Orgelvirtuose in der Krankenhauskapelle LIngen

„Es macht schon Spaß, seinen Füßen zuzuschauen"

Image

Der Altar in der Kapelle des Bonifatius-Hospitals in Lingen ist kaum zu sehen – verdeckt von der mit Blumen geschmückten Orgel. Dass Hector Olivera, ein weltbekannter Orgelvirtuose, in der Lingener Krankenhauskapelle auftritt, ist einmalig.


Prominenter Organist: Der Argentinier Hector Olivera trat in der Lingener Krankenhauskapelle auf – und brachte sein Maskottchen mit: einen Plüschfrosch. Fotos: Elisabeth Tondera

Das findet auch der Krankenhausseelsorger und Musiker Sebastian von Melle, der die Gäste in der „Emsphilharmonie“ begrüßt. „Noch nie ist ein Künstler eigens über den großen Teich geflogen, um in dieser Kapelle zu spielen“, sagt er.

Geboren in Buenos Aires, galt Hector Olivera schnell als Wunderkind. Im Alter von drei Jahren begann er mit dem Orgelspiel. Als Fünfjähriger spielte er für die legendäre Präsidentengattin Eva Perón, mit sechs Jahren kam er ans Konservatorium und mit zwölf an die Universität von Buenos Aires. Mit 18 trat er für Staatsoberhäupter und Berühmtheiten in ganz Lateinamerika auf, erhielt ein Stipendium in New York und zog in die Vereinigten Staaten.

Heute ist der Maestro einer der gefragtesten und angesehensten internationalen Organisten der Gegenwart, der in den großen Konzertsälen der Welt spielt.

Zustande kam das Ausnahmekonzert in Lingen dank der neuen Hybridorgel. „Bei diesem Instrument wurde ein Pfeifenwerk des italienischen Orgelbauers Consoli mit vier Registern und 61 klingenden Pfeifen mit einer digitalen Rodgers Artist verbunden“, erklärt Sebastian von Melle. Dieter Schuster, Manager der Firma Bauer Music bei Frankfurt, habe diese Orgel vor einem Jahr in der Kapelle installiert. „Fast beiläufig erwähnte er seinen Kontakt zu Hector Olivera und machte das Angebot, ihn für ein Konzert nach Lingen zu holen.“

Mal gehetzt, mal sanft, mal tänzerisch


Hector Olivera an der Hybridorgel in der Krankenhauskapelle
in Lingen

So wie der Künstler nun die Orgel spielt, entsteht der Eindruck, er habe jedes Teil mit seinen eigenen Händen eingebaut. Er lässt sie singen und flüstern, pfeifen und brausen; zuweilen meint man, ein komplettes Orchester zu hören.

Oliveras Körpereinsatz ist faszinierend. Mal jagen seine Hände wie gehetzt über die Manuale, mal streicheln sie ganz sanft die Tasten, seine Beine schwingen elegant, leicht, tänzerisch über die Pedalklaviatur. Seine Füße spielen in verzwickten Rhythmen. „Es macht allein schon Spaß, seinen Füßen zuzuschauen“, stellt ein Zuhörer fest.

Olivera bestimmt im Laufe des Konzertes spontan, was er spielt und überrascht immer wieder aufs Neue. Händel ist dabei, Meyerbeer, natürlich Bach, aber auch ein Tango von Astor Piazzolla. Dabei glaubt man, ein Bandoneon zu hören und ein Tänzerpaar in einer dunklen Gasse Tango tanzen zu sehen.

Jedes Stück kündigt der gebürtige Argentinier locker, oft scherzhaft in einfachem Englisch an, zum Beispiel eine Verbindung von Bach und Gounod: „And now two tunes: hands German, pedal French.“ Zwischendurch stellt er dem Publikum sein Maskottchen vor, einen etwas abgegriffenen Plüschfrosch, der ihn immer begleitet und während des Konzerts am Orgelrand hockt: „His name is Harry Helmut. He’s German. He likes to come to Germany.“

Sebastian von Melle kündigt an, dass Olivera im kommenden Jahr wieder in Deutschland sein wird, „und weil er die Emsphilharmonie jetzt schon kennt, wird er dann in der Elbphilharmonie in Hamburg auftreten.

Elisabeth Tondera