Schwester Filipa Pištěláková feiert im Kloster St. Marienstern silbernes Professjubiläum
Nonne statt Balletttänzerin
Foto: Rafael Ledschbor
„Alles, was du Gott opferst, gibt er dir in einer viel größeren und schöneren Form zurück.“ Diese Erfahrung hat Schwester Filipa Pištěláková immer wieder gemacht. Dabei war ihr Lebensweg alles andere als einfach, weder unter der kommunistischen Diktatur in der Tschechoslowakei noch in ihrem Leben als Nonne. Dennoch hat sie sich ihr fröhliches Naturell bewahrt. Der Schalk schaut ihr nicht nur aus den Augen, sie hat auch immer einen flotten Spruch auf der Zunge. Angst hat sie keine, „weil ich ganz Gott vertrauen kann“, wie sie fröhlich bekennt.
Zu wild für den eigenen Berufswunsch
Geboren wurde sie 1959 in Šumperk in Mähren und auf den Namen Ivana Maria getauft. Ihre Eltern waren Ärzte. Der Vater war zwar nur zahlendes Mitglied der christlichen Tschechoslowakischen Volkspartei, aber damit zugleich ein Feind des kommunistischen Regimes im Land. Deshalb „konnten wir nicht das studieren, was wir wollten, sondern das, was möglich war“, erzählt Schwester Filipa. Ihren Traum, Balletttänzerin zu werden, ließ allerdings ihre Mutter platzen, weil sie dahinter kein moralisch gutes Leben sah. „Aber auch wegen meiner wilden Art“, fügt die heutige Nonne hinzu und lacht dabei laut über sich selbst. „Von Kindheit an liebte ich Sport, alles, was mit Wasser zu tun hat, Handarbeiten, Fotografieren, vor allem aber Literatur und Musik“, sagt sie rückblickend.
Studiert hat sie dann allerdings an der Technischen Universität in Brünn das Fach Elektronische Computer. „Durch meine geliebte theoretische Mathematik und dank fantastischer Professoren, die auf diesem Feld vor dem Regime versteckt weiter aktiv sein konnten, habe ich auch einen modernen Zugang zur Philosophie bekommen. Die Computer blieben da mehr am Rande, was auch mit der wirtschaftlichen Situation im Land zusammenhing“, erläutert Schwester Filipa. Nach dem Studium arbeitete sie in einem großen Betrieb in Brünn (Brno). Wenige Monate vor der politischen Wende 1989 begann sie, in der chirurgischen Klinik des Universitätskrankenhauses in Brünn zu arbeiten. Dort war sie für die technischen Geräte im OP-Saal zuständig.
Die „samtene Revolution“ (politischer Systemwechsel der Tschechoslowakei im November und Dezember 1989 – der Begriff wurde gewählt, weil der Wechsel, der sich innerhalb weniger Wochen vollzog und weitgehend gewaltfrei erfolgte) hat sie sehr aktiv erlebt. „Ich war ja schon längst im Untergrund aktiv. Bei der ersten Demonstration in Brünn war ich natürlich dabei“, sagt sie mit großer Dankbarkeit. „Plötzlich war alles anders, neu, offen, klar, frisch. Ich wollte mich für ein neues kirchliches Krankenhaus unter unserem Bischof einsetzen und in ein solches Krankenhaus nach Deutschland gehen, um die ökonomischen und weitere Gegebenheiten zu studieren.“ Aber dann kam es doch anders.
Auf Anregung eines Kollegen erlebte sie erstmals geistliche Exerzitien und fühlte sich immer wieder zu Gott gezogen. Daher folgte sie dem Angebot, eine Woche im Trappistinnenkloster in Vitorchiano in Italien zu verbringen. „Das hat meinem Leben eine neue, aber nicht so sehr andere Richtung gegeben.“ Im November 1993 trat sie in das dortige Kloster ein. Im Frühjahr darauf erkrankte ihre Mutter sehr schwer. Sie durfte nach Hause, um sie zu pflegen – bis zum Tod. „Unsere Mutter starb an meinem 35. Geburtstag. Ich habe von ihr leben und sterben gelernt.“ Ins Kloster in Vitorchiano durfte sie allerdings nach den Monaten der Pflege ihrer Mutter unerwarteterweise nicht zurückkehren.
Ordensname beschreibt fröhliches Gemüt
Ein Priester riet ihr, ins Zisterzienserinnenkloster Porta Coeli in der Nähe von Brünn zu gehen. Dort trat sie 1997 ein und bekam 1998 den Ordensnamen Filipa. Dieser bezieht sich auf den heiligen Philipp Neri, der ein sonniges und fröhliches Naturell hatte. Davon hat auch Schwester Filipa, die am 26. Januar 1999 ihre erste Profess ablegte, reichlich abbekommen.
Nach sieben Jahren wurde sie vom Generalabt ins Kloster St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau geschickt, um sich ein Sabbatjahr zu gönnen. „Ich kam als kaputter Mensch. In Porta Coeli habe ich alles gegeben, auch mich selbst.“ Dort hat sie unter anderem ältere Schwestern, die im Kommunismus standhaft waren, gepflegt. Diese hat sie sehr geachtet. Überzeugt sagt sie trotz allem, was sie dort ausgehalten hat: „Es waren sieben fantastische Jahre.“
In St. Marienstern begrüßte sie 2004 die damalige Äbtissin Bendicta Waurick auf Sorbisch: „Witajće k nam.“ (Herzlich Willkommen!) Da fühlte sich die Tschechin gleich willkommen. „Hier habe ich eine neue Welt erlebt.“ Nach diesem Jahr konnte sie auf Anraten des Generalabtes sogar ganz bleiben. Nun wirkt sie hier als Sakristanin und Infirmarin, das heißt, dass sie kranke Schwestern versorgt.
Es beruhigt Schwester Filipa, dass ihr nach der anstrengenden Zeit in Porta Coeli, wo sie an sich selbst zweifelte, eine Psychologin sagte: „Du bist in Ordnung! Dein Handeln ist von Liebe zur Ehrlichkeit, zur Wahrheit, zur Nächstenliebe und zur Hingabe bestimmt.“ Die Ordensfrau ist dankbar, dass ihre Eltern, die ganz schlicht gelebt haben, viel Wert auf Kultur und Musik, aber überhaupt nicht auf Konsum legten, sie so erzogen haben.
Unverhoffter und besonderer Besuch
In ihrer Jugend hatte Ivana Pištěláková rund ein halbes Jahr einen Freund namens Vito. Als Musiker bekam er das Angebot, in einem deutschen Orchester zu spielen. Dadurch trennten sich ihre Wege. Eines Tages kam sie im Kloster ein ihr zunächst fremder Kapuzinerpater aus Ohio in den USA besuchen. Es war ihr ehemaliger Freund Vito.
Am 27. Januar feierte Schwester Filipa ihr silbernes Professjubiläum in St. Marienstern. Auch zu diesem Fest begleitete sie eine Erfahrung, die Schwester Filipa bereits vor 30 Jahren in Vitorchiano gemacht hat: „Wenn du das Gebet nach oben streben lässt, lässt Gott seine Gnade wie eine Dusche herunterfließen.“