Führungswechsel
„Nicht nur alles schlechtreden“
Fotos: Ute Mittermaier
Eigentlich war das Leben von Markus Sawicki schon vorher alles andere als ereignisarm: Job als rechtlicher Betreuer, seine Familie mit drei Kindern, Engagement in der Ministrantenarbeit der Cottbuser Propsteipfarrei Zum Guten Hirten. Nun auch noch das Mitwirken im Diözesanrat – und zwar nicht „nur“ als Mitglied, sondern gleich als neugewählter Vorsitzender.
„Es gab einen längeren Findungsprozess“, sagt Markus Sawicki. Ein anderer Nachfolger für Hartmut Schirmer, der die Geschicke des Gremiums in den vergangenen zehn Jahren als Vorsitzender leitete, habe sich jedoch nicht finden lassen. Also stimmte Sawicki zu, den Staffelstab zu übernehmen. Bei der Herbstvollversammlung des bistumsweiten Laiengremiums wurde der 39-Jährige nun mit 17 Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen gewählt.
Angst vor dem Sprung ins kalte Wasser hat der gebürtige Finsterwalder nicht. „Ich komme als Neuling, das hat Vorteile und Nachteile. Aber ich bin ja kein Alleinunterhalter, sondern Vorsitzender eines Teams.“ Teamarbeit ist für ihn keine Einbahnstraße. „Man muss immer Kompromisse finden. Wir machen die Arbeit ja nicht für uns selbst, sondern letztlich für den lieben Gott und die Gemeinschaft.“ Man dürfe sich nicht selbst in den Mittelpunkt rücken.
Immobilienkonzept wird wichtiges Thema
Ein großes Thema in naher Zukunft ist das Immobilienkonzept 2024/25. Die Pfarreien sollen einschätzen, welche ihrer Gebäude noch sinnvoll genutzt werden. Der neue Diözesanratsvorsitzende kann das nachvollziehen. „Pater Reinhard Körner hat es neulich in einem Beitrag richtig gesagt: Was nützen uns kalte Steine, wenn wir sie nicht mit Leben füllen?“
Wenn Gemeinden immer kleiner würden, Kirche und Pfarrhaus aber dennoch saniert werden müssten, meint Sawicki, „dann muss die Frage erlaubt sein: Können wir uns das noch leisten?“ Gerade wenn der innerkirchliche „Bistumsfinanzausgleich“, die finanzielle Unterstützung westdeutscher Bistümer, ab 2025 entfalle.
Was sieht er als größte Baustelle in der Kirche, im Bistum, in den Gemeinden? „Weltlich ausgedrückt: den Fachkräftemangel. Vor allem für die Arbeit in unseren Gemeinden.“ Das hänge auch mit der Region zusammen, in der die Zukunft für viele ungewiss ist. Doch Markus Sawicki sieht auch Chancen: „Natürlich zieht es viele junge Menschen in die strukturell stärkeren Städte. Aber es gibt auch diejenigen, die wieder zurückkehren, zum Beispiel nach dem Studium. Weil sie ihre Heimat vermissen oder hier etwas bewegen wollen. Diesen Leuten müssen wir die Gelegenheit geben, hier etwas zu gestalten.“
Optimismus scheint in diesen Zeiten eine wichtige Tugend – auch wenn es um das Wirken von Kirche in die Gesellschaft geht. Die allgemeine Unzufriedenheit ist groß in der Region, ebenso wie die Zustimmung für die AfD. Darüber zu reden, fällt nicht leicht, auch Markus Sawicki nicht. Er tut es dennoch: „Ich bin kein Freund davon, alles schlechtzureden. Wenn Menschen von hier sagen, man könne wegen der Ausländer abends gar nicht mehr auf die Straße gehen, ist das ebenso falsch, wie zu behaupten, es trauten sich keine Ausländer mehr nach Cottbus, weil angeblich alles braun ist.“ Bei der Feier zum Semesterstart hätten neue Studenten aus dem Ausland gesagt, sie seien extra hierher an die Cottbuser Uni gekommen, eben weil dieser Standort international einen guten Ruf genieße.
„Kirche muss den Menschen zuhören“
Aber: „Es gibt eine Politikverdrossenheit. Viele von denen, die AfD wählen, fühlen sich abgehängt, nicht gehört. Das beobachte ich jedenfalls bei meiner Arbeit als rechtlicher Betreuer und auch im Umgang mit sozialen Akteuren.“ Einerseits, findet er, müsse Kirche deshalb eine Instanz bleiben, die den Menschen Gehör schenke. „Andererseits müssen wir auch deutlich Stellung beziehen. Zum Beispiel gegen Antisemitismus, da könnten wir noch etwas lauter sein.“
Und was ist mit der Ministrantenarbeit in seiner Pfarrei? „Die will ich weiterführen. Es ist eine gute Möglichkeit, die Kinder an die Gemeinschaft zu binden“, sagt Markus Sawicki. Und: „Wer einmal Ministrant war, bleibt es ja gewissermaßen ein Leben lang.“