Johannes Mesus ist seit 20 Jahren Messdiener

Am liebsten mit Weihrauch

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Johannes Mesus ist seit 20 Jahren Messdiener in der Berliner Pfarrei St. Paulus. Seit diesem Jahr begleitet der Mann mit Down-Syndrom Beerdigungen im Pastoralen Raum Tiergarten-Wedding.

Liebesdienst an den Verstorbenen: Johannes Mesus begleitet Diakon Olaf Tuszewski bei einer Beerdigung. | Foto: privat

Johannes Mesus sortiert Telefonkontakte ein. Hochkonzentriert greift der 34-Jährige in eine Plas- tikkiste und steckt ein Teil nach dem anderen in die Transportsicherung. Normalerweise ist er mit seiner Gruppe in den vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) geführten Delphin-Werkstätten in der Konfektionierung tätig, falzt Popcorn-Tüten und beklebt sie mit Etiketten. Nur heute unterstützt der Mann mit Down-Syndrom eine andere Gruppe mit den Telefonkontakten.
Manchmal wird Johannes Mesus von seinem Vater Georg abgeholt. Der Rentner hat für seinen Sohn dann Ministrantenkleidung dabei – die übrigens auch die Delphin-Werkstätten stellen – und es geht auf den Friedhof. Dort trägt er bei Beerdigungen das Kreuz. Dafür ist er von seinem Arbeitgeber nicht einfach nur freigestellt: „Wir zählen das als Arbeit auf einer Außenarbeitsstelle“, erklärt Heilerziehungspflegerin Anna Lange, die die Gruppe in der Werkstätte anleitet.

 
Erzbischof vermittelte den Kontakt
Dieses Arrangement ist noch nicht alt. Den ersten Anstoß gaben Gespräche mit Diakon Olaf Tuszewski, der seit langem mit Familie Mesus befreundet ist. „Er hat erzählt, dass er häufig allein am Sarg steht, wenn der Verstorbene keine Angehörigen mehr hat. Oder es sind Angehörige da, die aber nicht einmal das Vaterunser mitbeten können“, berichtet Vater Georg Mesus. Er hatte die Idee, dass sein Sohn als Ministrant Diakon Tuszewski und andere Geistliche bei Beerdigungen begleiten könnte, sofern er von seiner Werkstatt dafür freigestellt würde. Schließlich ist Johannes Mesus schon seit er 14 war Ministrant in der Pfarrei St. Paulus in Berlin-Moabit.
Mit seiner Idee wandte sich Georg Mesus an Erzbischof Heiner Koch: „Als Voraussetzung dafür müsste eine Behindertenwerkstatt gefunden werden, die als Träger fungiert“, schrieb er in seinem Brief. Der Erzbischof vermittelte über Caritas-Direktorin Ulrike Kostka den Kontakt zum SkF. So kam es im Januar zum Arbeitgeberwechsel und seit April zu dem Begleitdienst, über den sich Diakon Tuszewski freut: „Schließlich ist es ein schöner Brauch, dass bei Beerdigungen einer das Kreuz trägt. Und Ministranten kriegt man an Vormittagen sonst nur schwer.“
Über seinen Begleiter bei Beerdigungen sagt Diakon Tuszewski: „Den Johannes kannte ich schon, seit er Ministrant wurde.“ Das war vor 20 Jahren. Mittlerweile ist Johannes Mesus dienstältester Messdiener der Gemeinde. Und das  sehr gern, bestätigt er auf Nachfrage: Am liebsten ist er mit dem Weihrauchfass unterwegs. Mit dem war er schon bei vielen festlichen Gottesdiensten im Einsatz, etwa zur Öffnung der Heiligen Pforte durch Erzbischof Koch im Januar 2016. Zu seinem „Dienstjubiläum“ an diesem Sonntag wird Johannes Mesus in St. Paulus im Hochamt um 11.30 Uhr besonders geehrt: Viele andere Ministranten der Gemeinde werden in dieser Messe zum gemeinsamen Dienst erscheinen. Und auch die Dominikanerpatres hätten sich etwas besonderes einfallen lassen, verrät Georg Mesus. Durch deren „Strahlkraft“ fühle sich die ganze Familie übrigens sehr wohl und der Gemeinde zugehörig, obwohl sie ihren Wohnsitz nicht in Moabit hat.
 
Johannes Mesus bei seiner Arbeit in den Delphin-Werkstätten. | Foto: Cornelia Klaebe

 

Vielleicht auch ein Modell für andere
Auch der Beerdigungsdienst sei für den Sohn wichtig, berichtet Georg Mesus. Stets mache er dabei ein ernstes Gesicht. „Wenn er den Verstorbenen kannte, ist er immer sehr traurig.“ Und Diakon Tuszewski ergänzt: „Ich merke, dass es Johannes wichtig ist, einen Dienst zu leisten, etwas für andere zu tun.“ Seinen Ministrantendienst bei Beerdigungen, bisher nur im Pastoralen Raum Tiergarten-Wedding, kann Johannes Mesus bald auf den Berliner Norden ausweiten. Und sein Vater hofft: „Vielleicht kann das Modell ja auch etwas für andere Ministranten mit Behinderung sein.“
 
Von Cornelia Klaebe