Schwester Philippa Rath und ihr Buch "Weil Gott es so will"
„Es sind keine einsamen Wölfinnen“
Die Benediktinerin Philippa Rath hat ein Buch herausgegeben mit dem Zeugnis von 150 Frauen, die eine Berufung zur Priesterin spüren. Die Ordensfrau hofft jetzt auf „heilsame Erschütterung in Köpfen und Herzen“ der Kirchenmänner.
Schwester Philippa, was erhoffen Sie sich von diesem Buch?
Ich erhoffe mir zunächst einmal, dass möglichst viele Menschen – gerade auch Amtsträger in unserer Kirche – sich von diesen Lebens- und Berufungszeugnissen ansprechen und bewegen lassen. Dass sie das Leiden der Frauen, die ihre eigentliche Berufung nicht leben können, wahrnehmen und ernstnehmen; dass sie gewahr werden, welch ein Verlust und eine Vergeudung von Charismen es für die Kirche ist, dass sie Frauen nicht zu allen Ämtern und Diensten, auch zu den Weiheämtern, zulässt. Kurzum: Ich wäre froh, wenn unser Buch eine heilsame Erschütterung in Köpfen und Herzen auslösen würde. Und was die Frauen selbst betrifft, so hoffe ich, dass ihnen aufgeht, wie viele sie in Wahrheit sind. Es sind nämlich keineswegs nur „einsame Wölfinnen“, die sich zum Priesterinnen- und Diakoninnenamt berufen wissen, sondern – um im Bild zu bleiben – es ist ein ganzes „Rudel“, eine große bunte Gemeinschaft quer durch alle Generationen.
Was lässt sich aus den 150 so zutiefst persönlichen Zeugnissen lernen?
Zunächst einmal, dass es sich bei Frauenberufungen um keine Randerscheinung handelt, sondern dass diese Frauen aus der Mitte der Kirche kommen und sich seit vielen Jahren, zum Teil seit Jahrzehnten, mit großer Leidenschaft in und für die Kirche engagieren.
Sie sind fest verwurzelt im Glauben; sie lieben ihre Kirche, leiden aber gleichzeitig an ihr. Sie leiden unter Diskriminierung und Ausgrenzung, unter mangelnder Teilhabe und Mitverantwortung; daran, dass sie ihre eigenen theologischen und geistlichen Kompetenzen zu wenig einbringen können und abhängig sind vom Wohlwollen männlicher Amtsträger. Vor allem aber, dass ihre authentischen Berufungen allzu oft belächelt, nicht ernstgenommen und dementsprechend auch nicht einmal geprüft werden.
Lernen können wir aus diesen Zeugnissen aber auch, dass die Kirche gerade durch die Frauen näher bei den Menschen ist, und dass sie, wenn sie eine Zukunft haben will, eine wirklich diakonische Kirche sein muss.
Nicht zuletzt lehren uns die Texte dieses Buchs, dass es sich lohnt, Kirche und ihre Ämterstruktur neu zu denken und die Hoffnung auf Erneuerung und Veränderung niemals aufzugeben.
Warum äußern sich einige der Frauen in ihren Zeugnissen lediglich mit dem Kürzel „anonym“?
Ja, das ist ein trauriges Kapitel, das leider auch zur Wirklichkeit unserer Kirche gehört. 26 der 150 Frauen erzählen ihre Lebens- und Berufungsgeschichte unter dem Kürzel „Anon“, das heißt anonym. Sie tun das nicht freiwillig und keineswegs gern. Dahinter stehen die Sorge und die Angst vor Repressionen, vor Mobbing und Ausgrenzung – am Arbeitsplatz in Ordinariaten und in der Gemeindearbeit.
All diese Frauen stehen in Diensten der Kirche und fürchten, möglichem Druck der Kollegen, der Vorgesetzten und der Kirchenleitung nicht gewachsen zu sein. Es gibt eben auch da eine lange Leidensgeschichte.
Und Ihre eigene Berufung?
Meine Berufung war von Anfang an ganz klar eine zum Ordensleben, konkret zum benediktinischen Leben in Gemeinschaft. Ich habe nie ernsthaft darüber nachgedacht, ob ich Priesterin oder Diakonin werden wollte, obwohl ich – wie auch einige der Autorinnen unseres Buches – als Kind oft „Heilige Messe“ gespielt und meinen „Patenonkel Pastor“ glühend geliebt und verehrt habe. Insofern ist mir die innere Spannung, von der die zehn Ordensfrauen in unserem Buch so eindrücklich berichten, Gott dank erspart geblieben.
Fragen: Johannes Becher