Fachtag für Mitarbeiter

Ernsthafter Dialog mit den Betroffenen

Image
Pater Hans Zollner SJ
Nachweis

Foto: privat

Caption

Pater Hans Zollner SJ

Interview mit Pater Hans Zollner SJ, Leiter des „Institutes für Anthropologie – Interdisziplinäre Studien zur Menschenwürde und zur Sorge für Schutzbefohlene“ an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom.

Warum halten Sie einen Fachtag wie in Mainz für die Mitarbeitenden eines Bistums, Ehrenamtliche wie Hauptamtliche, für sinnvoll?

Der Fachtag trägt ja das Motto „Von der Konzeption ins Leben“. Konzepte müssen sich am Leben messen lassen. Wo könnte dies besser geschehen als in der Vernetzung derjenigen, die sich für eine würdige und lebenswerte menschliche Existenz einsetzen? Eine so komplexe Aufgabe wie der Kampf gegen sexualisierte Gewalt kann nur gelingen, wenn sie als transparente, gemeinschaftliche Aufgabe verstanden wird und man gegenseitig im Gespräch bleibt. Dazu leistet ein solcher Fachtag einen wichtigen Beitrag.

Was können Mitarbeitende tun, um ihr Bistum bei Aufarbeitung, Intervention und Prävention zu unterstützen?

Neben der Transparenz in der Kommunikation und im Handeln ist es wichtig, dass man sich verbindlich miteinander abstimmt und sich jederzeit wechselseitig erklären kann. Wir alle können an unserer Stelle und aus unserer jeweiligen Perspektive dazu beitragen, dass Konzepte und Regelungen in diesen Bereichen wirklich verinnerlicht und umgesetzt werden. Jede und jeder sind hierfür verantwortlich – an der jeweiligen Stelle und im entsprechenden Grad der Verantwortlichkeit. Alle können sich wechselseitig unterstützen und bestärken und sind sich auch gegenseitig Rechenschaft schuldig, wie sie sich für die Würde und Sicherheit verletzter oder schutzbefohlener Menschen einsetzen. Safeguarding bedeutet, alles in meiner Möglichkeit stehende zu tun, damit Menschen in sicheren Beziehungen, Prozessen und Räumen leben können.

Welche Haltung sollten Mitarbeitende pflegen, um dem Thema gerecht zu werden?

Ich denke im Kern geht es darum, dass wir offen sind für das Erleben, die Anliegen und die eigentlichen Bedürfnisse der Betroffenen. Konzepte als reiner Selbstzweck oder Leitlinien als bloße Erfüllung von Vorgaben helfen niemandem. Konzeptionen und Regelungen brauchen die Beteiligung derer, für die sie gemacht werden. Und nur eine diesbezügliche Haltung macht den Unterschied aus und füllt beides mit Leben.

Beim Fachtag gab es auch einen Workshop mit dem Titel „Unabhängig aufarbeiten?“. Was ist Ihre Antwort?

Unabhängigkeit bei der Aufarbeitung bedeutet, auf das Geschehene ehrlich und objektiv zu schauen. Für das Bistum bedeutet es, den Blick von außen zuzulassen. Ohne diesen kann es keine ernsthafte und ehrliche Aufklärung und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt geben. Unabhängig aufarbeiten bedeutet daher die Zusammenarbeit mit dem Rechtsstaat und das Anerkennen seiner gesetzlichen Vorgaben, bedeutet die Expertise von außen, bedeutet den ernsthaften Dialog mit der Gesellschaft, vor allem aber mit den Betroffenen.

Interview: Anja Weiffen