Auf ein Wort

Ein Gnadenjahr für heute

Der Papst hat ein Heiliges Jahr verkündet und auch Jesus rief einst in seiner Heimatstadt ein "Gnadenjahr des Herrn" aus. Beides ist verbunden mit der Idee eines Erlassjahres. Doch was heißt das?

Bei der Verkündigung des Heiligen Jahres hat Papst Franziskus nachdrücklich zu einem Schuldenerlass aufgerufen. Dabei knüpft er an die Idee des Erlassjahres an, das in der Tradition Israels ein revolutionärer Gedanke war: In diesem Jahr sollen jedem seine Schulden erlassen werden; es soll zu einer gerechten Umverteilung des Bodens kommen, zur Aufhebung der Schuldsklaverei, zur Beendigung aller sozialen Gegensätze. Und das alles, weil das Volk sein Land von Gott zur Verwaltung, nicht aber zum Eigentum anvertraut bekommen hat; das Volk ist Pächter, Gott ist Eigentümer (vgl. Levitikus 25,8–31). 

Verständlicherweise stieß die Idee des Jubeljahres bei den Begüterten nicht auf große Gegenliebe, so dass es nur selten praktiziert wurde. Jesus aber knüpft an diese Idee an, wenn er in seiner Heimatstadt Nazaret „das Gnadenjahr des Herrn“ verkündet. Durch gute Nachrichten, durch Entlassung in die Freiheit, durch neue Perspektiven in aussichtslosen Situationen soll es sich auszeichnen.

Ausdrücklich betont Jesus in seiner Predigt, dass sich dieses Wort heute ganz konkret bei seinen Zuhörern erfüllt. Das sind an diesem Sonntag wir, so dass ich mich frage: Was lässt mich aufatmen, was tut mir gut, so dass ich wieder jubilieren kann? Wo braucht es mein befreiendes Wort, mein offenes Ohr, meine ausgestreckte Hand, so dass jemand heil werden kann?

Wenn auf diese Fragen dann noch Taten folgen, bleibt das Heilige Jahr nicht nur eine schöne Idee, sondern erfüllt sich heute ganz konkret.

Johannes Eckert