Ökumenische Versammlung in der DDR vor 30 Jahren

Die Ziele sind nicht überholt

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Prominente Christen aus Ost- und Westdeutschland erinnern in einem Aufruf an die Ökumenische Versammlung in der DDR, die vor 30 Jahren zu Ende gegangen ist. Viele Probleme seien weiter ungelöst.

Vor 30 Jahren ging die Ökumenische Versammlung in der DDR zu Ende. Prominente Christen haben aus diesem Anlass einen Aufruf mit dem Titel „Ein Zukunftsversprechen, das noch einzulösen ist“ veröffentlicht. | Foto: kna
 
Unter dem Titel „Ein Zukunftsversprechen, das noch einzulösen ist“ haben 27 prominente Christen aus Ost- und Westdeutschland an die „Ökumenische Versammlung“ von 1988/89 in der DDR erinnert. „Der zeitliche Abstand zu 1989 und der anschließende System-Wechsel verbieten es, die Antworten der Ökumenischen Versammlung von 1989 einfach auf die Situation von 2019 zu übertragen“, heißt es in dem in Berlin verbreiteten Aufruf. Es müsse aber gefragt werden, „ob nicht die sich verschärfenden weltweiten Überlebenskrisen eine neue Wertschätzung für die Grundüberzeugungen der Ökumenischen Versammlung von 1989 geradezu herausfordern“.
Die Unterzeichner bekräftigen die damals formulierten Verpflichtungen, für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung einzutreten. Die Ökumenische Versammlung, die vor 30 Jahren in der DDR zu Ende ging, habe mit ihren Forderungen nach demokratischen Reformen zur Friedlichen Revolution und zum politischen Umbruch wesentlich beigetragen. In dem Aufruf wird betont, die Ziele der Ökumenischen Versammlung seien „nicht überholt“. Angesichts globaler Krisen und Konflikte, neuer Aufrüstung und sozialer Ungleichheit bedürften sie heute noch größerer Entschiedenheit. „30 Jahre später müssen wir feststellen: Die menschengemachten Probleme der globalen Welt – Armut, Hunger, Ausbeutung, Klimawandel, Flucht, Gewalt und Krieg – sind weiter ungelöst. Sie sind 2019 um ein Vielfaches komplizierter, bedrohlicher und schwerer politisch zu bearbeiten.
Die Ökumenische Versaqmmlung sei durch die politischen Veränderungen in der DDR 1990 nicht „überholt“: „Inzwischen fragen sich immer mehr Menschen in den Neuen Bundesländern, ob ihre Einwanderung in den neoliberalen Kapitalismus der Bundesrepublik das Ziel dieser gewaltfreien Revolution gewesen sein kann. Die sich immer weiter öffnende Schere in unserer Gesellschaft zwischen Gewinnern und Verlierern, die die einen arm und die anderen immer reicher macht, ist ein Skandal, auch wenn er mit dem Etikett ,marktkonforme Demokratie‘ kaschiert wird. Das Gift des Populismus und Nationalismus breitet sich aus. Wir können nicht die Errungenschaften der Freiheit preisen, ohne ihre Verirrungen beim Namen zu nennen.“
Zu den Unterzeichnern gehören Vertreter der kirchlichen Friedensbewegung in der DDR wie Heino Falcke, Joachim Garstecki, Hans und Ruth Misselwitz und Friedrich Schorlemmer sowie die Westdeutschen Konrad und Elisabeth Raiser, Magdalene Bußmann und Norbert Mette. Sie stellen sich ausdrücklich hinter den Aufruf von 74 europäischen Organisationen und Institutionen vom 4. Februar „Rettet das Friedensprojekt Europa“.
 
Teil eines weltweiten Prozesses
Die „Ökumenische Versammlung der Christen und Kirchen in der DDR“ stand im Zusammenhang mit dem weltweiten konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, der Mitte der 1980er Jahre initiiert worden war. In der DDR regte 1986 der Stadtökumenekreis Dresden einen landesweiten Vorbereitungsprozess an. Träger war die Arbeitsgemeinschaft der Christlichen Kirchen in der DDR, der 19 Kirchen und Gemeinschaften angehörten, darunter auch die katholische Kirche. Vor dem ersten Treffen im Februar 1988 in Dresden – die zweite Vollversammlung war im Oktober 1988 in Magdeburg, die dritte 1989 wieder in Dresden – gingen mehr als 10 000 Vorschläge ein, die in zwölf Beschlüssen ihren Niederschlag fanden.
 
(kna/tdh)