Mariä-Himmelfahrts-Wallfahrt in Sögel
"Dann geht mir das Herz auf"
Foto: Petra Diek-Münchow
Schon von weitem winkt Pater Edmund Kesenheimer seinem Gast mit einem herzlichen Lächeln zu. „Willkommen auf Clemenswerth“, sagt er und geht ein paar Schritte vom barocken Jagdschloss, das Kurfürst Clemens August vor gut 280 Jahren in Sögel hat bauen lassen, hinüber zum kleinen Kloster. Das reiht sich ein in eine Anlage, die als eines der sehenswertesten Kulturdenkmäler in Norddeutschland gilt. Das findet auch der 78-jährige Ordensmann. „Das ist ein so wunderbarer Ort“, gerät er beim Blick ringsherum ins Schwärmen.
Seit 2015 leitet Pater Edmund den Konvent auf Clemenswerth, „unser nördlichstes Kloster“. Mit ihm leben noch die Ordensbrüder Romuald, Franz und Laurentius hier. Täglich morgens um acht und am Sonntag um elf Uhr feiern sie in der Barockkapelle Gottesdienste mit oft vielen Gästen aus der Gegend, nehmen auf Wunsch die Beichte ab und bieten Gespräche an. Auch in mehreren Kirchengemeinden helfen sie bei Bedarf aus: bei Messen, Hochzeiten, Taufen oder Beerdigungen. Kesenheimer schätzt den regen Kontakt. „Die Leute freuen sich, wenn wir kommen.“ Man spürt – er fühlt sich wohl und zu Hause im Emsland. „Ich bin gerne hier.“
Ihn selbst wundert das nicht, denn der Kapuziner stammt auch aus dem ländlichen Raum – aus einem Dorf nahe Ravensburg in Baden-Württemberg. „Wir Oberschwaben und die Emsländer, wir haben mehr gemeinsam, als manche denken“, sagt er schmunzelnd und meint damit zum Beispiel eine gewisse Feier-Freudigkeit. Aufgewachsen ist Kesenheimer in einer gut katholischen Arbeiterfamilie – in einfachen Verhältnissen, wie er selbst erzählt. „Wir hatten anfangs ein karges Leben.“ Der Vater arbeitet zuerst für die Gemeinde, später in einer Fabrik, „die Mama“ hilft auf Bauernhöfen mit.
Die Kapuziner lernt er als Jugendlicher kennen, ein Pater übernimmt die pastoralen Dienste in der Kirchengemeinde. Der macht ihn mit dem Orden vertraut. Dessen Schlichtheit fasziniert ihn – und die Möglichkeit, für die Gemeinschaft als Missionar arbeiten zu können. „Ich wollte immer hinaus in die weite Welt.“ Die Kapuziner ermöglichen ihm das Abitur, er tritt 1967 ein und geht dann nach Münster an die ordenseigene Hochschule zum Theologiestudium.
Wenn ein Weg zu Ende ist, gibt es einen anderen.
In bewegten Zeiten. Kesenheimer erzählt von der Studentenbewegung, vom konziliaren Umbruch der 1970er Jahre und Kirchenkritikern wie Hans Küng und Adolf Exeler. „Da war richtig was los“, sagt er. Auch ihn bringt der Diskurs damals zum Nachdenken, „mein Glaubensgebäude wankte da etwas“. Noch nicht ganz sicher, ob er wirklich im Orden bleiben will, studiert er daher noch Sport – „zur Absicherung“.
Aber als Lehrer in die Schule geht Kesenheimer dann doch nicht. Sein ehrenamtliches Engagement, besonders in der Jugendarbeit für das Bistum Münster, bestärkt ihn in seinem geistlichen Weg. Anschaulich erzählt er von durchdiskutierten und durchsungenen Nächten mit den jungen Leuten, von experimentellen Gottesdiensten und Aufbruchstimmung. „Da habe ich gespürt, dass der Weg als Pater doch der richtige für mich ist.“ Mitte der Siebziger wird er zum Priester geweiht.
Und darf bald in die Mission nach Indonesien auf die Insel Nias. Fünf Jahre arbeitet er dort als Seelsorger, beschreibt die Lebendigkeit der Pastoral dort und das Engagement der Kirchengemeinde. Aber die Anstrengungen in dem anderen Klima fordern ihren Tribut, Kesenheimer wird krank und muss zurück nach Deutschland. Auch im Rückblick erzählt er das ohne großes Bedauern, denn in Münster öffnet sich ihm als Krankenhausseelsorger eine neue Tür. „Wenn ein Weg zu Ende ist, gibt es einen anderen“, sagt er, und daraus spricht viel Gottvertrauen. Das setzt sich später in seinem Ordensleben fort – führt ihn so nach Reute/Bad Waldsee als Seelsorger in ein Pflegeheim für Franziskanerschwestern und schließlich vor neun Jahren nach Clemenswerth.
Hier bringt er das Kloster „wieder in Schwung“ und deutet an, dass es zuvor „einige schwierige Jahre“ in dem Konvent gegeben hatte. Kesenheimer und seine drei Mitbrüder wollen das ändern – suchen den Kontakt zu den Leuten, zu den Kirchen, zu den Gästen des Schlosses. Ihm ist wichtig, dass die Tradition der Kapuziner und ihre Präsenz „an diesem wunderbaren Ort“ erhalten bleiben. Wenn er die Alleen entlanggeht und die Besucher auf dem Schlossplatz trifft – dann „geht mir das Herz auf“. Er mag die Menschen im Emsland – spricht von ihrer Gastfreundschaft und Freundlichkeit.
Hat er einen Lieblingsplatz? „Oh ja, draußen im Klostergarten.“ Flott marschiert Pater Edmund vorbei an Taxushecken und Blumenbeeten zum „Gloriettchen“ – einem Gartenhäuschen, in das schon Clemens August sich gerne zurückzog. Hier lässt sich der Ordensmann auf eine Bank sinken und genießt den Blick ins Grüne. „Diese Ruhe, hier kann ich bei mir und bei Gott sein.“
Genauso anrührend findet er die Wallfahrt zu Mariä Himmelfahrt auf Clemenswerth – das „Highlight des Jahres“. Er freut sich schon darauf, wenn Hunderte von Menschen auf den Schlossplatz strömen und unter freiem Himmel Gottesdienst feiern. Dass sich so viele Pilger zu Fuß, mit dem Rad oder Auto nach Sögel auf den Weg machen, das beeindruckt ihn über alle Maßen. Die Menschenmenge auf dem Rasen, die mitsingt und mit betet. Die Prozession mit dem Allerheiligsten. Die Bannerträger, die Kapellen und Chöre. „Das strahlt so eine Kraft aus. Da merkt man, die Kirche lebt noch.“
Der Gottesdienst zur Mariä-Himmelfahrts-Wallfahrt in Sögel beginnt am Sonntag, 18. August, um 10 Uhr auf dem Schlossplatz Clemenswerth. Das Motto heißt „Maria – stärke uns im Gebet“. Domkapitular Ulrich Beckwermert wird die Messe unter freiem Himmel leiten. Danach gibt es einen Imbiss, Möglichkeiten zur Begegnung und die Gäste können auch die Kirmes im Sögeler Ortskern besuchen. Die Wallfahrt hat eine lange Tradition und zählt zu den größten im Bistum Osnabrück. Im vergangenen Jahr kamen etwa 2000 Gäste.