Schwerpunkt zum Konzil von Nizäa
Auf Spurensuche in Iznik

Foto: kna/Andrea Krogmann
Iznik: Die Hagia-Sophia-Kirche, die einst Austragungsort des Konzils war.
Es ist ruhig im kleinen Café im Innenhof des historischen Sultan-Hamams, das jetzt ein Museum für Stadtgeschichte und Folklore ist. Iznik, das seit der Antike gleich mehreren Zivilisationen als Hauptstadt gedient hat und unter dem Namen Nizäa als Gastgeber zweier ökumenischer Konzilien in die Geschichte einging, ist heute ein malerisch-verschlafenes Bauernstädtchen. Seine historische Zierde trägt es mit sympathischer Unaufgeregtheit.
Die Gegend lebt von der Landwirtschaft: Von hier sollen die besten Tafeloliven der Türkei kommen; Olivenöl macht 90 Prozent des Einkommens der örtlichen Bauern aus. Auch Tourismus gibt es, allerdings nicht in Massen. Es seien vor allem einheimische Touristen, die die idyllische Seelage vor historischer Kulisse genießen, sagt Cafébetreiberin Vijdan Meric. Griechen, Römer, Byzantiner, Seldschuken und Osmanen haben das Gesicht der Stadt immer wieder neu geprägt. Auf ihren Spuren sind die Gäste unterwegs.
Die imposante, mehrfach erweiterte Stadtmauer mit ihren vier Toren und dem immer noch sichtbaren Verlauf der römischen Hauptstraßen Cardo und Decumanus zum Beispiel. An ihrer Kreuzung liegt die byzantinische Hagia-Sophia-Kirche, die zum zweiten Konzil Nizäas (787) ihren Auftritt hatte, als die Konzilsväter im Bilderstreit die Verehrung von Ikonen zuließen. Eine Christusdarstellung in Form eines Freskos auf der Innenseite der nördlichen Außenwand scheint Zeuge des frühkirchlichen Ringens um Bilder zu sein.
Mit der osmanischen Eroberung begann die zweite Karriere der Hagia Sophia – als Orhan-Moschee, bis sie aufgegeben wurde und zerfiel. Mit der Geburt der modernen Türkei wurde das Gotteshaus zum Museum, Gottesdienste waren von da ab verboten. Dass an diesem Mittag ein junger Muezzin zwei Meter vom Christusfresko entfernt zum Gebet ruft, verdankt Iznik dem früheren Vize-Ministerpräsidenten Bülent Arinc aus der AK-Partei des heutigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Unter dem Aufschrei vieler Bürger verwandelte er das Museum 2011 zurück in eine Moschee.
Islamisches und christliches Miteinander
Inzwischen scheint man in Iznik, ganz im Einklang mit dem Charakter der Stadt, eine entspannte Lösung gefunden zu haben: Wird nicht gerade im Mittelschiff das islamische Mittagsgebet gebetet, stört sich niemand an der christlichen Reisegruppe, die im ehemaligen Chor der Kirche das Glaubensbekenntnis spricht oder mit ausgebreiteten Händen das Vaterunser betet.

Knapp über 20 000 Einwohner leben laut Stadtverwaltung in Iznik. Christen sind nicht mehr darunter, bedauert der apostolische Vikar von Istanbul, Bischof Massimiliano Palinuro. Die dem Konzilsort nächstgelegene christliche Gemeinde ist in Bursa, rund 80 Kilometer südwestlich. Von noch weiter her, aus dem Erzbistum Izmir an der Ägäis, haben die Priester Philippe de Kergorlay und Alessandro Amprino ihre Gläubigen nach Iznik gebracht, zur Diözesanwallfahrt. „Das Heilige Jahr fällt mit dem Konzilsjubiläum zusammen, einem Erbe unseres Glaubens“, sagt de Kergorlay. Viele der einheimischen Christen seien noch nie hier gewesen. „Mit der Wallfahrt kehren wir an die Quelle zurück, um den Glauben zu nähren.“
Gehofft hat man in Iznik lange, dass Papst Franziskus zu den Jubiläumsfeiern in den Ort kommt. Das geht nun nicht mehr. Dafür hat Papst Leo am Rande einer Audienz mit Medienvertretern signalisiert, dass er an den Reiseplänen seines Vorgängers festhalten will. Allerdings ist noch offen, wann genau ein solcher Besuch stattfinden könnte.
Die Einwohner würde es jedenfalls freuen. Ersin Hander verkauft in seinem kleinen Laden Keramik, bemalt mit verspielten Tiermotiven, mit modernen Interpretationen traditioneller türkischer Motive, vor allem aber Repliken berühmter Iznik-Keramiken, durch die die Stadt am See über Jahrhunderte zu Weltruhm kam. Er sagt: „Wenn der Papst wirklich kommt, wird das gut für uns, denn dann kommen mehr Touristen und damit Bewegung ins Geschäft.“
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