Bischof Georg Bätzing unterstützt Ökumene-Papier
Einladung ist möglich
Ist die wechselseitige Teilnahme am Abendmahl und an der Eucharistie schon beim Ökumenischen Kirchentag 2021 erlaubt? Das ist eine zentrale Hoffnung im neuen Theologen-Dokument „Gemeinsam am Tisch des Herrn“. Von Johannes Becher.
Wenn zu einer Pressekonferenz mehr kirchliches Personal anrückt als Journalisten, dann ist Gewichtiges zu erwarten. Jedenfalls aus kirchlicher Insidersicht. Was in weltlichen Medien kaum noch verstanden wird, sorgt innerhalb des bekennenden Kerns durchaus für Erregung. Und ein neues Ökumene-Dokument hat solche Sprengkraft. Denn eine überkommene Praxis wird als wissenschaftlich nicht länger tragbar gekennzeichnet. Zugleich wird ein begründetes Plädoyer für ein „Anders“ ausgesprochen.
Oft wird im ökumenischen Gespräch betont, man wolle nicht länger das Trennende hervorheben, sondern sich „auf die Suche nach dem Einenden begeben“. So sagt es auch Martin Hein. Der scheidende Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck ist auf evangelischer Seite der bischöfliche Vorsitzende des Arbeitskreises, der das neue Dokument verantwortet. Sein Urteil über die Studie: „Bahnbrechend“. Würde sie umgesetzt, wäre die Praxis verändert: Protestanten würden zur Kommunion eingeladen, Katholiken dürften zum Abendmahl gehen.
Zehn Jahre haben die Mitglieder des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen – des früheren Jaeger-Stählin-Kreises – an der Studie gearbeitet. Dorothea Sattler, Professorin für ökumenische Theologie in Münster, ist auf katholischer Seite die wissenschaftliche Vorsitzende. Sie erinnert an die Motivation der Wissenschaftler: „Es widerspricht dem Glauben an die im Christus-Ereignis geschenkte Versöhnung, wenn es Zwietracht zwischen den Kirchen gibt.“ Die Theologen haben deshalb gründlich geforscht, vorhandene Dokumente aus vergangenen Jahrzehnten sind gewürdigt worden.
Neu an diesem Dokument ist die breite bibelwissenschaftliche Argumentation und vor allem eine historische Aufarbeitung der Liturgieformen in der frühen Kirche. Neu ist auch, dass die Theologen es nicht bei der Analyse belassen, sondern ein Votum für eine zu verändernde Praxis formulieren.
Darin geht es den Theologen nicht darum, einer gemeinsamen Feier des Abendmahls das Wort zu reden. Es geht um eine gegenseitige Einladung zur jeweiligen Kommunion der anderen. Die bestehenden liturgischen Formen der Konfessionen sollten respektiert werden. Wissenschaftliche Begründung dafür: auch in der Urkirche habe es – entgegen lange behaupteter These – keine alleinige Form des Feierns gegeben, sondern eine Vielfalt.
Bätzing stellt sich auf engagierte Widerrede ein
Limburgs Bischof Georg Bätzing unterstützt das Votum. Die Ergebnisse der Studie seien eine „Zumutung von theologischer Erkenntnis“. Für ihn ist die gegenseitige Einladung zum Mahl der anderen Konfession „entscheidungsreif“. Nun gehe es darum, „eine würdigende Aufnahme durch das Lehramt der Kirche“ zu erwirken, sagt Bätzing. Er stellt sich auf engagierte Widerrede ein. Doch er sagt: „Das Einzige, was ich mir in dem nun beginnenden Diskussionsprozess nicht vorstellen kann, ist ein apodiktisches: so nicht! Dann werde ich zurückfragen: Wie denn dann? Wie denn anders?“
Bätzing hofft darauf, dass die vorliegende Studie „bereits mit Blick auf den Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt 2021 zu einer solide begründeten und zugleich vorsichtig verantwortbaren Öffnung der bisherigen Praxis beiträgt“.
Zitiert: Begründet und pastoral geboten
„Der Ökumenische Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen betrachtet die Praxis der wechselseitigen Teilnahme an den Feiern von Abendmahl/Eucharistie in Achtung der je anderen liturgischen Traditionen als theologisch begründet. Sie ist insbesondere in der Situation konfessionsverbindender Familien pastoral geboten. Sowohl im Blick auf den Einzelfall als auch auf die allgemeine Normgebung darf sich niemand mit den bisherigen Lösungen zufriedengeben. Ein solches Votum impliziert die Anerkennung der jeweiligen liturgischen Formen sowie der Leitungsdienste, wie sie von der feiernden Gemeinde vorgesehen sind, die im Namen Jesu Christi Getaufte anderer Konfessionen zur Mitfeier einlädt.“
Aus dem Dokument „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ des ökumenischen Arbeitskreises von Theologen.
Statement von Bischof Georg Bätzing im Wortlaut.
Meinung: Jetzt Bischof Bätzing den Rücken stärken
Wahrlich, es sind veränderte Zeiten in der Kirche. Vielerorts wird ausgesprochen, was jahrelang lediglich gedacht wurde. Vorbei sind die Zeiten, in denen eine aufflammende Diskussion einfach zurück in die Schweige!-Schublade geschoben wurde. Der Mut solch öffentlicher Rede – bevor alles lehramtlich unter Dach und Fach ist – hat längst auch die bischöflichen Büros erreicht: Limburgs Bischof Georg Bätzing hat sich gerade einem „Votum“ von Theologen angeschlossen (siehe Seite 2), die eine gegenseitige Einladung der Konfessionen zum Abendmahl fordern. Die theologische Erkenntnis sei so offensichtlich, dass die Zeit reif sei für diese Entscheidung. Bätzing wird Gegenwind bekommen. Da braucht er viel Rückendeckung von allen ökumenisch Bewegten. Damit aus einem sehr guten Papier bald eine gute Praxis wird.
Von Johannes Becher.