirchen ausgebreitet. Bis heute gilt ein Kreuztattoo unter vielen Ostchristen als Beweis für die Zugehörigkeit zur Kirche.
Mit Beginn der Kreuzzüge verbreitete sich der Brauch des Tätowierens auch unter europäischen Christen. Dass Pilger sich vor der Rückkehr nach Europa im Heiligen Land tätowieren lassen, wurde erstmals im 17. Jahrhundert überliefert. Die Pilger wollten damit beweisen, dass sie tatsächlich im Heiligen Land waren.
Unter westlichen Christen gab es allerdings auch früh Kritik an der Tradition. Manche Kritiker berufen sich auf den ersten Korinterbrief, in dem Paulus den Leib als „Tempel des Heiligen Geistes“ bezeichnet