Diakonenweihe vor 50 Jahren

Ein doppeltes Jubiläum

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Johanna und Diakon Günther Nerger
Nachweis

Edmund Deppe

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Fast täglich führt der Weg von Johanna und Günther Nerger in den Dom. Dabei machen sie immer Station bei der Schmerzhaften Mutter Gottes.

Vor 50 Jahren wurden mit Julius Nitsche, Günther Nerger und Günther Hauke die ersten ständigen Diakone im Bistum Hildesheim geweiht. Von ihnen kann Günther Nerger am 15. September sein Goldenes Weihejubiläum begehen.

In der frühen Kirche war der Diakon Bindeglied zwischen Gemeinde und Bischof. Er informierte ihn über die Vorgänge vor Ort und war an der Gemeindeleitung besonders hinsichtlich der Armenfürsorge beteiligt.  Priester gab es nur wenige, die Verantwortung ruhte oft auf den Schultern des Diakons.

 
Ab dem 5. Jahrhundert verkümmerte der Diakonat und wurde in der Westkirche nach und nach zu einer bloßen Durchgangsstufe auf dem Weg zum Priestertum.


Das Konzil von Trient versuchte Mitte des 16. Jahrhunderts dem Diakonat wieder mehr Gewicht zu geben, aber erst das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965)  schaffte die Möglichkeit, den Ständigen Diakonat wieder als eigenständiges Amt einzuführen.  
Bereits 1968 wurden im Erzbistum Köln und im Bistum Rottenburg-Stuttgart die ersten Ständigen Diakone geweiht. Andere Bistümer wie Hildesheim zogen nach. Günther Nerger (86) erinnert sich: „Damals arbeitete ich im Jugendamt im Bischöflichen Generalvikariat in Hildesheim. Bischof Heinrich Maria kam auf mich zu und fragte, ob das nicht etwas für mich sei.“ 


Ebenso wurden die Gemeinden aufgerufen, zu überlegen, ob jemand aus ihrer Mitte geeignet sei, dieses Amt zu übernehmen.
Günther Nerger, ein gebürtiger Breslauer, war nach dem Krieg in Borsum gelandet, war dort Ministrant und interessierte sich für Liturgie. „Da fiel mir die Entscheidung nicht schwer, denn der Diakon hat einen festen Platz in der Liturgie, in der Messfeier oder auch in anderen Gottesdienstformen. Nicht zuletzt darf er Trauungs- und Taufgottesdienste  leiten“, erzählt Nerger.


Auch seine Frau Johanna (88)erinnert sich noch gut an diese Zeit. „Als Frau wurden wir von offizieller Seite damals gar nicht gefragt, ob wir damit einverstanden sind, dass der Ehemann Diakon werden will. Aber miteinander haben wir viel darüber geredet – und ich war einverstanden.“ Die gelernte Krankenschwester hat ihren Mann auf dem Wohldenberg kennengelernt, waren doch beide in der katholischen Jugendarbeit aktiv. „Einen Alleingang meinerseits hätte es nicht gegeben. Meine Frau hat die Entscheidung für den Diakonat mitgetragen. In den vielen Jahren hat sie mir den Rücken frei gehalten, hat sich um unsere Kinder und den Haushalt gekümmert und war oft erste Ansprechpartnerin, wenn Leute aus der Gemeinde etwas von mir wollten“, betont Günther Nerger. Im Januar war das Ehepaar 60 Jahre verheiratet. 


Zwischen der Entscheidung für den Diakonat und der Weihe lag eine theologische Ausbildung. „Insgesamt waren wir zu dritt auf dem Weg, alle berufstätig: Julius Nitsche war pensionierter Lehrer in Clausthal-Zellerfeld, Günther Hauke wohnte in Northeim und war Agraringenieur und ich arbeitete im bischöflichen Jugendamt. Wir nahmen am Fernstudium für Theologie in Würzburg teil und trafen uns regelmäßig im Studienzirkel im Jakobushaus mit Professor Joop Bergsma. Zu dem wir, auch als Familie, ein sehr freundschaftliches Verhältnis hatten“, erzählt Nerger.


Am 15. September 1973 wurden die drei ersten ständigen Diakone  für das Bistum Hildesheim im Dom geweiht. „Da ich der Kleinste war, haben die beiden anderen gesagt, du wirst als erster geweiht“, sagt Nerger schmunzelnd. 


Während Julius Nitsche als Pensionär das Diakonenamt in seinem Heimatort versah, arbeiteten Günther Hauke und Günther Nerger in ihrem Zivilberuf weiter. „Das änderte sich bei mir 1976. Nach drei Jahren im Zivilberuf wurde ich hauptberuflicher Diakon in Heilig Kreuz in Hildesheim. 1988 folgte der Wechsel in die Pfarrgemeinde Unbefleckte Empfängnis Mariä in Einum, 1992 kam dann St. Martinus in Achtum hinzu. Und als Aushilfe war ich noch für Bavenstedt eingeplant.“ „Es war eine sehr schöne und erfüllte Zeit“, findet das Ehepaar Nerger, das fünf Kinder und inzwischen acht Enkelkinder hat. 


Standen am Anfang der Diakonenzeit noch die Liturgie, Sakramentenspendung, Vorbereitung für Erstkommunion und Firmung sowie Beerdigungen im Vordergrund, kamen schnell neue Aufgabenfelder im sozial-caritativen Bereich hinzu. „Das Bild des Diakons hat sich im Laufe der Jahre verändert. Denn die Diakone sollen Sorge für die Mitglieder der Gemeinde, besonders für die Alten, Kranken, Schwachen und Ausgegrenzten haben. Es geht darum, die Verbindung von Gottes- und Nächstenliebe im Blick zu behalten“, sagt Nerger und seine Frau ergänzt: „Für meinen Mann waren Hausbesuche ganz wichtig, der direkte Kontakt zu den Gemeindemitgliedern. Dazu gehörte auch die regelmäßige Krankenkommunion ebenso die Organisation von Altennachmittagen. Arbeit gab es immer reichlich und wenn ich konnte, habe ich geholfen und bin zum Beispiel auch mit auf Kommunionfreizeit gefahren.“
Johanna Nerger freut sich, dass heute, bevor jemand zum Diakon geweiht wird, auch die Ehefrau offiziell mit in den Entscheidungsprozess eingebunden ist. „Ganz deutlich wird dies bei der Weihezeremonie, wo heute die Ehefrau gefragt wird, ob sie mit diesem Schritt des Ehemannes einverstanden ist“, sagt sie.


Eingebunden sind Nergers in die Diakonengemeinschaft des Bistums. Es gibt Diakonenkreise, in denen sich die Diakone und ihre Frauen regelmäßig treffen. Der Hildesheimer Diakonenkreis mit seinem Mentor Weihbischof Nikolaus Schwerdtfeger war der erste, weitere bildeten sich später in anderen Regionen des Bistums. „Gerade für mich als Ehefrau ist es wichtig, dort die anderen Frauen zu treffen und unsere Erfahrungen untereinander auszutauschen“, betont Johanna Nerger.


Im Dezember 2001 zogen Günther Nerger und seine Frau an den Hildesheimer Domhof. Bis Ende des Jahres versah er noch seinen Dienst in Einum und Achtum, danach ging es in den Ruhestand vom Vollberuf. Aber bis zu seinem 75. Geburtstag versah Nerger seinen Dienst als Diakon im Mariendom und feierte einmal im Monat Gottesdienst im Michaelis-Altenpflegeheim. „Das habe ich bis zur Coronapandemie gemacht, aber jetzt bin ich komplett im Ruhestand.


Fragt man Nerger, was für ihn als Diakon besonders wichtig ist, fällt ihm die Antwort nicht schwer: „Die Unterstützung durch meine Frau, das tägliche Gebet und die Gemeinschaft der Diakone. Einmal im Jahr treffen wir uns alle auf dem Pferdeberg in Duderstadt. Da stehen Austausch, Begegnung und thematische Arbeit im Vordergrund. Diese Verbindung, die Gemeinschaft der Diakone untereinander ist für uns und unsere Arbeit wichtig“, sagt Günther Nerger, der dienstälteste Diakon im Bistum Hildesheim.

 

Zur Sache

Diakone im Bistum Hildesheim


Im Bistum gibt es 96 Ständige Diakone. 12 sind als Diakone im Vollberuf tätig. Neben ihren Aufgaben in Verkündigung und Liturgie arbeiten sie vor allem mit Schwerpunkt im sozial-caritativen Bereich. Die Erfahrungen hieraus sollen sie auch in der Gemeindearbeit sichtbar werden lassen.
41 Diakone bestreiten ihren Lebensunterhalt aus ihrem Zivilberuf. Sie sollen ihre sozial-caritative Haltung im Beruf und im Alltag leben. Manche Arbeitgeber stellen ihnen Zeit zur Verfügung, in der sie seelsorglich im Betrieb arbeiten können. Und sie sind in der Seelsorge ihrer Pfarrgemeinde eingebunden. Dieser Dienst ist vom Umfang her vergleichbar mit Ehrenamtsarbeit. 
13 Diakone haben ihr aktives Berufsleben hinter sich und sind aktiv vor Ort als Diakon in die Arbeit ihrer Pfarrgemeinde eingebunden.
30 Diakone sind über 75 Jahre alt und befinden sich „komplett“ im Ruhestand. Soweit sie noch können engagieren sie sich in ihren Gemeinden und übernehmen Vertretungen. Ein Mann bereitet sich zurzeit auf den Ständigen Diakonat vor, vier befinden sich in der Interessentenzeit vor der eigentlichen Ausbildung. (ed)

Edmund Deppe