Kolpingversammlung

Demokratie verteidigen

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Ein Gruppenfoto vor einer Leinwand mit der Aufschrift: "Demokratie stärken"
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Foto: privat

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Der neu gewählte Diözesanvorstand mit Beisitzern und den Kolpingdiözesansekretären Stefan Düing (links) und Matthias Sierp. 

Menschenrechte zu garantieren, ist Wesen einer Demokratie. Damit sie stabil bleibt, sei jeder Einzelne gefordert, so Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens in der Kolpingversammlung. 

Die Stärkung der Demokratie war Thema der jüngsten Versammlung des Kolping-Diözesanverbands Osnabrück in Spelle. Gastrednerin im Kundencenter der Landmaschinenfabrik Krone war die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens. Sie appellierte an die 120 Kolping-Delegierten aus dem ganzen Bistum, sich für die Demokratie einzusetzen. 

Das Kolpingwerk als katholischer Sozialverband strebt nach einer lebendigen Kultur der Mitbestimmung, Diskussion, Solidarität und Wertschätzung. Ein Zitat von Adolph Kolping macht deutlich, dass sich Kolping-Mitglieder in die Gesellschaft einbringen sollen: „Jeder Bürger des Staates soll, soviel in seinen Kräften steht, mithelfen, dass Ordnung, Recht und Gesetz mit Freuden gehandhabt wird, das Gute Raum, Luft und Licht empfange und das Böse und Nachteilige keine bleibende Stätte finde“, schrieb Adolph Kolping, Gründer des weltweit agierenden Kolpingwerks, schon 1858. Ihm war es ein Herzensanliegen, dass Worte zu Taten führen. 

Zuwanderung und islamistische Radikalisierung, Klimaerwärmung und Energiewende, der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg auf die Ukraine, die Konflikte im Nahen Osten – es gibt derzeit viele Krisen. Einfache Antworten auf die Sorgen der Menschen drohen den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sprengen. Der Aufstieg rechtspopulistischer Parteien und das abnehmende Vertrauen in das politische System gefährden die freiheitliche Demokratie. Bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen holte die AfD, die der Verfassungsschutz als rechtsextremen Verdachtsfall einstuft, jeweils mehr als 30 Prozent aller abgegeben Stimmen. Wäre jetzt in Niedersachsen Wahl, käme die AfD Prognosen zufolge auf 18 Prozent der Wählerstimmen.

Engagement aller vonnöten

„Erschreckend!“, unterstrich Innenministerin Daniela Behrens, und betonte, dass Demokratie kein Selbstläufer sei. Demokratie stehe für Freiheit und Gleichheit, für Gewaltenteilung und Menschenrechte, brauche aber immerwährendes Engagement nicht nur von der Politik und den in ihrer Arbeit weiter zu stärkenden Sicherheitsinstitutionen wie Polizei und Verfassungsschutz, sondern von allen. Demokratie lebe insbesondere von der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Behrens sagte, dass es Aufgabe jedes Einzelnen sei, in seinem eigenen Umfeld gegen Hass und Hetze, gegen Radikalisierung und gegen Desinformation zu handeln und die im Grundgesetz verankerten demokratischen Werte zu verteidigen.
Wie so etwas in gemeinsamen Schulterschluss gelingen kann, davon berichtete im Dialog mit Behrens eindrucksvoll Andreas Brock. Er ist Vorsitzender des Kolpingwerks Region Ost und sieht Freiheit als das größte Geschenk. Daher wollte er – wie viele andere auch – den umstrittenen AfD-Spitzenkandidaten Björn Höcke in seinem Wahlkreis Greiz nicht das Direktmandat gewinnen lassen. Das ist gelungen. Der CDU-Kandidat Christian Tischner erhielt 43 Prozent der Stimmen, Höcke 38,9.

Nachdem Höcke zuvor bei zwei Landtagswahlen im katholisch geprägten Eichsfeld kandidiert hatte, wo dann jeweils der CDU-Kandidat mehr Stimmen erhielt als er, suchte er sich für die Landtagswahl 2024 den Wahlkreis Greiz aus, um seine Chancen auf ein Direktmandat zu erhöhen. Nachdem das bekannt geworden war, rief Kolpinger Andreas Brock gemeinsam mit vielen Mitstreitern aus Kirche und Gesellschaft im thüringischen Landkreis Greiz das Aktionsbündnis Kolibri ins Leben – für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit. Die Kolibri-Akteure kamen mit den Menschen vor Ort ins Gespräch, leisteten Aufklärungsarbeit über Parteiprogramme und feierten ein buntes Fest der Demokratie.
Brocks Wunsch an die Politik: Mit lesbaren und bürokratieentrümpelten Gesetzen die passenden Rahmenbedingungen für eine starke Demokratie setzen, welche die Gesellschaft dann auch vertrauensvoll mit Leben füllen kann.

Preisgeld für drei Kolpingsfamilien

Um Initiativen zur Stärkung der Demokratie ging es in der Versammlung am zweiten Tag auch bei der Vergabe der Förderpreise „Kolping 2000 - Hans Tegeler Stiftung“. Drei Kolpingsfamilien – Emsbüren, Freren und Rulle ­- wurden mit jeweils 300 Euro Preisgeld für ihre Aktionen belohnt, mit denen sie das Bewusstsein für demokratische Prozesse stärken, erläutert Kolping-Diözesansekretär Stefan Düing. Ausgezeichnet wurden folgende Initiativen: Junge Leute der Kolpingsfamilie Rulle organisierten vor der Europawahl eine Veranstaltung, die sich an Erstwähler richtete und zu der Fachleute zu verschiedenen Themen eingeladen waren, so konnten sich die Erstwähler umfassend informieren. 

Die Kolpingsfamilie Emsbüren präsentierte Ende August auf dem Pfarrfest in Emsbüren das „Kolping-Mitmach-Mobil – Netzwerk für Geflüchtete“. Die Besucherinnen und Besucher des Pfarrfestes konnten sich informieren und Meinungen überdenken. Einen Tag später kamen Aktive von Kolping zusammen mit Teamern aus dem Jugendbereich in die neunten und zehnten Klassen der Hauptschule und der Realschule in Emsbüren. Sie boten Workshops für die Jugendlichen an, in denen über Ursachen von Flucht und Vertreibung gesprochen wurde und über die Vorbehalte gegenüber Flüchtlingen in unserer Gesellschaft. 

Das dritte mit dem Tegeler-Preis ausgezeichnete Projekt ist für November geplant. Es geht um eine Veranstaltung der Kolpingsfamilie Freren gegen rechtsextreme Parolen und Hetze. Als Referent und Workshopleiter wurde Alexander Oldiges verpflichtet. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden im Pfarrheim in Freren Methoden erarbeiten, die sie anwenden können, um mit guten Argumenten auf Stammtischparolen reagieren zu können. Die Veranstaltung ist für den 22. November geplant. 

Papenburger ist neu im Vorstand

Außerdem gab es Vorstandswahlen. Dem neu gewählten Diözesanvorstand des Kolpingwerks gehören neben Diözesanpräses Reinhard Molitor folgende Ehrenamtliche an: Marion Nagel (Diözesanvorsitzende), Dieter Bünker (Diözesanvorsitzender), Heike Geers (stellvertretende Diözesanvorsitzende), Christof Helming, Hans-Hermann Voskuhl, Andre Averdiek, Monika Leifeling, Thomas Drees, Andreas Albers und Petra Voskuhl. Die meisten von ihnen waren schon im bisherigen Vorstand aktiv und wurden nun wiedergewählt. Neu im Vorstand ist Hans-Hermann Voskuhl aus Papenburg, er besetzt die Position von Hermann-Josef Albers, nachdem dieser ausgeschieden ist. 

Am Abend des ersten Versammlungstages hatten die Delegierten in Spelle-Venhaus einen gemeinsamen Gottesdienst gefeiert, nachdem sie in Venhaus rund um den Burgpark Gelegenheit zu Begegnung und Gespräch hatten. Der zweite Veranstaltungstag mit den Wahlen endete so rechtzeitig, dass alle, die dies wünschten, noch zum Gottesdienst zur Einführung von Bischof Dominicus nach Osnabrück fahren konnten.

Anne Bremenkamp/Andrea Kolhoff

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