Bibelarbeit

Die Bibel in sieben Schritten

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Seit 25 Jahren treffen sich in Dörpen 13 Frauen, um einmal im Monat über die Heilige Schrift zu sprechen. Der Bibelkreis strahlt in die ganze Gemeinde aus. Für die Frauen sind die Abende zu einer Bereicherung für ihr Leben geworden.


Ein Gebet zum Schluss: Die Leiterin des Bibelkreises, Elisabeth Kuper (rechts), trifft sich mit Dörpener Frauen regelmäßig zum „Bibel-Teilen“. Foto: Petra Diek-Münchow

Elisabeth Kuper zündet die Kerze an und spricht das Begrüßungsgebet. Eine Aufforderung, auf das Wort Gottes zu hören und eine Mahnung, jede in dieser Runde mit ihren Gaben und Eigenheiten zu akzeptieren. Dann schlagen alle Frauen die für heute gewählte Schriftstelle in ihren Bibeln auf. Heute geht es im Lukasevangelium (LK 11, 1-3) um das „Vaterunser“. Laut liest Elisabeth Kuper den Text vor. Nach einer kurzen Stille darf jede der Frauen dann ein Wort oder einen Satz nennen, der sie berührt. Nichts wird bewertet. Kuper entscheidet sich für den Vers „denn auch wir vergeben jedem, der an uns schuldig wird“.

Schon seit 25 Jahren gibt es diesen Bibelkreis in der St.-Vitus-Gemeinde in Dörpen, der damalige Pfarrer Otto Schlütken hatte der Katholischen Frauengemeinschaft die Gründung der Gruppe vorgeschlagen. Elisabeth Kuper ist von Beginn an dabei, aber es gibt auch immer wieder Frauen, die neu zu dem Kreis stoßen. 13 Mitglieder gehören jetzt dazu, einmal im Monat treffen sie sich nach der Abendmesse am Donnerstag für knapp zwei Stunden im Schwesternhaus.

„Bibel-Teilen“ heißt das Konzept, nach dem die Frauen Texte aus dem Neuen Testament lesen, darüber nachdenken und reden (siehe auch „Zur Sache“). Meistens geht es um das Evangelium des kommenden Sonntags, aber manchmal entscheiden sie sich auch für andere Schriftstellen. Immer gehen sie dabei in sieben festgelegten Schritten vor – wie überall auf der Welt, wo diese Methode oft in kleinen geistlichen Gemeinschaften praktiziert wird. „Von Laien für Laien“, sagt Elisabeth Kuper.

„Ein Satz kann manchmal viel bewirken“

Ganz wichtig ist den Frauen eine ruhige Atmosphäre, sie wollen nicht durch den Abend und die Bibel hetzen. Nach dem Vorlesen des Kapitels lassen sie das Gehörte mehrere Minuten auf sich wirken. Und dann sagt jede, was einzelne Worte für sie bedeuten und wie sie diese in ihren Alltag mitnehmen.

Elisabeth Kuper kommt auf die Vergebungsbitte im „Vaterunser“ zurück. „Das bete ich so oft, aber mir ist längst nicht immer bewusst, wie ich diese Worte leben soll. Kann ich jemandem seine Schuld vergeben ohne Wenn und Aber?“, sagt sie nachdenklich. Sie nimmt sich vor, in dieser Woche das Gebet mit Andacht zu sprechen und Schuld zu vergeben, „auch wenn es viel Kraft kostet“. Einige Frauen nicken – dieser Gedanke könnte auch sie durch die nächsten Tage begleiten. Nicht selten schließt sich an solch einen Austausch auch ein persönliches Gespräch an, denn viele der Frauen sind über die Jahre zu Freundinnen und guten Bekannten geworden.

Allen bedeutet die Gruppe daher sehr viel, sie fühlen sich dadurch in ihrem Glauben bestärkt und können die Schrifttexte besser einordnen in ihr Leben. Schwester Jona findet, dass durch die Betrachtung und das Glaubenszeugnis jede Bibelstelle lebendiger wird: „Ein Satz kann manchmal viel bewirken.“ Leni Osewold geht nach dem Bibelkreis oft „mit einem Tropfen Hoffnung nach Hause“. Und Anni Dettmer findet „Halt und Trost in den Worten, die wir uns mitteilen. Das ist ein Kreis, in dem ich mich aufgehoben fühle.“ Zugleich strahlt die Gruppe in die Kirchengemeinde aus, sagt Diakon Burkhard Becker, der als Gast am Tisch sitzt. „Das prägt mein Denken und Handeln und wie ich mit anderen umgehe“, bestätigt Schwester Jona. Zudem sind alle Frauen aktiv in Dörpen: als Wortgottesdienstleiterin oder Kommunionhelferin, in der Frauengemeinschaft, als Küsterin und in der Hospizhilfe.

Ihr 25-jähriges Jubiläum hat der Bibelkreis daher mit 120 Gästen aus der Gemeinde gefeiert. Dazu gab es ein Essen mit sieben Gängen – mit Rezepten, die sich an der Bibel orientierten. Für jeden Gast lag dabei ein Geschenk auf der Tafel: ein selbst gebasteltes Büchlein mit Bibelstellen für jede Lebenslage. „Wenn du Sehnsucht hast, dann lies Psalm 63“, empfiehlt darin die Gruppe. Auch Elisabeth Kuper kennt eine solche Bibelstelle aus dem Psalm 23, die sie durch ihr Leben begleitet: „Ich fürchte kein Unheil, denn du bist bei mir.“

Petra Diek-Münchow


Zur Sache

Das „Bibel-Teilen“ ist in den 1970er Jahren in Südafrika für kleine geistliche Gemeinschaften entwickelt worden. Keiner der Teilnehmer braucht dafür eine theologische Ausbildung, auch ein Pfarrer muss nicht mit am Tisch sitzen. Denn dabei geht es nicht um eine hochwissenschaftliche Auslegung der Schriftstellen, sondern um einen persönlichen Zugang zur Bibel. Wichtig ist nicht, wie genau jedes Wort zu verstehen ist, sondern, was es für die jeweilige Person und ihr Leben bedeutet.

Die bekannteste Methode sind die „Sieben Schritte“: Begrüßung, das Evangelium laut vorlesen, in Ruhe einzelne Worte aus dem Text wiederholen, für einige Minuten still werden, Austausch über bestimmte Sätze aus dem Schrifttext, über konkrete Schritte für den Alltag sprechen und das Schlussgebet. Die Beiträge der Teilnehmer werden dabei weder kommentiert noch kritisiert.