Mägde Mariens leben am Potsdamer Stadtrand

Noch immer gut in Schuss

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Mägde Mariens
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Fotos: Andrea von Fournier

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Die Ordensschwestern Elisabeth, Ludmila und Tarsitia (von links). 

Eine Villa im Wald weckt die Neugier Vorübergehender und beherbergt Ordensschwestern. Drei Mägde Mariens leben, arbeiten und beten am Potsdamer Stadtrand und suchen verstärkt die Öffentlichkeit.

In Wilhelmshorst, nahe der Potsdamer Stadtgrenze, eröffnet sich Spaziergängern unter hohen märkischen Kiefern der Blick auf eine überraschend eindrucksvolle Villa. Das schmiedeeiserne Tor vor dem großen Areal ist den ganzen Tag lang geöffnet und ein gepflegter Vorgarten mit alten Rhododendren gibt einen Vorgeschmack auf die schöne Gartenanlage. Schwester Tarsitia, Oberin des Hauses „Immaculata“, hat ein entspanntes Lächeln auf dem Gesicht, wenn das Gespräch auf den Garten kommt: Der ist im Laufe der Jahre zu ihrem Einsatzgebiet und einer besonderen Freude geworden.

„Tag des offenen Gartens“ gut besucht

Vor kurzem hatten sie und ihre Mitschwestern, die „Mägde Mariens von der Unbefleckten Empfängnis“, zum ersten Mal zum „Tag des offenen Gartens“ eingeladen. Nach langen Vorbereitungen überkam die Akteurinnen das Herzklopfen. Schwester Tarsitia erinnert sich: „Wir fragten uns: Wird man das Angebot in der Region annehmen? Und wenn, wie viele werden kommen?“
Die Sorge stellte sich als unbegründet heraus, die Leute strömten herbei, 80 Menschen kamen: Nachbarn und Freunde des Hauses, Schwestern aus Polen, Interessierte aus Werder und Potsdam, Gläubige und einfach Vorbeigehende, Neugierige jeden Alters. Nach dem gemeinsamen Genuss der grünen Oase mit Kaffee und Kuchen gab es an der Gartengrotte die größte Maiandacht, an die sich die Schwestern erinnern können.
Das würden sie gern wiederholen und noch weitere Ideen umsetzen, erzählt die Oberin. Sie möchte die Öffentlichkeit erreichen, gern auch junge Menschen. Über die neue Potsdamer Pfarrei Allerheiligen und die Michendorfer Gemeinde St. Cäcilia wenden sich die Schwestern schon an die Jugend. Pfadfinder, Schulkinder und Kitagruppen besuchen das Wilhelmshorster Refugium, Senioren aus der Kirchengemeinde nutzen die Kapelle, ein Weihnachtsessen mit Gesang und Gesprächen fand großen Anklang. 
Es gibt ständige Gäste und solche, die zu Einkehrtagen kommen. Das große, gut ausgestattete Haus kann es vertragen. 1947 war es erworben und nach umfangreichem Umbau ein Jahr später von drei Schwestern bezogen worden.
Die Ordensgemeinschaft wurde 1850 in der Nähe von Posen von dem 1999 selig gesprochenen polnischen Landadligen Edmund von Bojanowski gegründet. Sie verbreitete sich rasch in Polen und Schlesien, denn wegen Cholera und Armut gab es viel zu tun in der Krankenpflege und Kindererziehung. 
Im Jahr 1910 waren auf Bitten des späteren Dompropstes Bernhard Lichtenberg die ersten Marien-Schwestern aus Schlesien nach Berlin-Friedrichsfelde gekommen, arbeiteten in der ambulanten Krankenpflege und in einer „Spielschule“.

Garten der Mägde Mariens
Hausoberin Schwester Tarsitia im Garten des Hauses. An der Marien-Grotte fand die Mai-Andacht mit vielen Gästen statt.

Mit dem Fahrrad durch die Dörfer

Nachdem die deutschsprachigen Schwestern nach Kriegsende aus Polen ausgewiesen wurden, wurde die Niederlassung in Wilhelmshorst 1951 zum Sitz der neugegründeten deutschen Provinz. Nach dem Mauerbau und der Gründung einer westdeutschen (mit Sitz in Köln) und einer ostdeutschen Provinz diente der Ordenssitz auch der Nachwuchsausbildung für die damals noch 16 Häuser auf dem Gebiet der DDR.  
Seit 1947 leben, beten und arbeiten im Haus „Immaculata“ drei Schwestern. Zu DDR-Zeiten arbeiteten sie in der ambulanten Krankenpflege, sieben Tage die Woche, Tag und Nacht. Mit dem Fahrrad fuhren sie damals zu den Kranken in den Dörfern. Heute fährt nur noch Schwester Ludmila ins Potsdamer St. Joseph-Krankenhaus, wo sie in der Chirurgie arbeitet. Der größte Berg Arbeit wartet in Wilhelmshorst. Den muss sie mit Schwester Tarsitia, wie sie selbst gelernte Krankenschwester, und Schwester Elisabeth, gelernte Kindergärtnerin und Seelsorgerin, stemmen.
Das große Haus ist gut in Schuss, Gäste werden versorgt, Veranstaltungen organisiert. Die Schwestern kümmern sich um den Blumenschmuck in ihrer eigenen, der Öffentlichkeit teilweise zugänglichen Kapelle, und in der gegenüberliegenden Kapelle des katholischen Seniorenzentrums St. Elisabeth, wo Schwester Elisabeth für die Seelsorge zuständig ist.
In dem DDR-Bau eines weiteren Altersruhesitzes, der nach neuen Normen nicht mehr als solcher betrieben werden darf, können Gäste vorübergehend oder länger verweilen. Zurzeit wohnen dort ukrainische Frauen mit ihren Kindern.
Bei all ihren Aufgaben vergessen die Schwestern nicht, dass ihr Leben aus Arbeit und Innehalten besteht: Gebetszeiten, heilige Messe im Haus und außerhalb sind die Grundpfeiler ihres Alltags. Nach der schönen Erfahrung mit den Besuchern des offenen Klostergartens im Mai hofft man, „weitere Angebote für die Menschen ringsum schaffen zu können, ein Leuchtturm der Nächstenliebe und Mitmenschlichkeit in gottloser werdenden Zeiten zu sein“.

Andrea von Fournier