Leipziger Katholiken feierten Fronleichnamsfest im Hauptbahnhof

„Heiliger Boden“ in der Bahnhofshalle

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Fronleichnam 2023 im Leipziger Hauptbahnhof
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Foto: Dorothee Wanzek

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Mehr als 400 Leipziger Christen feierten am Fronleichnamstag Gottesdienst in der Osthalle des Hauptbahnhofs.

Zum Thema „Christus unter den Menschen“ haben die Leipziger Katholiken ihr diesjähriges Fronleichnamsfest im Hauptbahnhof gefeiert. Federführend waren der Caritasverband und das Team der ökumenische Bahnhofsmission.

„Wir feiern heute etwas, das den Alltag der Bahnhofsmission sehr prägt: Gott ist auch am Bahnhof präsent“, sagte der Leipziger Caritas-Chef Tobias Strieder, als er am 8. Juni die Fronleichnamsgemeinde in der Leipziger Bahnhofshalle begrüßte. Gerade an Fronleichnam brächten manche Christen ihre Überzeugung zum Ausdruck, sie müssten Gott zu ihren Mitmenschen bringen. Dabei sei er doch längst da.
Viele Passanten, denen die feiernden Christen einen breiten Durchgang freigelassen hatten, verweilten, zückten Handys, knipsten und filmten die Veranstaltung, machten Selfies vor der ungewohnten Kulisse. Manche gingen achtlos vorbei, einige verdrehten genervt die Augen und nahmen Umwege in Kauf, um die singende und betende Menge zu umschiffen. Etliche wollten bei den Bahnhofsmissions-Mitarbeitern, die sich als Wegweiser in der Halle verteilt hatten, Näheres in Erfahrung bringen. „Toll, dass sowas hier im Bahnhof möglich ist“, bekam die Leiterin Sophie Wischnewski so oder ähnlich mehrmals zu hören. „Oft habe ich beobachtet, dass Reisende sich fasziniert annäherten und eine Weile dabeiblieben“, erzählt sie. Sie habe nur eine einzige negative Reaktion erlebt, von einem Mann, der Katholiken lauthals als Kinderschänder beschimpfte. Sie habe ihn daraufhin eingeladen, zu einem Gespräch in der Bahnhofsmission vorbeizuschauen.

Mehrstimmiges vom Caritas-Mitarbeiterchor

Auch Katholiken nahmen diesen Gottesdienst als etwas Besonderes wahr. Hier die Eindrücke einer Teilnehmerin: „Es war eben nicht dieses anachronistische Gebaren, was ich als total abgefahren empfinde und nicht mehr mitmache zu Fronleichnam. Nein, es war heiliger Boden. Das Heilige kam mitten unter die Menschen. Wie soll ich es nur beschreiben? Mir war, als würde Kirche hier an diesem Ort, in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit im religiös eher unterbelichteten Leipzig, ihren guten Platz eingenommen haben. Keine Inszenierung leerer Riten, keine Folklore in teuren liturgischen Gewändern, kein Klerikalismus. Dazu eingängige Lieder, vom Chor super mehrstimmig untermalt. Da hielt der Tippelbruder mit seinen bunten Tüten an und guckte zu. Da hat sich kaum jemand ärgerlich aufgeregt wegen der Einengung auf den Stufen. Das Heilige war plötzlich seltsam gegenwärtig im Alltäglichen …“

Dorothee Wanzek