Nach 100 Tagen im Amt:
Gemeinschaft ermöglichen
Fotos: Bistum Erfurt
Im September 2023 hat Bischof Ulrich Neymeyr Julian Hanstein zum Diözesan-Jugendseelsorger ernannt. Hanstein hat Geschichte und Religion für das Lehramt studiert und ist seit 2016 in der Pastoralabteilung des Bistums tätig. 2021 schloss er die Ausbildung zum Gemeindereferenten ab. Hanstein ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Herr Hanstein, Sie haben als erster Nichtpriester in der Nachfolge von Jugend-
pfarrer Philipp Förter die Aufgabe des Diözesan-Jugendseelsorgers übernommen. Was hat Sie dazu bewogen?
Dass ich Gemeindereferent und kein Priester bin, spielt hoffentlich für die jungen Menschen keine Rolle. Als Jugendseelsorger möchte ich Kindern und Jugendlichen viele gute Gemeinschaftserfahrungen ermöglichen, wie ich sie selbst machen konnte. Mir liegt dabei sehr die enge Zusammenarbeit mit den Jugendseelsorgenden in den Dekanaten am Herzen. Wie ihnen ist auch mir die Begegnung mit den Kindern und Jugendlichen wichtig. Denn entscheidend ist der persönliche Bezug. Kinder- und Jugendpastoral ist Beziehungspastoral.
An welche eigenen Erfahrungen als Kind und Jugendlicher erinnern Sie sich besonders gern?
Mir sind die Weltjugendtage in guter Erinnerung, an denen ich teilgenommen habe: in Köln, Sidney, Madrid. Und in Krakau, wo ich dann schon zur Leitung der Gruppe aus unserem Bistum gehörte. Außerdem fallen mir Kurse zum Beispiel in der Advents- und in der Fastenzeit im Marcel-Callo-Haus (MCH) in Heiligenstadt ein, bei denen ich als Eichsfelder immer gern dabei war.
Solche thematischen Kurse für die Jugendlichen im Bistum finden ja aber kaum noch statt ...
Stimmt. Wir haben uns schweren Herzens vor einiger Zeit entschieden, solche Kurse nicht mehr anzubieten, weil sie zuletzt vielfach ausgefallen sind. Und das, obwohl wir die jungen Leute im Vorfeld gefragt hatten, was sie sich wünschen. Stärken und auch personell unterstützen wollen wir Angebote, zu denen in den Dekanaten eingeladen wird. 2023 gab es einige solcher Angebote und es nahmen oft 30 bis 40 Kinder oder Jugendliche teil.
Wie kommt es, dass sich zuletzt so wenig Jugendliche für die Kurse angemeldet haben?
Das hat mehrere Gründe. Früher wurden die Jugendlichen von Bezugspersonen wie Kaplänen oder Gemeindereferentinnen und -referenten zur Teilnahme ermutigt. Solche Bezugspersonen fehlen inzwischen oft. Wir hoffen, dass wir mittelfristig Ehrenamtliche in den Gemeinden dazu befähigen können, Ansprechpersonen vor Ort für Kinder und Jugendliche zu sein. In manchen Gemeinden des Bistums gibt es solche Ansprechpersonen schon. Ein anderer Grund dürfte im großen Angebot für junge Leute hinsichtlich Musik, Tanz, Sport liegen. Als Kirche sind wir nur ein Anbieter unter vielen, das gilt es anzunehmen. Corona hat die Entwicklung vermutlich noch beschleunigt.
Religiosität und Glaube spielen angesichts der vielen Angebote für junge Leute immer weniger eine Rolle. Um so mehr kommt es darauf an, ein positives Bild von Glaube und Kirche zu vermitteln: Ja, wir machen als Christen Fehler. Aber Kirche ist auch ein Ort, wo man sich wohlfühlen und ein Zuhause finden kann. Zu Gott kann ich immer mit meinen Sorgen kommen. Und ich lebe als Christ nicht allein.
Sie sprachen davon, dass Angebote seitens der Dekanate eher gefragt sind …
Das ist so. Zum Beispiel planen die Dekanate Dingelstädt, Leinefelde-Worbis und Nordhausen im Februar gemeinsame Ministranten-Ferientage im MCH, die ich selbst mit bestreiten werde, und wofür sich genügend Teilnehmer angemeldet haben. Aber auch andere Dekanate veranstalten wieder Wochenenden für Jugendliche, für Firmlinge und Ministrierende. Solche Wochenenden im Jugendhaus St. Sebastian (SEB) in Erfurt oder im MCH in Heiligenstadt sind durchaus gefragt. Dies wollen wir gern unterstützen und fördern.
Zudem lief kürzlich wieder die Weihnachtssingewoche im SEB mit 40 Teilnehmern. Wer gern musiziert und andere treffen will, kommt dorthin. Auch die gemeinsamen Kar- und Ostertage von Familien im MCH, zu denen sich auch Jugendliche ohne ihre Eltern anmelden können, sind wieder geplant. Daran haben bislang immer zirka 120 bis 140 Personen teilgenommen.
Welche Rolle spielt bei den Angeboten der Glaube?
Der Glaube, das gemeinsame Beten spielt allein durch die Tagesstruktur immer eine gewisse Rolle, besonders etwa bei den Kar- und Ostertagen. Aber auch bei thematischen Runden an den Wochenenden und auch bei Gesprächen zwischendurch werden Glaubensfragen besprochen. Bei Angeboten für Ministranten geht es schon aufgrund ihres Einsatzes in Gottesdiensten darum. Bei Firmvorbereitungskursen spielen Fragen des Glaubens ebenfalls eine wichtige Rolle. Aber entscheidend ist die Gemeinschaft. Doch das ist nichts Neues.
Gibt es im Eichsfeld noch mehr Angebote als sonst im Bistum?
Durch die räumliche Nähe und kürzeren Entfernungen sind im Eichsfeld die Hürden vielleicht etwas geringer. Außerdem gibt es dort die Arbeitsgemeinschaft Katholische Jugendarbeit im Eichsfeld. Sie lädt jährlich unter dem Motto „Die Nacht lebt“ in der Fastenzeit, diesmal am 15. März, zu einem Pilgerweg zu den Kirchen Heiligenstadts und im Herbst zum „come2gather“ (13. September) auf den Hülfensberg ein. Zu den Angeboten kommen je 150 bis 200 junge Menschen, darunter oft auch ein Bus aus Erfurt. Im ganzen Bistum bieten einige Dekanate im Sommer teils mit anderen Dekanaten zusammen Fahrten für Jugendliche an, zum Beispiel Heiligenstadt und Dingelstädt oder Erfurt und Nordhausen.
Gelingt es, mit Angeboten auch nichtchristliche junge Menschen zu erreichen?
Ob in örtlichen Gruppen auch nichtchristliche Kinder und Jugendliche kommen, kann ich nicht sagen. Bei den überregionalen Angeboten wie zum Beispiel dem Bistumsjugendtag nehmen vereinzelt nichtchristliche Kinder und Jugendliche teil. Die Pastoralabteilung des Bistums bietet mit sogenannten „Tagen der Orientierung“ im SEB und im MCH eine Veranstaltung für Regelschulen an, an denen Schulklassen aus vier Regelschulen mit hauptsächlich nichtchristlichen Schülerinnen und Schülern regelmäßig teilnehmen. Natürlich sind in diesem Zusammenhang auch die Religiösen Kinderwochen zu nennen, bei denen immer mehr Kinder und Jugendliche anderer Konfessionen und auch konfessionslose Kinder teilnehmen.
Welche Rolle spielen die Jugendverbände für die Jugendpastoral im Bistum?
Die Jugendverbände sind wichtiger Bestandteil des kinder- und jugendpastoralen Angebots. Sie bieten eigene Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche an. Die Hauptabteilung Pastoral arbeitet zum Beispiel bei Großveranstaltungen wie der Kinderwallfahrt und dem Bistumsjugendtag sehr gern mit den Verbänden zusammen. Gerade die Malterserjugend, die Kolpingjugend und die Pfadfinder unterstützen unsere größeren Veranstaltungen tatkräftig mit ihren Ressourcen wie zum Beispiel Zelten, ihrem Wissen und ihren Erfahrungen. Eine gute Zusammenarbeit gibt es auch mit der Villa Lampe in Heiligenstadt. Christliche junge Leute kommen auch in der Schönstatt Mannesjugend, in der Studentenverbindung Unitas oder in der Katholischen Studentengemeinde zusammen.
Es gibt keinen eigenen Bereich Jugendseelsorge mehr im Ordinariat ...
Das stimmt. Aber als Jugendseelsorger habe ich und haben die anderen Referentinnen und Referenten die Kinder- und Jugendlichen immer mit im Blick. Wir arbeiten nicht mehr zielgruppen-, sondern projektorientiert. Das heißt zum Beispiel: Wenn wir Angebote für die Advents- oder die Fastenzeit vorbereiten, haben wir die Zielgruppen Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senioren im Blick. Oder: Wenn wir jetzt unsere Beiträge für den Katholikentag vorbereiten, entwickeln wir Angebote und Aktionen für alle Zielgruppen.
Stichwort Katholikentag: Was bietet das Bistum jungen Leuten zu diesem Anlass an?
Wir laden Jugendgruppen des Bistums zu „Bistumsjugendtag meets Katholikentag“ ins SEB ein. Vom Jugendhaus in Erfurt-Hochheim aus können die Gruppen den Katholikentag mit seinem breiten Angebot für junge Menschen besuchen und gleichzeitig die Gemeinschaft als Jugendliche des Bistums erleben. Wir hoffen, dass viele Jugendgruppen kommen.
Was ist sonst auf Bistumsebene für die Jugend geplant?
2025 werden wir mit Ministrierenden auf Wallfahrt nach Rom gehen. Und es wird wieder einen Bistumsjugendtag geben. Solche Gemeinschaftserfahrungen sind aus meiner Sicht elementar. Es ist wichtig, sie Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen.