150 Jahre Gemeinde St. Matthias Berlin

Dem Erbe verpflichtet

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Alles begann mit einem Nachlass von 20 000 Talern: Seit 150 Jahren leiten Pfarrer aus dem Bistum Münster die Gemeinde St. Matthias in Berlin. Das Jubiläum feierte sie jetzt mit einer Prozession und zwei Bischöfen.

Durch die Straßen von Tiergarten und Schöneberg führte die Prozession von der ursprünglichen zur heutigen St. Matthias-Kirche. | Fotos: Cornelia Klaebe

Das ist also die ursprüngliche St. Matthias-Kirche: ein schlichter Bau, etwas zurückgelegen von der Potsdamer Straße in Berlin-Tiergarten. In den eng gestellten Bänken finden etwa 300 Menschen Platz. Der Innenraum ist schlicht, geschmückt mit einigen Ikonen, der kleine Altarraum ist heute voll mit römisch-katholischen Priestern aus dem Pastoralen Raum Schöneberg-Tiergarten Süd. Der Vorhang, der ihn wie eine Ikonostase abtrennen kann vom Kirchenschiff, ist heute beiseite geschoben, denn die syrisch-orthodoxen Nutzer der Kirche sind heute Gastgeber für die Messe zu Fronleichnam.
Das geschieht nicht ohne Grund: Mit dieser Kirche begann vor 150 Jahren das Leben der Gemeinde St. Matthias. Denn der aus dem Bistum Münster stammende Ministerialdirektor Matthias Aulike, ein leitender Beamter im preußischen Kultusministerium, hinterließ bei seinem Tod 1865 der Kirche 20 000 Taler. Mit ihnen, so der Wunsch, sollte eine zweite katholische Kirche in Berlin gebaut werden – denn bis dahin gab es nur St. Hedwig – und die sollte immer einen Pfarrer aus dem Bistum Münster haben. Beide Bistümer stimmten zu und so wurde schon 1868 die Kirche geweiht. Sie wurde aber schnell zu klein: Bereits 1895 zog die wachsende Gemeinde um in die neue, dreischiffige St. Matthias-Kirche auf dem Winterfeldtplatz. Pfarrer aus Münster kamen weiterhin.Bei der Feier heute platzt die alte Kirche wieder aus allen Nähten: Auf dem Vorplatz verfolgen noch etliche die Videoübertragung.
 

Auch Graf von Galen war hier Pfarrer
„Wir als Münsteraner wissen uns dem Erbe verpflichtet, das hier gelegt ist“, sagt der Münsteraner Bischof Felix Genn, der aus Anlass des Jubiläums der Fronleich- namsmesse vorsteht. Vor 50 Jahren, zum hundertjährigen Jubiläum, war übrigens Bischof Höffner auch schon aus Münster angereist. In den langen Jahren führten zehn Pfarrer die Gemeinde, heute ist es Josef Wieneke. „Es waren aber auch 60 Kapläne aus Münster, die durch diese Gemeinde gingen.“ Der berühmteste Kaplan und spätere Pfarrer der Gemeinde war Clemens August Graf von Galen, der spätere Bischof von Münster und Widerstandskämpfer gegen die Nazis.
Widerstandskämpfer war auch ein Kirchenvorstandsmitglied in St. Matthias: Erich Klausener,der  von der Gestapo hingerichtet wurde und als erster Blutzeuge des Bistums gilt. „Später, während der Teilung der Stadt, war St. Matthias so etwas wie eine inoffozielle Konkathedrale“, erzählt Wieneke weiter. Aufgrund der Größe der Kirche haben hier viele Priesterweihen stattgefunden. 

 

Von links: Pfarrer Josef Wieneke, Bischof Felix Genn und Erzbischof Heiner Koch präsentieren die Festschrift.

 

Zurück zur Fronleichnamsmesse: An deren Ende macht sich die große Gemeinde in einer Prozession auf den Weg zur heutigen St. Matthias-Kirche. Mit Gesang, Blasorchester, Blumen streuenden Kindern und zwei Bischöfen – denn Erzbischof Heiner Koch ist zum Ende der Messe von einem anderen Termin dazugekommen. Auch ihm bedeutet St. Matthias viel und so präsentiert er beim anschließenden Würstchenessen am Zielort gemeinsam mit seinem Münsteraner Amtskollegen und Pfarrer Wieneke die neue Festschrift „Fest im Glauben – 150 Jahre St. Matthias“, zu der beide Bischöfe Vorworte beigesteuert haben. Sie zeigt neben der Geschichte auch das bunte heutige Gemeindeleben und ist im Buchhandel erhältlich.

 
Von Cornelia Klaebe