Vogtland-Pfarreien schließen sich zusammen

Brücken bauen, Hoffnung tragen

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Die bisherigen Vogtland-Pfarreien Heilig Kreuz Auerbach, Heilige Familie Falkenstein und St. Marien Reichenbach schließen sich am 28. Juli zur neuen Pfarrei St. Christophorus Auerbach zusammen.

Pfarrer Ralph Kochinka mit dem Künstlerehepaar Blechschmidt vor der Christophorus-Darstellung an der Pfarrkirche.    Foto: Dorothee Wanzek

Wer in Südtirol oder Bayern unterwegs ist, dem fallen an Kirchenfassaden häufig Christophorus-Abbildungen ins Auge. Oft sind sie schon von weitem zu erkennen. Sie laden dazu ein, für eine gute Reise zu beten und für eine glückliche Heimkehr – einst auch in die Ewigkeit. Auch an der Auerbacher Heilig-Kreuz-Kirche wurde pünktlich zur Gründung der Pfarrei St. Christophorus eine große Christophorus-Darstel-    lungen angebracht. Kleinere Kopien für die Kirchen in Reichenbach und Falkenstein sind bereits angefertigt – ein Erkennungszeichen, das auch nach außen hin deutlich macht, dass für die Katholiken der Region eine neue gemeinsame Wegetappe beginnt. „Auch wir wollen dazu einladen, um eine gute Reise zu beten und selbst zum Christusträger für andere zu werden“, sagt Ralph Kochinka, der Pfarrer der neuen Pfarrei St. Christophorus.
„Pfarreizusammenlegungen sind nie frei von Schwierigkeiten“, sagt der Falkensteiner Katholik Wolfgang Blechschmidt, Mitglied der Steuerungsgruppe zur Vorbereitung der Pfarreigründung. Auch im Vogtland gebe es Ängste vor dem unbekannten Neuen, etwa die Sorgen, als Gemeinde zurückstecken zu müssen und das eigene Profil zu verlieren. Mit Zustimmung des Bischofs machten sich die Mitglieder der künftigen Pfarrei deshalb auf die Suche nach einem neuen Patronat, das ihre  Gemeinsamkeiten betont und den Gläubigen der neuen Pfarrei Orientierung und Ermutigung bieten kann.

Christophorus war ein Suchender
Die Wahl fiel auf den Patron der Autofahrer und Reisenden – auf den ersten Blick naheliegend in einer Pfarrei, in der die Katholiken es mit weiten Fahrwegen zu tun haben, wenn sie in Verbindung bleiben wollen. Durch das Pfarreigebiet führt auch die A 72, die viel von Berufspendlern zwischen Ostdeutschland und Bayern genutzt wird. Wahrzeichen der touristisch ambitionierten Region ist die Göltzschtalbrücke, die größte Ziegelsteinbrücke der Welt. Seit 1851 überbrückt sie die Göltzsch für den Eisenbahnverkehr zwischen Sachsen und Bayern.
In der bekannten Legende, die über Christophorus erzählt wird, hat auch er eine Brückenfunktion. Er trägt Menschen über einen Fluss und erkennt dabei eines Tages, dass es Christus ist, den er als Kind auf seinen Schultern trägt. „Es braucht zu allen Zeiten Menschen, die mit Mut und Gottvertrauen losgehen, meist über viele verschiedene Brücken“, meint Regina Mahler, Gemeindereferentin der Pfarrei St. Christophorus. „Unterschiedliches miteinander zu vernetzen und dadurch im Nächsten Christus zu begegnen, ist eine Herauforderung auch für die Zukunft“, ergänzt Diakon Christoph Braun.  Die Jahre der Vorbereitungszeit auf die Pfarreigründung haben die vogtländischen Katholiken nicht nur genutzt, um Brücken zueinander zu bauen und zu festigen. Sie haben dabei auch verschiedene Facetten ihres künftigen Pfarrpatrons kennengelernt, der vielen anfangs vor allem als einer der vierzehn Nothelfer ein Begriff war.
Besonders intensiv hat sich Wolfang Blechschmidt mit dem Heiligen auseinandersetzt. Der Künstler, der gemeinsam mit seiner Frau Regina in Falkenstein ein Atelier betreibt, hat den Entwurf für das Pfarreilogo und die Christophorus-Darstellungen an den Kirchenwänden erstellt. „Christophorus war ein Mann, der lange gesucht hat, bis er in seinem Leben zum Wesentlichen vorgestoßen ist“, sagt er. „Er hat verstanden, dass er sich von seinem Glauben führen lassen kann. Das Kind, das er trug, ist für ihn zum Hoffnungsträger geworden, und mit ihm wurde auch er selbst ein Hoffnungsträger.“ „Wir können von ihm lernen, unseren Blick auf das Wesentliche, auf die Liebe Gottes, zu lenken und manches in unserem Leben anzunehmen und treu zu tragen“, findet Regina Blechschmidt.

 

Die Göltzschtalbrücke    Foto: imago/panthermedia

 

Ganz bewusst haben sich die Katholiken der Pfarrei Auerbach nicht für eine naturalistische Darstellung ihres Patrons entschieden, sondern für eine modernere, stilisierte, die dazu anregen soll, über den Heiligen und über den eigenen Glauben ins Gespräch zu kommen: Der Baum, auf den Christophorus sich abstützt, hat die Form eines Kreuzes. Sein Namens-Schriftzug erinnert an eine Welle oder an eine Brücke... Besonderen Auftrieb erfuhr die Auseinandersetzung mit dem Namenspatron und mit der neuen gemeinsamen Pfarrei-Identität durch neue Veranstaltungsformate, mit denen die Gemeinden sich seit mehr als einem Jahr auf die neue Wegetappe einstimmen: Eine Brückenwanderung mit meditativen Impulsen durchs Elstertal, zwei Familientage, bei denen Gemeindemitglieder verschiedener Generationen miteinander in einen lebhaften und kreativen Austausch traten, ein Projektchor-Wochenende mit dem Freitaler Kirchenmusiker Dominic Sonntag, eine begonnene Vortragsreihe über den heiligen Christophorus. Als äußerst anregend erlebte Pfarrer Kochinka auch den Dekanatstag, der auf dem Auerbacher Pfarreigelände stattfand. Das Motto „Zusammenwachsen – zusammen wachsen“ fanden die Teilnehmer nicht nur auf Dekanatsebene passend. „Es hat uns auf dem Weg zur großen Pfarrei weiter begleitet“, stellt der Pfarrer fest. Weitere gemeinsame Aktivitäten seien bereits geplant, etwa ein Familienwochenende, das im Oktober in Neila stattfinden soll, weitere Brückenwanderungen durch das Pfarreigebiet oder eine Fortsetzung der Christophorus-Vorträge. Die Zuversicht, mit der viele Reichenbacher, Auerbacher und Falkensteiner Katholiken in die Zukunft blicken, kommt nicht zuletzt im Leitwort zum Ausdruck, das sie sich gewählt haben: „Habt Vertrauen! Jesus sagt, ich bin der Weg.“

Zur Sache: Mit Reichenbach, aber ohne Adorf
Bischof Heinrich Timmerevers gründet mit der Pfarrei Auerbach nach Plauen eine zweite katholische Großpfarrei im Vogtland. Zu der neuen Pfarrei, die sich über eine Fläche von 549 km2 erstreckt, gehören dann aktuell 2 588 Katholiken. Es hat längere Zeit gedauert, bis sich die bisherigen Pfarreien Auerbach, Falkenstein und Reichenbach in dieser Konstellation zusammengefunden haben. Ursprüngliche Pläne, Reichenbach mit Greiz zu vereinen, wurden wieder verworfen. Die ehemalige Pfarrei Adorf, die ursprünglich mit Auerbach, Falkenstein und Reichenbach zusammengehen wollte, gehört mittlerweile zu Plauen.
Leiter der neuen Pfarrei St. Christophorus wird Ralph Kochinka, seit 2017 Pfarrer von Auerbach und Falkenstein. Zum pastoralen Team gehören auch Pfarrer Josef Reichl in Reichenbach sowie Gemeindereferentin Regina Mahler und Diakon Christoph Braun. Zusätzlich übernehmen die beiden Ruhestandspfarrer Ferdinand Kohl in Klingenthal und Joachim Scholz in Netzschkau punktuell Dienste.
Die vogtländischen Gemeinden haben sich bewusst dafür entschieden, ihre feierliche Pfarreigründung nicht zu verschieben. Den gegenwärtigen Auflagen entsprechend können aber nur wenige Vertreter der bisherigen Pfarreien am Festgottesdienst teilnehmen. Es werden aber alle Altersgruppen repräsentiert sein. Auch von den ursprünglich geladenen Gästen aus Ökumene und Politik können nur drei stellvertretend anwesend sein.
 
 
Von Dorothee Wanzek