Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs

Auch die Opfer sollen dabei sein

Image

Die Nordbistümer Hamburg, Osnabrück und Hildesheim wollen die „Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs“ gemeinsam weiter vorantreiben. Umgesetzt werden soll damit ein aktueller Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz (DBK).


Auch die Ergebnisse der sogenannten MHG-Studie sollen
bei der Arbeit der Kommissionen berücksichtigt werden.

Dazu wird jetzt die Umsetzung der gemeinsamen „Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland“ auf den Weg gebracht.

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße erklärte dazu am Rande der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz: „Wir haben in der Deutschen Bischofskonferenz festgelegt, dass sich jedes der 27 Bistümer zu den verpflichtenden Standards, die in der Erklärung niedergeschrieben sind, bekennt. Ich bin sehr froh, dass meine Mitbrüder Bischof Franz-Josef Bode und Bischof Heiner Wilmer sofort zugestimmt haben. Wir kommen als Metropolie Hamburg dieser Verpflichtung jetzt nach und werden als drei Bistümer gemeinsam die Standards umsetzen. Da inter­diözesane Kommissionen laut Erklärung möglich sind, werden wir als Metropolie gemeinsam eine entsprechende Kommission und einen Betroffenenbeirat einrichten“.
 


Bischof Franz-Josef Bode, Osnabrück.

Erzbischof Heße und die Bischöfe Bode und Wilmer haben beschlossen, dass das Erzbistum Hamburg die Federführung für die Vorbereitung des Projektes übernimmt. Als verantwortliche Leiterin des Projektes wird Monika Stein, die Präventionsbeauftragte des Erzbistums, eingesetzt. Auf der nächsten Sitzung der Metropolie im November werden nach den Worten Heßes weitere Details erörtert. Die Einsetzung einer entsprechenden Kommission könne dann zur Jahreswende erfolgen, so der Erzbischof.

Aufarbeitung ist unabdingbar

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode erklärte dazu: „Die umfassende Aufarbeitung von sexueller Gewalt und von Machtmissbrauch in der katholischen Kirche ist unabdingbar. Sie muss die Initiativen und Bemühungen ergänzen und erweitern, die bislang in den Bistümern erfolgt sind, zum Beispiel im Bereich der Prävention, der Hilfen für Betroffene sowie in dem Umgang mit Beschuldigten und in der Sanktionierung von Tätern. Auch die historische Aufarbeitung des Unrechts sind wir den Betroffenen schuldig. Die dafür vorgesehene gemeinsame Kommission unserer drei Bistümer wird sich mit externen Fachleuten in transparenter und unabhängiger Weise dieser notwendigen, aber auch schwierigen Aufgabe widmen.“
 


Erzbischof Stefan Heße, Hamburg.

Bischof Heiner Wilmer sagte: „Unsere Kirche hat durch die Verbrechen des sexuellen Missbrauchs und des Wegschauens eine riesige Schuld auf sich geladen. Eine transparente und möglichst vollumfängliche Aufarbeitung des Unrechts durch externe Fachleute ist alternativlos. Zugleich müssen sich die Betroffenen von sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch im Anliegen der Aufarbeitung wiederfinden. Die gemeinsame Kommission mit dem Erzbistum Hamburg und dem Bistum Osnabrück wird dafür Sorge tragen, dass wir im Umgang mit diesem traurigen und zugleich sehr komplexen Thema weiterhin fachlich angemessen und auf einem hohen professionellen Niveau agieren.“

Die gemeinsame Erklärung wurde vom Unabhängigen Beauftragten für Missbrauch der Bundesregierung sowie der von ihm eingerichteten Arbeitsgruppe „Aufarbeitung Kirchen“ und Vertretern der Deutschen Bischofskonferenz erarbeitet und im April verabschiedet. Mit der Erklärung setzen die Bischöfe den Kurs der Aufarbeitung des Missbrauchs fort, der durch zahlreiche regionale Aufarbeitungsprojekte sowie die interdisziplinäre Studie „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ begonnen wurde. Bestehende Aufarbeitungsprojekte sollen weiterverfolgt und deren Ergebnisse können in die Arbeit der neuen Kommission eingebracht werden.

Hinter dem Titel der Erklärung steht die Verpflichtung der Bischöfe, Missbrauch in ihren Bis­tümern nach festgelegten und transparenten Regeln aufzuarbeiten. Im Zentrum stehen dabei Kommissionen, die nun in allen Bistümern eingesetzt werden und in denen neben Vertretern des Bistums sowie Experten aus Wissenschaft, Justiz und Verwaltung auch Betroffene sitzen sollen.

 


Bischof Heiner Wilmer, Hildesheim.

Vorherige Ergebnisse sollen einfließen

Sie leisten  ihren  Beitrag  zur umschriebenen Aufarbeitung  insbesondere durch die Wahrnehmung folgender Aufgaben: die quantitative Erhebung des sexuellen Missbrauchs in der (Erz-)Diözese, die Untersuchung des administrativen Umgangs mit Täterinnen, Tätern und Betroffenen sowie die Identifikation von Strukturen, die sexuellen Missbrauch ermöglicht, erleichtert oder dessen Aufdeckung erschwert haben.

Die Kommissionen bestehen aus einer ungeraden Anzahl an Mitgliedern. Empfohlen wird eine Größe von sieben Mitgliedern in Regel. Bei einer Anzahl von sieben Kommissionsmitgliedern sind zwei der Mitglieder aus dem Kreis der Betroffenen auszuwählen, die übrigen Mitglieder sollen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Fachpraxis, Justiz und öffentlicher Verwaltung sowie Vertreterinnen und Vertreter der (Erz-)Diözesen sein. Sie alle sollen über persönliche und/oder fachliche Erfahrungen mit Prozessen der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in Institutionen verfügen. Weniger als 50 Prozent der Mitglieder dürfen dem Kreis der Beschäftigten der katholischen Kirche oder eines diözesanen Laiengremiums angehören. Die jeweiligen diözesanen Ansprechpersonen und die Präventionsbeauftragten beziehungsweise Interventionsbeauftragten oder andere geeignete kirchliche Mitarbeiter sollen ständige Gäste der Kommissionen sein.

Bereits in den Diözesen vorher beauftragte Untersuchungen werden in die Arbeit der Kommission einfließen. Zudem ist in der Erklärung die strukturelle Beteiligung von Betroffenen festgeschrieben, die beispielsweise Betroffenenräte bilden können.

(bph)