Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Predigtvorbereitung

Schöner predigen mit KI?

Für die eigene Predigt Künstliche Intelligenz (KI) zu Rate ziehen? Die Debatte darüber gibt es schon seit einigen Jahren. Wir haben zwei Priester gefragt, was für den Einsatz von KI für Predigten spricht – und was dagegen.

KI-Predigt

Diese Predigt hat allein das KI-Chatprogramm „ChatGPT“ erstellt. 

Dafür wurde dem Programm im Chat folgende Anweisung gegeben: „Hallo! Schreib mir bitte eine Predigt für eine katholische Eucharistiefeier zum 21. Juli 2024, die inhaltlich und thematisch zum 16. Sonntag im Jahreskreis passt.* Der Predigttext sollte nicht länger als 2400 Zeichen lang und möglichst peppig sein.“

Die Eingabe dieses Befehls kostete eine Minute. Für die Anfertigung des fertigen Textes brauchte das KI-Programm zehn Sekunden.

(* Da dem Programm kein Lesejahr vorgegeben wurde, hat es selbstständig das Lesejahr C gewählt. Aktuell befinden wir uns aber im Lesejahr B.)

 

„Die KI ist nur mein Co-Pilot“

Kaplan Maximilian Hofmann
Maximilian Hofmann

„Die Frage, ob ich Künstliche Intelligenz (KI) einsetze, um meine Predigt zu schreiben, ist genauso sinnvoll wie die Frage, ob ich sie auf meinem Computer schreibe. Das bekannte Office-Hilfsprogramm namens „Copilot“ zeigt den Mehrwert von KI: Ich bin der Pilot, ich habe das Kommando, ich trage die Verantwortung. Auch für die zweite Kraft, die mich unterstützt: KI. Ihr kann ich Aufgaben übertragen, die sie besser kann, die mir keinen Spaß machen, die mir schwerfallen.

Meine eigenen Texte zu redigieren ist für mich zum Beispiel ein mühsames Unterfangen. Ein KI-gestütztes Schreibtool nimmt mir die redaktionelle Arbeit ab. Ein „Translator“ übersetzt mir Ansprachen von Papst Franziskus, die ich in wunderbarem Deutsch schneller erfassen kann. Wenn mir die kreativen Ideen ausgehen, nutze ich die berühmt gewordene Chat-KI als Sparringspartner. Eine meiner Schwächen ist, dass ich mich – ungewollt – schriftlich viel aggressiver ausdrücke als mündlich. Bald erscheint ein weiteres Programm, das ich bitten kann, meine Texte zu entschärfen, ohne dass sich der Inhalt – mein Inhalt! – ändert.

Wussten Sie, dass man im Internet fertige Predigten herunterladen kann? Ich höre und lese immer wieder, dass sie von Mitbrüdern gehalten werden. Ohne Computer, ohne Internet hätten sie ihre Predigten selbst schreiben müssen. Oder, Moment, es geht noch weiter: Wussten Sie, dass es Zeitschriften gibt, die vorformulierte Predigten direkt in den Briefkasten schicken? Hätte ich sie abonniert, könnte ich sie vorlesen. Oder zur Inspiration nutzen. Sollte ich deshalb den Umgang mit Computer und Internet, mit Büchern und Zeitschriften hinterfragen? 

Ich bin froh, mit der KI einen Copiloten an meiner Seite zu haben, der meinen Dienst unterstützt. Klar ist: Meine Predigt muss meine Predigt bleiben. Für schlechte Qualität kann ich nicht die KI verantwortlich machen. Aber ich finde es nicht verwerflich, wenn eine Predigt dank der Unterstützung von KI besser gelingt.

Ach, falls Sie sich gewundert haben: Ich werde natürlich keine Predigt halten, die eine KI verfasst hat. Doch zur Redaktion dieses Statements habe ich selbstverständlich KI benutzt.“ 
// Maximilian Hofmann, Kaplan in St. Bernhard Stralsund-Rügen-Demmin 

 

Nicht den Computern das Denken überlassen

Pfarrer Magnus Koschig
Pfarrer Magnus Koschig
Foto: imago 

Dass Künstliche Intelligenz eine echte Hilfe sein kann, ist unbestritten. Aber was KI nicht vermag, ist, eine emotionale Beziehung zum Hörenden aufzubauen. Die Predigt lebt vom Miteinander des Gesprochenen und des Gehörten. Diese emotionale Beziehung kann die KI nicht aufbauen.

KI kann durchaus exakte Theologie vermitteln, eine exakte Antwort auf eine Frage geben. Aber die Antwort auf diese Frage kann am Zuhörer vorbeigehen, weil er emotional gerade auf einer ganz anderen Schiene fährt. Und diese Emotionen aufnehmen: dass da jemand vielleicht gerade den Tränen nah ist oder jemand gerade extrem freudig ist, obwohl ich ein sehr schwieriges Thema behandle – das kann KI in diesem Moment nicht.

Auch zur Redigierung, zur sprachlichen Verbesserung meiner Texte, nutze ich keine KI. Es gibt so viele Glaubensformen, wie es Menschen gibt. Ich versuche, immer so authentisch wie möglich die Gottesdienste mit der Gemeinde zu feiern und zu predigen. Deshalb müssen es meine Worte sein, mit denen ich den Glauben verkünde – und nicht mit den vermeintlich perfekten Worten der KI.

Deshalb lese ich zur Vorbereitung auf eine Predigt exegetische Kommentare, theologische Gedanken und – wenn ich etwas finde – auch lyrische Texte. Alles fließt dann ein in die Predigt, die ich vollständig selbst schreibe. Dabei nehme ich ganz bewusst das Risiko in Kauf, eventuell auch mal Fehler zu machen. Aber so bleibt das Gesagte für die Leute nachvollziehbarer – ganz einfach, weil sie mich kennen. Und mehr als einmal habe ich – auf Nachfragen – dann eine Predigt am Samstag-Abend auch noch einmal überarbeitet. Die Mitfeiernden sind es mir wert.

Und diese Authentizität, diese Glaubwürdigkeit erwarte ich eigentlich von einem Predigenden. Natürlich ist es legitim, KI im Vorfeld zu nutzen, um zu sehen: Bin ich eigentlich halbwegs auf dem richtigen Gleis? Aber nur im Ansatz, denn letztlich muss ich immer meine Worte finden. Ich möchte auch betonen: Seine Predigten Büchern oder Zeitschriften zu entnehmen, ist letztlich auch nicht besser, denn auch so geht Authentizität verloren.

Bei der KI sehe ich aber in besonderem Maße die Gefahr, dass wir den Computern zunehmend das Denken und das Nachdenken überlassen. Und das darf nicht passieren. 
 

// Pfarrer Magnus Koschig, Geistlicher Moderator der Pfarrei Carl Lampert Halle und der Pfarrei St. Mauritius und St. Elisabeth Halle