Neuer Pressesprecher
Bereit für Verantwortung
Foto: Raphael Erbe
„Das wäre doch was für dich“, fanden Johann Wagners Eltern, als sie in der Tageszeitung eine Annonce des Sächsischen Ausbildungs- und Erprobungskanals (SAEK) lasen. Gesucht wurden Görlitzer Kinder und Jugendliche, die sich für Medien interessieren und praktische Erfahrung mit Rundfunk und Fernsehen sammeln wollten. Elf Jahre alt war der medienbegeisterte Sohn damals, und seine Freizeit teilte er in den folgenden Jahren zwischen der Ministrantengruppe der Kathedralpfarrei und dem kleinen SAEK-Studio auf. Er machte Interviews und Straßenumfragen, probierte sich in Internet und Videotechnik aus, wurde Oberministrant, ging im Jugendhaus Neuhausen ein und aus und engagierte sich im Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ).
In Neuhausen fand er nicht nur Gleichgesinnte, sondern auch erfahrene Referenten und Priester, die sich Zeit für den Heranwachsenden nahmen, sich auf seine Glaubensfragen und -zweifel einließen, ihm Vertrauen schenkten und etwas zutrauten. „Das hat mir sehr geholfen, in meinem Glauben zu reifen und meine eigene Entscheidung für die Kirche zu treffen“, sagt der heute 23-Jährige. Manchmal ließ sich die Liebe zur Kirche und die Leidenschaft für den Journalismus schon damals verbinden, zum Beispiel mit der Homepage der Ministranten von St. Jakobus, die er einrichtete und pflegte.
Das „coole“ Hobby wurde zum Beruf
Dass er sein „cooles“ Hobby zum Beruf machen wollte, war ihm schnell klar, und umso mehr freute es ihn, dass es gleich nach dem Abitur mit seinen Traumstudienplatz Medienmanagement in Mittweida klappte. Auch dort fand er schnell Anschluss in der Kirche, vor allem in der katholischen Studentengemeinde (KSG). „Ich habe dort eine kleine, aber lebendige Ortsgemeinde erlebt, die uns Studenten mit einbezog“, erinnert sich Johann Wagner. Häufig lud jemand aus der Gemeinde die Studenten nach dem Sonntagsgottesdienst zum Essen ein. Der Görlitzer genoss es, außerhalb des vertrauten Bistums Kirche als Gemeinschaft zu erleben.
Auch in Mittweida konnte er seine Fähigkeiten einbringen, in der Öffentlichkeitsarbeit der KSG und für die Vernetzung mit anderen sächsischen Gemeinden. Er knüpfte auch an sein politisches Engagement in der CDU an, das er bereits als Schüler in Görlitz begonnen hatte.
„Die Initialzündung dafür war die Bundestagswahl 2017, als Michael Kretschmer sein Direktmandat an einen damals noch unbekannten AfD-Politiker verlor“, berichtet Wagner. „Mich und einige Freunde hat der Schock darüber motiviert, uns selbst politisch einzubringen. Wir haben Diskussionen organisiert, Politiker eingeladen, ich bin in die CDU eingetreten.“
Hinter der Entscheidung stand zum einen der Gedanke, mit christlichen Wertvorstellungen am besten bei einer Partei aufgehoben zu sein, die ein „C“ im Namen trägt, zum anderen der persönliche Kontakt zum heutigen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, der ihm Jahre zuvor schon die Gewinnerurkunde einer Matheolympiade überreicht hatte und der in seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter den Englisch-Leistungskursen seiner Schule jedes Jahr verlässlich einen Besuch in der Britischen Botschaft ermöglichte.
Johann Wagner übernahm Verantwortung, zunächst als Pressesprecher der Görlitzer Jungen Union. In Mittweida gründete er eine Ortsgruppe des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) und wurde dort bald auch auf der Landes- und Bundesebene aktiv.
„Mich für Freiheit und Demokratie zu engagieren, bin ich auch meinen Eltern und allen anderen schuldig, die dafür in der DDR alles aufs Spiel gesetzt haben und auf die Straße gegangen sind“, findet er. „Ich habe mir die Freiheit und den gesellschaftlichen Wohlstand, in dem ich heute leben darf, nicht selbst erkämpfen müssen. Ich will der Gesellschaft etwas zurückgeben.“
In seiner Partei das Christliche stärken
Die Themen, die er einbringt, sind vor allem Themen, die junge Menschen bewegen, wie zum Beispiel der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Christliche Werte sind für ihn der Maßstab, an dem er seine Positionen messen will, und nicht immer läuft er damit bei seinen Parteifreunden offene Türen ein.
Bei einem RCDS-Bundeskongress hat er zum Beispiel deutlich Stellung bezogen gegen eine Forderung, die sich prinzipiell dagegen aussprach, die Rettung von Flüchtlingen aus Seenot zu unterstützen. „Wenn wir diese Position vertreten, können wir auch gleich das C aus unserem Parteinamen streichen“, sagte er.
Nachdem er den Bachelorabschluss in der Tasche hatte, schloss er ein Masterstudium in Leipzig an. Hier fiel es ihm schwer, als Katholik einen Ort zu finden, der zu ihm passt. Unter den katholischen Studenten und in der Propsteigemeinde der Stadt suchte er danach vergebens. „Ich spürte mehr und mehr, wie sehr mir Görlitz fehlte, als Heimat im Glauben, und als Region, die mir am Herzen liegt, in der ich etwas bewegen möchte“, sagt er.
Kraft schöpfen in Neuzelle und Neuhausen
Zu den lebendigen Glaubensorten, die er nicht missen möchte, gehört für ihn das Kloster Neuzelle. Bei den dortigen Jugendwallfahrten mit bis zu 200 Jugendlichen zum Neuzeller Wallfahrtslied auf die Knie zu gehen, gibt ihm Geborgenheit und bestärkt ihn.
„Auch ich diskutiere gerne bei einem Bier über kirchenpolitische Themen, aber ich sehne mich nach einer Umgebung, in der nicht – wie ich es bei Bundesveranstaltungen des BDKJ erlebt habe – ständig Grrundsätzliches unseres katholischen Glaubens in Frage gestellt wird“, betont er.
Noch während er seine Masterarbeit schrieb, verlagerte er seinen Lebensmittelpunkt wieder in seine Heimatstadt. Er kandidierte mit Erfolg für den BDKJ-Diözesanvorstand, wurde Kreisvorsitzender der Jungen Union, überzeugte seine Lebenspartnerin, mit ihm nach Görlitz zu ziehen. Die Aussicht auf einen Job hatte er da noch nicht, aber eine gute Portion Zuversicht und Gottvertrauen, dass sich das Passende schon ergeben würde.
„Das wäre doch was für mich“, dachte er, als er im Sommer von der frei werdenden Stelle für Öffentlichkeitsarbeit im Bistum hörte. Er startete eine Initiativbewerbung – und hat seit Anfang Oktober sein Büro in der Görlitzer Ossietzkystraße, dem Sitz des Bischöflichen Ordinariats. Zusätzlich erstellt er in einem Minijob die Wahlkreiszeitung für Michael Kretschmer. In seiner Familie ist er der erste, der sich bewusst in das Licht der Öffentlichkeit stellt. Vater und Großvater haben ihm etwas vorgelebt, das er durchaus schätzt: „Sie haben der Kirche Gutes getan, ohne es an die große Glocke zu hängen. Wenn sie etwa bemerkt haben, dass etwas gebraucht wird, das sie als Metallbauer beisteuern können, haben sie geholfen, ohne ein Wort mehr als nötig darüber zu verlieren.“