„Wellcome-Engel“ in Familien

„Da geht einem das Herz auf“

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Seit zehn Jahren helfen Ehrenamtliche in Frankfurt als „Wellcome-Engel“ in Familien oder bei Müttern mit Babys. Nach einer Corona-Pause im Frühjahr nimmt der Dienst Fahrt auf. Das Hygienekonzept sieht viel frische Luft vor! Von Barbara Brüning.


Eine Ehrenamtliche von „Wellcome“ beim Spielen mit einem Kind.

Der Traum vom großen Glück mit einem Baby endet für manche Mutter schon kurz nach der Geburt. Wenn der Mann wieder arbeiten geht oder sie alleinerziehend ist, dann kommt oft der Katzenjammer. Das Baby schläft wenig oder nicht regelmäßig – es bleibt kaum noch Zeit, etwas zu erledigen. Und mit der Erschöpfung kommen schnell Selbstzweifel und die Angst, zu versagen. 

Vor allem, wenn die eigene Familie weit weg ist, kann einem so ein „Wellcome“-Engel wie Gabriele Ringer dann wie ein echter Engel vorkommen. Fast ein halbes Jahr hat sie eine junge alleinerziehende Mutter mit ihrem Neugeborenen begleitet: „Ich bin einmal in der Woche für etwa zwei Stunden zu ihr gegangen“, erinnert sie sich. „Oft haben wir erst mal eine Tasse Kaffee zusammen getrunken und einfach nur geredet.“ Es habe die junge Mutter sehr beruhigt zu hören, dass es nicht ihr allein so gehe. Der Schlafmangel, die Erschöpfung und die Unregelmäßigkeit im Rhythmus des Babys, die zehren einfach an den Nerven. Auch war sie sich nicht sicher, ob sie das mit dem Stillen richtig macht, und ab wann sie dem Säugling etwas Festes zu essen geben kann. 

Nach dem Gespräch sei sie immer noch ein oder eineinhalb Stunden mit dem Kind spazieren gegangen. Die Mutter habe dann Bankgeschäfte erledigt, die Wohnung aufgeräumt oder einfach mal die Füße hochgelegt. 

„Ich selbst hatte meine Mutter und meine Schwiegermutter in der Nähe, als meine Kinder klein waren“, sagt Ringer, „und ich war sehr, sehr dankbar für ihre Hilfe.“ Deshalb kann sie gut verstehen, wie es den Müttern geht, die ganz alleine dastehen. 

„Für mich selbst ist es aber auch schön, mal wieder so ein ganz Kleines in den Armen zu halten“, sagt die 50-jährige Mutter von zwei erwachsenen Kindern. „Wenn sie dann aufwachen und einen so anlächeln, da geht einem das Herz auf.“ Außerdem sei sie so auch zu ihrem Spaziergang an der frischen Luft gekommen und das habe ihr selbst auch gut getan. 

Es entstehen dauerhafte Beziehungen

Viele junge Mütter sind für den Dienst der „Wellcome“-Engel sehr dankbar. Seien es Mütter von Zwillingen oder gar Drillingen, oder einfach Mütter, die sonst niemanden haben, mit dem sie sich austauschen können. Für die Helferinnen ist es ein sehr schönes Ehrenamt, denn es entstehen manchmal über den „Dienst“ hinaus anhaltende Beziehungen. „Ich bekomme immer noch ab und zu eine ,WhatsApp‘ von der Mutter“, sagt Gabriele Ringer. Meist mit einem Foto ihres Schützlings, der inzwischen schon selbstständig läuft. 

Das Vermitteln dauert ein paar Wochen

Eigentlich wollte sie schon längst eine neue Familie betreuen, aber Corona ist ihr dazwischengekommen. Nun, mit dem erneuten Lockdown, sei es zwar formal möglich, aber sie denkt an ihre Eltern, mit denen sie zusammenlebt und die zur Risikogruppe zählen. Deshalb will sie noch etwas warten, bis sie wieder als „Wellcome“-Engel einer Familie mit ihrem Baby hilft. 

Oft sei es so, dass die Familien auf der Entbindungsstation von „Wellcome“ erfahren, berichtet Kerstin Große-Dresselhaus, „Wellcome“-Koordinatorin aus dem Zentrum Familie im Haus der Volksarbeit. „Wenn sie dann sehen, dass es doch eine ganz andere Sache ist mit dem Baby, als sie sich das so vorgestellt haben, dann fassen sie sich ein Herz und rufen bei uns an. Meist dauert es ein paar Wochen, bis ich jemand passenden gefunden habe“, erzählt Große-Dresselhaus. Es seien Studentinnen, meist der Pädagogik oder Psychologie, aber auch Rentnerinnen, oder wie im Fall von Gabriele Ringer einfach Menschen, die etwas Zeit übrig haben und Lust, diese für ein Ehrenamt einzusetzen.