Umbau und Sanierung der St. Hedwigs-Kathedrale

„Es geht um das Haus Gottes“

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Fünf Jahre nach Abschluss des Architekten-Wettbewerbs nehmen Umbau und Sanierung der St. Hedwigs-Kathedrale nun richtig Fahrt auf. Im Interview spricht Erzbischof Heiner Koch über den Stand des Projekts und offene Fragen.


 
Damit sie beim Umbau nicht beschädigt wird, wird die Klais-Orgel aus der Kathedrale ausgebaut. | Foto: kna/Kristian Barthen

Herr Erzbischof, am 30. Juni 2014 endete der Architekten-Wettbewerb zur Kathedrale, vor über zwei Jahren haben Sie Ihre Entscheidung zur Umsetzung des Siegerentwurfs bekannt gegeben. Wie kommen die Arbeiten voran?
 

Wir haben die Vorbereitungen so gut wie abgeschlossen, die denkmalrechtliche Genehmigung für die Umgestaltung, die Förderbescheide von Bund und vom Land Berlin liegen uns vor, wir haben eine Projektsteuerung ausgeschrieben und beginnen jetzt mit Vorbereitungs- und Sicherungsmaßnahmen. Als Erstes wird die große Klais-Orgel ausgebaut, damit sie keinen Schaden durch die Sanierung nimmt, gleichfalls stehen Untersuchungen auf Schadstoffbelastungen an. Es geht also wirklich los.
 
Zu dem Gesamtprojekt gehört auch der Umbau des benachbarten Bernhard-Lichtenberg-Hauses, in dem unter anderem pastorale Angebote und Versammlungsräume untergebracht sind. Wie konkret sind die Planungen dafür?
 
Das Haus soll ein Ort des Dialogs, der Caritas und der Gastfreundschaft werden, an dem Kirche erlebt werden kann. Dazu gab es im Rahmen des Architektenwettbewerbs für die Kathedrale bereits eine Reihe von Vorschlägen. Die Jury hatte darüber aber nicht entschieden, eine Ausschreibung ist also nötig und in Vorbereitung.
 
Sie haben angekündigt, im Bernhard-Lichtenberg-Haus wohnen zu wollen, warum?
 
Derzeit wohne ich in einem ehemaligen Pfarrhaus in Lichterfelde. Doch ich will – wie meine Vorgänger Kardinal Sterzinsky, Kardinal Meisner und Kardinal Bengsch – nahe an der Kathedrale wohnen. Das ist zwar nicht so schön grün, aber es ist der richtige Platz für den Erzbischof von Berlin.
Ich treffe diese Entscheidung also nicht nur für mich, sondern für das Erzbistum Berlin sowie meine Nachfolger. Im Bernhard-Lichtenberg-Haus nehme ich mehr am Leben in und um die Kathedrale teil und bin leichter ohne große Terminvereinbarungen ansprechbar. Wohnung, Büro und Empfangsräume möchte ich dort unter einem Dach haben. Wie das konkret aussehen wird, müssen wir noch sehen. Aber im Vergleich mit anderen deutschen Bischofsstädten wird es bescheiden bleiben.
 
Ist die Finanzierung des gesamten Projekts schon gesichert?
 
Für die Kathedrale sind 43 Millionen Euro veranschlagt, für das Lichtenberg-Haus 17 Millionen Euro. Die Zusagen dafür stehen. Das Erzbistum Berlin hat vor dem Hintergrund des deutlich erkennbaren Sanierungsstaus 20 Millionen Euro als Rücklagen gebildet, die anderen deutschen Erzdiözesen und Diözesen unterstützen die beabsichtigte Stärkung des Ortes im Bewusstsein der gewachsenen Bedeutung der Kathedrale für die katholische Kirche in ganz Deutschland mit 20 Millionen Euro, die Förderbescheide weisen Zusagen in Höhe von zwölf Millionen Euro vom Bund und acht Millionen Euro vom Land Berlin aus.
 
Inwieweit engagiert sich Kardinal Woelki als Initiator des Projekts in besonderer Weise noch dafür?
 
Es ist ihm ein Herzensanliegen. Ich spreche bei fast jeder Begegnung mit ihm darüber.
 
Was tun Sie, wenn unerwartete Kosten entstehen?
 
Wir werden in mehreren ­Bereichen bauen und zuerst das angehen, was dringend not­wendig ist, wie die Sanierung, auch die Sanierung der Kuppel. Für die Kostenkontrolle ist der Projektsteuerer zuständig.
 
Wo sind sie zu Änderungen am vorliegenden Architekturkonzept bereit, wenn das vorgesehene Geld nicht reicht?
 
Mir ist wichtig, dass wir liturgisch zu einer Verbesserung kommen, hier liegt die eindeutige Priorität.
 
Was werden Sie auf keinen Fall aufgeben?
 
Die Grundkonzeption, dass der Altar im Zentrum steht und sich die Gemeinde darum versammelt. Dass der Altar unterhalb der Kuppelöffnung steht und in einer Linie mit dem künftigen Taufort in der Unterkirche. Dort wird die Möglichkeit zur Feier von Wochentags-Gottesdiensten und zur Beichte geschaffen. Die Krypta wird weiterhin ein Ort des Gedenkens sein, an die dort bestatteten Bischöfe, an den seligen Dompropst Bernhard Lichtenberg, und andere Glaubenszeugen in beiden Diktaturen. Überdies soll der Eingangsbereich so gestaltet werden, dass die Kathedrale einladend wirkt, auch für Menschen, die nicht gläubig sind.
 
Trotz der Dialogveranstaltungen vor Ihrer Entscheidung zum Umbau hält die Kritik unter anderem von Denkmalschützern an. Haben Sie mit solchen Reaktionen gerechnet?
 
Ich habe großen Respekt vor den Überlegungen der Denkmalpflege und anderer Kritiker. Diese wissen allerdings auch, wie dramatisch und raumverändernd die damals ebenfalls äußerst kritisch bewerteten Eingriffe in den Bau durch Hans Schwippert waren.
Schon deshalb hatte ich erwartet, dass bei einer solchen Entscheidung, die immer Aspekte dafür und dagegen hat, auch auf die Argumente gehört wird, die wir für eine Umgestaltung vorbringen. Da hätte ich mir mehr Respekt vor der Entscheidung gewünscht, zumal sie auch von fast allen Bistumsgremien mitgetragen wird.
 
Hat Sie das in Ihrer Entscheidung für den Umbau angefochten?
 
Die Härte der Kritik hat mich erstaunt und manchmal auch erschüttert. Allerdings konnte ich damit rechnen. Bereits in den ersten Briefen nach meiner Ernennung zum Erzbischof von Berlin wurde mir gedroht, dass ich keine glückliche Stunde erleben würde, wenn ich am Ergebnis des Wettbewerbs festhalte.
 
Beim künftigen Umbau wird der Innenraum, den der Architekt Hans Schwippert vor 60 Jahren beim Wiederaufbau gestaltet hat, wesentlich verändert. Dagegen haben die damals beteiligten Künstler oder ihre Rechtsnachfolger vor dem Landgericht Berlin geklagt. Ist das Erzbistum bereit, ihnen entgegenzukommen?
 
Ich bedaure sehr, dass aktuell die Position der Gegner so verhärtet ist, dass ein Aufeinander-Zugehen für mich derzeit nicht wirklich im Bereich des Möglichen zu sein scheint.
 
Laut Dompropst Przytarski ist das bewegliche Kunstgut der bisherigen Ausstattung eingelagert worden. Zu welchem Zweck?
 
Im Rahmen der Vorbereitungsmaßnahmen müssen wir – wie bei allen Sanierungen üblich – alle Kunstwerke und eben auch die Orgel abbauen, sichern und einlagern. Sie können nicht in der Kathedrale verbleiben.
 
Käme für Sie museale Präsentation der bisherigen Kunstgegenstände, die nicht wieder in den Kirchenraum kommen, infrage, eventuell mit einem Modell der Schwippert-Architektur?
 
Wir bewahren kein Museum, für uns kann es nur um das Haus Gottes gehen, um einen Ort des Gebets, der Begegnung zwischen Gott und Mensch, einen Ort für die Feier der Liturgie, des Gottesdienstes und der Verkündigung. Dies tun wir als Kirche seit rund 2000 Jahren in einer sehr langen Kontinuität und Tradition. Nichts anderes machen wir in der St. Hedwigs-Kathedrale.
 
Interview: Gregor Krumpholz
 
Zur Sache: Kathedrale: Der aktuelle Stand
Mit dem Abbau der großen Klais-Orgel aus dem Jahr 1978 beginnen aktuell in der St. Hedwigs-Kathedrale die Vorbereitungs- und Sicherungsmaßnahmen für die angekündigte Sanierung und Umgestaltung. In der Folge würden weitere Kunstwerke gesichert und Untersuchungen zur Schadstoffbelastung vorgenommen, heißt es in der Mitteilung des Erzbistums. Nach Abschluss der bauvorbereitenden Maßnahmen sei die Sanierung der Kuppel vorgesehen. Mittlerweile seien mit der Denkmalrechtlichen Genehmigung und den Förderbescheiden von Bund und Land die Voraussetzungen für die Sanierung und Umgestaltung gegeben, so das Erzbistum.
Nachdem zum 1. September 2018 die Kathedrale geschlossen wurde, wurde bereits die zentrale Bodenöffnung „provisorisch und reversibel“, wie Bistums-Sprecher Stefan Förner betonte, geschlossen. Ein Verwaltungsgerichtsverfahren, in dem Künstler und Künstlererben gegen die denkmalrechtliche Genehmigung  zum Umbau klagten, wurde als unzulässig abgewiesen. Ein Landgerichtsverfahren gegen das Erzbistum selbst steht noch aus.
 
(ckl)