Anstoß 10/2024

Gebet als Arznei

Anstossbild
„Ich schreibe Sie ein paar Tage lang krank. Sagen wir, die ganze Woche“, teilte mir meine Hausärztin vor kurzem mit. Ich fiel fast vom Stuhl: Eine ganze Woche zu Hause rumliegen und nichts tun können? Wie sollte ich das denn schaffen?

Porträt Christina Innemann
Christina Innemann
Katholische Polizeiseelsorgerin in Mecklenburg-Vorpommern

Natürlich beugte ich mich der fachlichen Meinung und kurierte mich aus. Ich schlief viel. Mutete mir kaum etwas zu. Trank Tee. Obwohl ich anderen in Seelsorgegesprächen regelmäßig dazu rate, gut auf die eigene Gesundheit zu achten, fiel mir das selbst sehr schwer. 
Als ich fiebernd im Bett lag, frustriert, weil ich mich ausgebremst fühlte, kam mir plötzlich der Gedanke: Beten hilft bestimmt. Und so formulierte ich vorsichtig ein Gebet. Ich bat Jesus, mir Kraft und Geduld zu schicken – diesen Beistand hatte ich echt nötig! 
Ich war baff, wie sehr mich das Zwiegespräch mit Gott aufbaute. Ich fühlte mich nicht mehr so hoffnungslos, sondern getröstet. Und gestärkt. Warum hatte ich das nicht schon viel früher und viel häufiger versucht – zu beten, wenn ich krank bin? 
Bereits im Alten Testament, im Buch Exodus, steht im Kapitel 15: „Ich bin der Herr, dein Arzt.“ Damit verbunden ist in dem Fall die Zusage Gottes an sein Volk, dass es im Gegensatz zu den Ägyptern von schlimmen Krankheiten verschont bleibt. Bedingung dafür ist das Einhalten seiner Gebote.
Nun ist der christliche Glaube kein Ersatz für eine medizinische Betreuung im Krankheitsfall. Aber nach meiner Erfahrung denke ich: Wenn es uns gelänge, unsere „Verbindung nach oben“ auch im Krankheitsfall zu aktivieren, könnte uns das immens stärken. Beten bedeutet, näher an Gott heranzurücken und uns von seiner Liebe umarmen zu lassen. 
Während ich das schreibe, fühlt es sich selbst für mich als norddeutsche Seelsorgerin fast überschwänglich an. Aber genau das habe ich gespürt, als ich kränkelte. Beten hilft uns durch kleine grippale Infekte. Und sicher durch andere, schwerwiegendere Krisensituationen. 
Daran wurde ich vor kurzem erinnert. Wozu ein kleiner Infekt doch alles gut sein kann… .

Christina Innemann