Kongress zur Prostitution fordert Verbot nach nordischem Modell

Ein Problem, das niemand sehen will

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Prostitution ist demütigend und entmenschlichend: Ein Kongress forderte ein Verbot nach dem nordischen Modell.

 

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Kämpft seit Jahrzehnten für Frauenrechte und ein Verbot der Prostitution: Solwodi-Gründerin Lea Ackermann
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Die Frau, die am Ende ihres Vortrags stehende Ovationen ernten wird, hätte vielleicht nie geglaubt, jemals so vor anderen Menschen zu sprechen. Nicht in ihrem früheren Leben. Es ist Sandra Norak von der Menschenrechtsorganisation "Sisters e.V. - für den Ausstieg aus der Prostitution". Sechs Jahre lang war sie selbst Prostituierte, nachdem ein Mann, der vorgab, sie zu lieben, sie gezwungen hatte, in einem Flatrate-Bordell zu arbeiten.

Noraks Schicksal ist das von hunderttausenden Frauen in Deutschland, für die sich die 350 Teilnehmer aus 20 Ländern einsetzen, die von Dienstag an zum dritten Weltkongress gegen sexuelle Ausbeutung von Frauen und Mädchen nach Mainz gekommen sind. "Für viele, oft osteuropäische Mädchen und Frauen ist Deutschland das Land, in das sie voller Hoffnung und Träume kommen. Und in dem sie dann sterben. Seelisch, oder durch Gewalt, Alkohol und Drogen, um das alles ertragen zu können", sagt Norak. "Unter anderem dieses Bild verbirgt sich hinter Deutschlands liberaler Gesetzgebung zur Prostitution."

Die deutsche Gesetzgebung, die Prostitution legalisiert, sei einer der "Pushfaktoren" der Prostitution und des Menschenhandels. Das Milieu werde in Deutschland überwiegend als "Job wie jeder andere" angesehen, es werde nicht als kriminell eingestuft.

"Hätte der Staat mir damals suggeriert, dass Prostitution gefährlich und eine Verletzung der Menschenwürde ist, dann hätte dieser Menschenhändler es schwerer gehabt, mich in die Prostitution zu bringen, weil ich gewarnt gewesen wäre", so Norak. Dass Prostituierte angeblich freiwillig handelten, ändere nichts daran, "dass sie zum Objekt degradiert werden und einer permanenten Demütigung und Entmenschlichung" ausgesetzt seien. Dies sei ein Grund, warum viele Menschen in der Prostitution blieben: "Man hat sie dort oder schon durch Gewalt gebrochen. Man hat ihnen ihre Würde, ihr Menschsein genommen", sagt die 29-jährige. Sie hat den Ausstieg geschafft, studiert Jura, will Opferanwältin werden.

Ausrichter des Kongresses sind die Frauenrechts- und Hilfsorganisation Solwodi (Solidarity with Women in Distress), die Dachorganisation CAP (Coalition Abolition Prostitution) und der Verein des Mainzer Mediziners Gerhard Trabert, "Armut und Gesundheit".

Ziel des Kongresses sei, "das Verbrechen der Prostitution zur Sprache zu bringen", so Solwodi-Gründerin Schwester Lea Ackermann. Alle drei Organisationen fordern von der Politik die Einführung des "nordischen Modells", also ein Verbot der Prostitution. "Deutschland ist mit seiner liberalen Gesetzgebung zum Bordell Europas geworden", so Ackermann. Länder wie Island, Irland, Frankreich, Schweden und Norwegen haben ein Sexkaufverbot bereits vor Jahren eingeführt, Schweden etwa 1999.

 

"Jeder Mensch ist unendlich wertvoll und nichts, was verkauft werden darf"

Unter den Teilnehmerinnen des Kongresses sind auch viele Frauen, die wie Norak selbst in der Prostitution tätig waren. Am ersten Kongresstag trafen sie sich zu einer Kundgebung in der Mainzer Innenstadt. Zur Eröffnung in der Universität ist am Mittwoch auch der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf gekommen: "Ich bin stolz, dass dieses Treffen in Mainz stattfindet. Jeder Mensch ist unendlich wertvoll und nichts, was verkauft werden darf. Darum wünsche ich dem Kongress eine große Öffentlichkeit."

Frauen werde suggeriert, dass sie in der Prostitution sexuell selbstbestimmt seien und viel verdienen könnten, kritisierte die Publizistin Alice Schwarzer. Das habe in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die Prostitution ein feministisch-selbstbestimmtes Image erhielt. Tatsächlich lebten viele Prostituierte jedoch in "totalem Elend". Bei der Prostitution gehe es nicht um Sex, "sondern um Macht, die Männer sich erkaufen. Wir alle gucken weg, wir wollen es nicht wahrhaben."

Die Erfurter Professorin für christliche Sozialethik, Elke Mack, forderte wie weitere Redner das Verbot der Prostitution: Da die aktuellen deutschen Gesetze zur Prostitution nicht wirkten, müsse "der Personenschutz Vorrang haben vor der sexuellen Freiheit" der Freier. Mack rief Politiker dazu auf, das System der Prostitution zu entlarven, "auch in den eigenen Parteien und Ministerien". Sie fügte hinzu: "Wir sollten über eine Verfassungsklage nachdenken."

kna