Anstoss 42/2018

Folgt mal der Jugend

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„Follow the Youth!“: Der fast 80 Jahre alte Referent einer internationalen Konferenz zum Gemeindewachstum erklärte uns die Anwendung des Computer-Tablets. Mit seinen Händen wischte er hin und her und hatte offensichtlich Freude daran, diese damals neuste Technik zu beherrschen.


Der Gemeindeentwickler hat festgestellt, dass viele Gemeinden schrumpfen statt wachsen, weil sie den Kontakt zur Jugend verloren haben. Es sei wichtig, Jugendliche nicht in unsere alten Formen zu zwängen. „Neuer Wein gehört in neue Schläuche“ (Mt 9,17), wie Jesus schon betont. Bei der aktuellen Jugendsynode in Rom (03.-28.Oktober) ist Papst Franziskus lernoffen. Er will intensiv hören, was junge Leute über das Leben und den Glauben denken.
„Folgt mal den Jugendlichen!“ Auf der letzten Kinderfreizeit erlebten wir ein starkes Team von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, das Verantwortung übernahm. Zu Beginn gab es für die 60 Teilnehmer zehn Punkte des „Fair play“, also Verabredungen zum Umgang. So war ein Klima freundlicher Achtsamkeit und Wertschätzung gesetzt. Ferien – das bedeutet auch Frei-Zeit. Gelernt habe ich, wie hoch das Bedürfnis nach Ruhe, nach Auszeiten ist. Es wurde „die goldene Stunde“ gepflegt, eine Mittagspause. Hier konnte sich jeder zurückziehen, lesen, dösen und „chillen“. Wichtig waren Essenszeiten mit gemeinsamem Start- und Endpunkt. Und natürlich leckeres Essen…! Mich beeindruckte, wie phantasievoll auf Konflikte in der Gruppe reagiert wurde. Das Ganze im Blick wurde Gemeinschaft gestärkt und individuelle Persönlichkeit gefördert. Berührend waren die Abendgebete in der Kirche. Kurzum: Es war eine unglaublich schöne Woche. Wir alle fühlten uns reich beschenkt. Die Begeisterung schwappte später auf Eltern über. Ein Vater, Mitglied im Pfarrgemeinderat, fragte hinsichtlich pastoraler Entwicklung: „Könnten wir unsere Gemeinde nicht zu einer andauernden Ferienfreizeit umgestalten?!“

Das Geheimnis dieser ungewöhnlich harmonischen Woche? Raum und Rückenwind. Raum für Mitbestimmung von Anfang an. Rückenwind für eigene Ideen. Vertrauen in Kinder und Jugendliche. Vertrauen auf den Beistand Gottes. Meine Aufgabe war eigentlich nur, mich darauf einzulassen, dass Gottes Geist durch uns Menschen und besonders durch die „Kleinen“ wirkt.
 
Lissy Eichert, Berlin