Ein Pro und Pro: Pro Rom und Pro Jerusalem

Die wahre Hauptstadt?

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Ewige Stadt oder Heiliges Land? Rom oder Jerusalem? Was ist heute die wahre Hauptstadt der katholischen Christenheit? Zwei Meinungen, die nicht gegen etwas sind, sondern beide für etwas. Deswegen gibt es dieses Mal ein „Pro und Pro“. Sarah Seifen und Johannes Becher waren jeweils vor Ort und legen sich ins Zeug für ihren christlichen Ort des Herzens.

Rom und Jerusalem – zwei Herzen schlagen in der Christenbrust. | Foto: Adobe Stock / Johannes Becher
Rom und Jerusalem – zwei Herzen schlagen in der Christenbrust.
Foto: Adobe Stock / Johannes Becher

PRO Rom

Rom: Pizza, Pasta, ein Espresso auf der Piazza, italienische Leichtigkeit eben, T-Shirt-Wetter im November. Genügend Gründe gibt es, um ein paar Tage in der Stadt am Tiber zu verbringen.

Für katholische Christen einen besonderen: Hier lebt das Oberhaupt ihrer Kirche. Der Nachfolger des Apostel Petrus. Er war der erste Bischof von Rom, der erste Papst. Der erste Stellvertreter Christi auf Erden. Im Schatten des Petersdoms, der über dem Grab des Apostels Petrus steht, wird bewusst: Hier ist eine mehr als tausend Jahre alte Tradition lebendig. „Tu es Petrus – Du bist Petrus, und auf diesem Felsen werde ich meine Kirche bauen.“ Das Jesuswort aus dem Matthäusevangelium steht in riesigen Buchstaben in der Kuppel der Basilika St. Peter. Dieser gewaltige Bau lässt ehrfürchtig werden.

Sara Seifen Foto: privatWie viele andere alte Steine in der ewigen Stadt: Kirchlein an jeder Ecke, deren Namen erinnern an Frauen und Männer, die trotz Christenverfolgung bis zum Tod an ihrem Glauben festhielten. An römische Kaiser, die das Christentum zur Weltreligion machten. An Christen, die die Botschaft Jesu in die westliche Welt brachten, deren Zentrum Rom war. Das, was Menschen hier über fast zwei Jahrtausende hinweg geschaffen haben, ist ein Zeugnis für Jesus Christus. Ein Zeugnis zum Anfassen für jede und jeden.

Denn Rom ist erreichbar: mit dem Bus, mit dem Zug, mit dem Flugzeug sogar in eineinhalb bis zwei Stunden. Steht man auf dem Petersplatz, wird die italienische Stadt zum Treffpunkt für die Weltkirche. Heute mehr denn je mit einem südamerikanischen Papst an der Spitze. Stimmenwirrwarr in allen Sprachen der Erde ist zu hören. Natürlich ist und bleibt Jesus Christus die Mitte unseres Christseins, die Quelle unseres Glaubens, aber ohne Rom und die Menschen dort hätte sich seine frohe Botschaft nicht weltweit ausgebreitet und gefestigt.

Sarah Seifen ist Volontärin der Kirchenzeitung.

 

PRO Jerusalem

Ein Witz: Ein Rabbi besucht den Papst im Vatikan. Nach einem guten Gespräch bittet der Rabbi darum, mit Gott telefonieren zu dürfen. Der Papst weist den Weg zum Telefon. Nach zwei Stunden legt der Rabbi auf und fragt, was er schuldig sei. Der Papst macht sich schlau und nennt den Preis fürs Telefonat: 3000 Euro. Der Rabbi zahlt ohne Murren. – Im Jahr darauf folgt der Gegenbesuch in Jerusalem. Nach dem vertrauten Gespräch bittet diesmal der Papst darum, das Telefon nutzen zu dürfen, um mit Gott zu telefonieren. Zwei Stunden später fragt er nach der Rechnung. „Ist kostenlos“, antwortet der Rabbi. „War ja ein Ortsgespräch!“

Joahnnes Becher, Foto: privatNur ein Witz? Für mich steckt viel Wahrheit darin. In Jerusalem hat mein Gott Wohnung genommen: „Gelobt sei der Herr aus Zion, der zu Jerusalem wohnt! Halleluja!“ (Psalm 135). Diesen Ort liebt Gott mehr als alle anderen: „Der Herr liebt seine Gründung auf heiligen Bergen, die Tore Zions mehr als alle Stätten Jakobs. … All meine Quellen entspringen in dir.“ (Psalm 87)

Hier lässt sich bis heute der Atem Gottes spüren – und das gleich in mannigfach entfalteter Weise – in drei Weltreligionen. Kurz: Lieber eine Audienz beim Herrgott in Jerusalem als bei seinem Stellvertreter im Vatikan.
Ein Besuch in Al Quds, der Heiligen, wie die Araber ihre Stadt nennen, ist immer auch eine Solidaritätsadresse für das kleiner werdende Häuflein der hier lebenden Christen. Sie sind Nachkommen der „Originale“, der ersten Christus-Zeugen, der Urgemeinde. Hier ist die „Mutterpfarrei“ aller Christen. Wenn das Christentum hier ausstirbt, dann trocknet seine Quelle aus. Dann ist es ein kurzer Weg zum christlichen Disneyland: Museumsbesuche an einstmals lebendigen Schauplätzen christlicher Exis-tenz. Deshalb: Jetzt hinfahren, Solidarität zeigen und auftanken an den Kraftorten des Ursprungs.

Johannes Becher ist Redaktionsleiter der Kirchenzeitung.