Passionsspiel in Gernrode feiert Premiere

„Berührt und tief beeindruckt“

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Laiendarsteller spielen die Verurteilung Jesu nach
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Fotos: Gregor Mühlhaus

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Eine Szene, die in der Kirche St. Stephan, Gernrode, aufgeführt wurde, war das Verhör von Jesus durch Pontius Pilatus und den Hohepriester Kajaphas.

Premiere in Gernrode: Laiendarsteller haben fünf Stationen des Kreuzweges in der Kirche St. Stephan aufgeführt. Diese außergewöhnliche Passionsandacht war nur durch das ehrenamtliche Engagement vieler möglich.

Die Kirche St. Stephan in Gernrode war am 25. Februar erstmals Schauplatz einer ungewöhnlichen Andacht: das „Passionsanspiel“ zog knapp 300 Besucher an. Mehr als 30 Laienschauspieler führten fünf Stationen des Leidensweges Jesu auf. 
Angefangen hatte alles im November mit der ersten Probe. „Die Idee entstand aber noch viel früher, als wir während einer Tour mit unserer Wandergruppe darauf kamen, das Leiden und Sterben unseres Herrn mal in Szene zu setzen“, sagt Walter Preis, der als Kopf und Regisseur des Theaterspiels die Fäden zog und für die Aufführung verantwortlich ist. Also wurden im Dorf Kontakte geknüpft und Leute angesprochen. „Der Walter erzählte mir, dass Kinder und Erwachsene für ein Theaterspiel in der Kirche gesucht werden. Ich sagte, dass ich mitmache und meine Enkelin, die bald zur Kommunion geht, mitbringe“, erzählt Rita Preis, die eine der Frauen in Jerusalem spielt.

Videostudium und viele Änderungen

Waren die ersten Proben noch holprig, wurde es von Woche zu Woche besser. „Schon früh merkten wir, dass wir immer mal was ändern müssen. Wir haben ständig Videos unserer Proben angeschaut und gesehen, was so nicht geht“, sagt Walter Preis. So fiel ihm auf, dass die Helme der römischen Soldaten zu sehr glänzten. Daraufhin wurden sie umlackiert. Auch die ursprünglich gekaufte Dornenkrone konnte letzendlich nicht überzeugen. „Also haben wir Äste geschnitten und sie zusammengebunden, bis es wie eine echte Dornenkrone aussah“, so der Gernröder. 
 

Schneiderin Elisabeth Hunold hatte viel zu tun.
Auch während der Proben hatte Schneiderin Elisabeth Hunold alle Hände voll zu tun.

Auch die Kleidung der Schauspieler wurde immer wieder verändert und nachgebessert. Diese Arbeit lag in den Händen von Elisabeth Hunold. Die 64-Jährige hat sämtliche Kleidungsstücke angefertigt und nahm Änderungen vor. „Ich nähe seit letztem November jede Woche. Näherin ist nicht mein Beruf, aber mein Hobby. Das ist für mich eine Gabe Gottes“, meinte die Gernröderin und sagte: „Das Gewand von Pilatus musste oft abgeändert werden. Der Schal saß nicht richtig.“ 
Nicht nur die Requisite und die Kleidung der Schauspieler waren für Walter Preis eine Herausforderung. „Mir gefiel Anfangs vieles nicht. Die Kulisse, aber auch die Mimik und die Ausdrucksweise unserer Leute waren noch nicht so, wie es sein sollte“, so der 68-Jährige. Für die Aufführung fertigten die Mitwirkenden eigens zwei große Plakate, die den Ölberg und den Tempel in Jerusalem zeigen, an. Was den Ausdruck der Darsteller anging, galt es, kurze Sätze zu sprechen und „authentisch rüberzukommen“. Früh zeigte sich, dass Marco Kullmann, der Jesus spielt, ein „Meister seines Fachs ist“. Regisseur Preis schätzt, dass der 54-jährige Kullmann, der Lektor in der Gemeinde ist, alle Anforderungen umsetzte. „Wir wollten viel Handlung in kurzer Zeit unterbringen. Alles muss flüssig wirken, der Tonfall muss passen und die Sätze dürfen nicht abgehackt klingen“, erzählt der Eichsfelder. 

Der Jesus-Darsteller findet seine Jünger schlafend vor.
Marco Kullmann findet als Jesus seine Jünger schlafend.

Kombination von Musik und Theater berühren

Nach mehr als drei Monaten und 15 Proben war es dann soweit. Die Kirche war am 2. Fastensonntag bis auf den letzten Platz gefüllt. So schauten und saßen die Besucher nicht nur beim Anspiel „Jesus auf dem Ölberg“ wie gebannt. Zur Szene, die zeigt, wie Petrus, Jakobus und Johannes auf dem Ölberg schlafen, während Jesus zum Vater betet, ertönte im Hintergrund das Lied „Näher, mein Gott zu dir“, das bei vielen für Gänsehautmomente sorgte. 
Die Frauen und Mädchen aus Jerusalem, die den Tod Jesu und die Freilassung des Mörders Barabas fordern, wirkten überzeugend und bewegten die Zuschauer. Auch der Hohepriester Kajaphas und Pontius Pilatus spielten ihre Rollen gut. Marco Kullmann als Jesus wirkte authentisch und zog die Leute in seinen Bann. 
Als Jesus dann das 45 Kilogramm schwere Kreuz durch den Mittelgang trug und sich auf den Weg nach Golgota machte, war es mucksmäuschenstill in der Kirche. Dazu sang Christina Fütterer von der Empore das „Halleluja“ von Leonard Cohen. Zum Schluss spielte Susann Nürnberg auf der Orgel „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, bevor Pfarrer Markus Hampel von der Pfarrgemeinde „St. Antonius Worbis“ an das Mikrofon trat. „Ich bin mehr als berührt und tief beeindruckt“, lautete sein Fazit.

Gregor Mühlhaus