Die neue Weihnachtsbriefmarke der Post zeigt ein Glasfenster aus St. Katharina in Bad Soden
Eine Marke und die Folgen
Da entdeckt eine Hofheimerin eher zufällig die Schönheit der Kirchenfenster von St. Katharina in Bad Soden, macht ein Foto – und plötzlich ist das Motiv, eine Darstellung der Geburt Jesu, Millionen Mal in Deutschland auf Weihnachtspost unterwegs.
„Das ist uns regelrecht in den Schoß gefallen und hat echt Wellen geschlagen“, sagt Pfarrer Alexander Brückmann. Pfarrei und Bistum hätten „natürlich die Chance erkannt, dass wir damit etwas machen können.“ Das sei gerade in diesem Corona-Jahr gut, um Zeichen der Verbundenheit zu setzen. Die Krippenszene aus dem Kirchenfenster, die der Glasmaler Johannes Beeck (1927 bis 2010) geschaffen hat, hängt jetzt an ungezählten Fensterscheiben in Kitas und Wohnhäusern nicht nur in Bad Soden. Das Fensterbild zum Ausmalen sei ebenso „ein echter Renner“ geworden wie das durchscheinende Kärtchen, das zum Windlicht zusammengesteckt werden kann. „Wir haben es an alle rund 3000 Gemeindemitglieder über 80 Jahre im Pastoralen Raum Main-Taunus Ost verschenkt. Und ständig kommen neue Anfragen, ob es davon noch welche gibt“, berichtet der Pfarrer.
Etliche E-Mails mit Anfragen nach den Öffnungszeiten der Kirche haben die Pfarrei zudem erreicht. „Von wer-weiß-wo in Deutschland haben sich Menschen gemeldet, die unsere Kirche besuchen wollen.“ Der Küster habe das große Interesse zum Anlass genommen, den Teil des riesigen Kirchenfensters, der die Wohlfahrtsmarke ziert, extra von innen her zu beleuchten. „So sieht man es von der Dämmerung an gleich von außen, wenn man zur Kirche kommt“, sagt Brückmann.
Dass auch das Bistum Limburg und der Bezirk Main-Taunus das Sodener Krippenbild als Motiv für ihre diesjährige Weihnachtskarte gewählt haben und die Dreifach-Faltkarte mit einem Text von Bischof Georg Bätzing ergänzt wurde, freut die Sodener natürlich. „Unser Fenster ist so irgendwie das Bild für alles geworden in diesem Jahr“, meint Pfarrer Brückmann schmunzelnd.
Auch ökumenisch wird es genutzt, gemeinsam mit den evangelischen Kirchengemeinden haben die Sodener Katholiken einen Weihnachtsgruß an alle Haushalte gegeben, in dem das Bild enthalten ist. Die Marke selbst wird in den Pfarrbüros im gesamten Pastoralen Raum selbstverständlich ebenfalls eifrig auf Briefe geklebt.
Vom Bundesfinanzminister, Herausgeber der Marke, hat Brückmann selbst Post bekommen. „Er hat mir 100 Exemplare der Schmuckkarte geschickt, die es nur direkt von ihm gibt“, erzählt der Pfarrer, der gebeten worden war, dafür einen Geleittext zu verfassen.
Der Bezirksdekan für den Main- Taunus, Klaus Waldeck, hat sich als Briefmarkensammler den Ersttagsbrief besorgt, der sogar das gesamte Portalfenster zeigt. „Sehr gelungen“, lautet sein fachmännisches Urteil über die Marke selbst, die der Designer Kym Erdmann entworfen hat.
Dass sie – anders als die Sondermarken ohne Zuschlag – ein eindeutig christliches Motiv nutze, könne er nur begrüßen, sagt Waldeck. Und dass eine Hobby-Fotografin, die nach eigenem Bekunden mit Kirche und Christentum nichts am Hut hat, die Welle ins Rollen gebracht hat, auf der nun auch die Kirche surft, ist nicht nur in Waldecks Augen ein Beispiel dafür, dass es manchmal den Blick von außen brauche. Was Menschen, die nicht täglich mit Kirche zu tun hätten, so wahrnehmen, „das ist immer spannend“, sagt der Bezirksdekan.
Und was sagt der Marken-Designer Erdmann? „Mir gefällt das Fenster, weil es nicht so prunkvoll entworfen ist. Es ist klar und direkt. Heimelig. Insofern passt die Marke doch gut zu 2020.“
Zur Sache: Werbetrommel rühren
Die Weihnachts-Wohlfahrtsmarke hat dem großen Portalfenster von St. Katharina zu einiger Prominenz verholfen. Und das kommt für die Pfarrei St. Marien und St. Katharina wie gerufen. Denn in jüngster Zeit gab es nicht nur immer wieder mutwillige Beschädigungen der Buntglas-Scheiben, bei deren aufwändiger Reparatur ist auch aufgefallen, dass das Fenster des Glasmalers Johannes Beeck, das aus 13.000 Glasstücken besteht, insgesamt eine Sanierung benötigt. Die Experten hätten nach einer ersten Begutachtung geraten, die gesamte Fassade in Ordnung zu bringen, sagt Hans Schaefer vom Verwaltungsrat der Pfarrei. Auf 150 000 Euro beläuft sich eine erste Kostenschätzung. Nun hoffen die Verantwortlichen, dass die neue Prominenz des farbenfrohen Portal-Fensters, das in 59 Feldern biblische Motive zeigt, Menschen zum Spenden animiert. „Dafür müssen wir jetzt die Werbetrommel rühren“, sagt Schaefer. (babs)
Dieser Artikel ist Teil der Extra-Ausgabe zu Weihnachten 2020, die Sie hier herunterladen können.