Fotoausstellung in St. Heinrich in Hannover

Der Fußballgott kommt ins Gotteshaus

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„Maradona, der Göttliche“ heißt eine Fotoausstellung in der Kirche St. Heinrich in Hannover. Sie holt den vergötterten Fußballstar ins Gotteshaus.


Bringen Fußball und Kirche zusammen: Dirk Schröder,
Wolfgang Semmet, Marcus Olms und Thomas Harling.

Die Ausstellung umfasst 134 Schwarz-Weiß-Fotos des italienischen Fotografen Sergio Siano, die den argentinischen Fußballer Diego Maradona während seiner Zeit beim italienischen Club SSC Neapel zeigen. Die Bilder dokumentieren seine Fußballkunst und die Verehrung, die Maradona gerade in Neapel erfahren hat. Die Fotos sind an sechs Meter hohen Seilen aufgehängt. Bewusst sind sie im Kontrast und im Spiegel zum Ausstellungsort, einem sakralen Raum, angeordnet. Veranstalter sind das Fußball-Museum Springe, die Per-Mertes­acker-Stiftung und die Katholische Kirche in der Region Hannover.

„Fußball ist Medium zur sozialen Integration“

„Einmalig, dass es gelungen ist, die Ausstellung aus Neapel nach Hannover zu holen“, sagt Dirk Schröder, Vorsitzender des Fußball-Museums Springe: „Wir sind sehr stolz darauf, das realisiert zu haben.“ Die beeindruckenden Fotos zeigen, wie Maradona einer ganzen Region zu Selbstbewusstsein und Anerkennung verholfen hat: „Daher werden wir in der Ausstellung auch einen Blick auf die Fans werfen.“ Die Idee, dass die Bilder „am seidenen Faden“ von der Decke hängen, ist zugleich Metapher für das Auf und Ab einer Profikarriere: „Dass eine solche Heldenverehrung per se nicht gut ausgehen kann, ist in den Bildern bereits angelegt.“
 


Fußballbilder zwischen Kreuzweg-
stationen – ein ungewöhnlicher Anblick.

„Fußball ist ein Medium zur sozialen Integration“, erläutert Marcus Olm, Projektleiter Sportder Per-Mertesacker-Stiftung und Stiftungsrat: „Aufgabe unserer Stiftung ist es, sich um sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche in der Region Hannover zu kümmern.“ Ein Spieler wie Diego Maradona hat gezeigt, welche Kraft der Fußball entfalten kann und wie es mit seiner Hilfe gelingen kann, Menschen miteinander zu verbinden. „Gleichzeitig ist Maradona auch ein mahnendes Beispiel dafür, wenn die sozialen Bindungen verloren gehen, wie tief der Fall sein kann“, unterstreicht Olm. Deshalb engagiere sich die Per-Mertesacker-Stiftung für diese Ausstellung.

„Die Fans sind wie eine Glaubensgemeinschaft“

„Fußball und Religion haben schon immer eine besondere Nähe“, meint Thomas Harling, Kulturbeauftragter der Katholischen Kirche in der Region Hannover. Die Fans sind wie eine Glaubensgemeinschaft, die am Spieltag ihre Messe zelebrieren. Besonders deutlich seien diese Übergänge bei Maradona: „Er wurde in Neapel als der Göttliche angesehen, dem man Lieder singt und Altäre weiht.“ Dann der Absturz: „Aus dem strahlenden Helden wird ein gefallener Engel, eine gebrochene Persönlichkeit, mit Gewalt, Drogen, Mafia.“ Dieser Zwiespältigkeit wird in dieser Ausstellung und im Begleitprogramm nachgegangen.

„Sicher werden viele Besucherinnen und Besucher überrascht sein, eine Sportausstellung in einer Kirche vorzufinden“, sagt Pfarrer Wolfgang Semmet, Hausherr der Kirche St. Heinrich. Doch kann gerade an diesem Ort eine solche Ausstellung zum Nachdenken über die eigenen Sehnsüchte anregen: „Wir sehnen uns nach Sinn, nach Glück, nach einem gelingenden Leben – oder anders ausgedrückt nach dem ‚Göttlichen‘ in unserem Leben!“ Der Glaube könne Antworten auf die Frage nach dieser Sehnsucht geben, auch im Spiegel der Verehrung eines Fußballspielers.

Rüdiger Wala

 




Umfangreiches Programm zur Ausstellung

Die gottgleiche Verehrung, der tiefe Fall, die Zwiespältigkeit der Persönlichkeit: Im Begleitprogramm der Ausstellung werden diese Aspekte thematisiert.

Am Mittwoch, 12. Ok­tober, wird mit einem Podium der Frage „Maradona, der Göttliche“ nachgegangen (19 Uhr). Es diskutieren Jan Rosen­thal (Ex-Profi von Hannover 96), Sandra Günter (Sportsoziologin Uni Hannover) und Thorsten Leißer (Pastor und Fußball­experte). Die Moderation hat Dirk Tietenberg (Neue Presse). Was es mit „Gott und der Göttliche“ auf sich hat, ist Thema eines Gottesdienstes am Sonntag, 13. November (11 Uhr).

Die Ausstellung ist vom 24. September bis zum 25. November von Montag bis Samstag von 10 bis 18 Uhr, sonntags von 12 bis 18 Uhr in der Kirche St. Heinrich zu sehen (Sallstraße 74, 30171 Hannover). Führungen, auch für blinde und sehbehinderte Menschen, sind auf Anfrage möglich. Zur Ausstellung sind pädagogische Arbeitsmaterialien erhältlich.

Die Ausstellung wird gefördert von der Hanns-Lilje-Stiftung, der Region Hannover, der Niedersächsischen Lotto-Sport-Stiftung, der Leibniz Universität Hannover, der Stiftung St. Heinrich und dem Bistum Hildesheim.

Näheres unter www.maradona-ausstellung.de