Auf Augenhöhe

Bei uns sind Laien die Experten

Image
28_29_taufe2_mizioznikor%20Kopie.jpg

Was ist wesentlich für die Kirche 2030? Heute geht es in unserem „kleinen ABC der Kirchenentwicklung“ um „die Laien“. Es wird immer klarer: Nötig ist ein Perspektivwechsel. Es geht um den „sensus fidelium“ des ganzen Volk Gottes. Von Johannes Becher.


Hineingetauft in eine neue Kompetenz: Mitglied im Volk Gottes. 

Das ist ein Laie, kein Fachmann; der kann nix: So tönt es im Alltag der Menschen, wenn jemand keine Ahnung hat. Und dieses Verständnis von „Laie“ hatte sich lange auch in der Kirche breitgemacht – gefördert durch ein Betonen der Hierarchie nach dem Ersten Vatikanischen Konzil. Dabei ist „Laie“ in der Kirche ganz anders gemeint. „Laie“ leitet sich ab von (griechisch) „laos“: einer aus dem Volk. Jemand, der dazugehört zum Volk Gottes. Das hat erst das Zweite Vatikanische Konzil zurechtgerückt: Alle Getauften sind gemeinsam beauftragt. 

Nachdem das I. Vatikanum 1870 die päpstliche Unfehlbarkeit in Worte fasste, holt das II. Vatikanum 1964 etwas Entscheidendes nach: Es besiegelt die Unfehlbarkeit des Volkes Gottes, den „sensus fidelium“: Die Gesamtheit der Glaubenden kann nicht irren (siehe „Zur Sache“).

Auch das Kirchenrecht von 1983 gesteht den Laien qua Taufwürde ein Recht und die Pflicht zum Verkündigen der Botschaft zu (Canon 225) – wenn auch vor allem, um „den Hirten der Kirche Hilfe zu leisten“. 

Da hinkt das verfasste Recht dem Volksbegehren noch hinterher. „Augenhöhe“ heißt nicht nur im weltlichen Alltag das neue Programmwort. Auch in der Kirche betteln die Laien nicht mehr um Erlaubnisse. 

Folglich erinnert man sich wieder der Anfänge des Christentums. Damals gab es in den Gemeinden verschiedene Modelle von Leitung. Vielerorts einen Ältestenrat, meist einen Leiter als Aufseher, oft ein Gremium von Witwen… Bibelforscher sind sicher: In der frühen Kirche gab es keine Unterschiede zwischen Laien und Klerikern. Wie sagt es die Eichstätter Professorin Sabine Bieberstein: „Das Neue Testament ermutigt die Kirche zu transparenten, partizipativen und demokratischen Strukturen.“

Papst Franziskus hat das begriffen. In „Evangelii gaudium“ schreibt er: „Die Laien sind schlicht die riesige Mehrheit des Gottesvolkes. In ihrem Dienst steht eine Minderheit: die geweihten Amtsträger. Das Bewusstsein der Identität und des Auftrags der Laien in der Kirche ist gewachsen.“

Erst, wenn alle verstanden haben, dass ein „Rat“ von Laien nicht das kleine Rädchen ist, das nach klerikalem Bauplan funktioniert, sondern ein Kompetenzteam, weil es Ahnung hat von der Lebenswelt, erst dann entwickelt sich Kirche – hin zu „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute“, wie es das Konzil sagt.