„Genau das falsche Signal“
Der Vatikan will ihn nicht mehr als Rektor der Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt. Doch die Solidarität mit Jesuitenpater Ansgar Wucherpfennig gegen diese Entscheidung ist groß. Von Heike Kaiser.
Weil er sich positiv zur Homosexualität und für Segensfeiern gleichgeschlechtlicher Liebenden ausgesprochen hat, soll der Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt, Ansgar Wucherpfennig, auf sein Amt verzichten. Das bestätigte der Jesuitenpater auf Anfrage dem „Sonntag“. Im Februar ist der 52-Jährige für eine dritte zweijährige Amtszeit gewählt worden, nun verweigert die Bildungskongregation im Vatikan das „Nihil obstat“, die Unbedenklichkeitserklärung, und verlangt von Wucherpfennig einen öffentlichen Widerruf seiner Positionen.
Äußerungen auf dem Boden der katholischen Lehre
Den es aber nicht geben wird. „Um diesen Preis will ich nicht Rektor sein“, sagt Wucherpfennig. Er werde allerdings weiter sein Amt übernehmen, sollte das „Nihil obstat“ noch ausgesprochen werden. „Ich sehe meine Äußerungen zur Homosexualität und zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare auf dem Boden der katholischen Lehre. Das, was wir vom Neuen Testament und von Jesus Christus wissen, zeigt doch, dass wir gleichgeschlechtlichen Liebenden den Zugang zur Kirche nicht verwehren dürfen“, so der Jesuitenpater gegenüber dem „Sonntag“. Er sehe auch das Bemühen der Kirche, dafür Wege zu erschließen und zu öffnen.
Pater Ansgar Wucherpfennig ist Professor für Neues Testament und wirkt in Frankfurt als Homosexuellen-Seelsorger. Er gehört dem Diözesansyndolrat und dem Priesterrat des Bistums Limburg an.
Hintergrund des ausbleibenden „Nihil obstat“ ist die Auffassung der Glaubenskongregation, die die Unbedenklichkeitserklärung zusammen mit der Bildungskongregation ausstellt, dass öffentliche Äußerungen von Pater Wucherpfennig im Oktober 2016 nicht mit der Lehre der Kirche übereinstimmen. Es geht dabei um Fragen des Diakonats der Frau und um neutestamentlich-theologische Überlegungen zur Homosexualität.
Wucherpfennigs direkter Vorgesetzter, Provinzial Johannes Siebner, und Bischof Georg Bätzing stehen hinter dem gewählten Rektor von Sankt Georgen, der das Amt seit 2014 innehat. „Ich stehe uneingeschränkt zum gewählten Rektor Pater Wucherpfennig. Er genießt mein volles Vertrauen“, sagt Siebner. „Seine Amtsführung der letzten vier Jahre, seine Theologie, seine völlig unstreitige Kirchlichkeit und seine persönliche Integrität lassen nicht den geringsten Zweifel an seiner Eignung zu.“ Er sei guter Dinge, „dass die Ernennung bald erfolgen kann“.
Der Wiederwahl „uneingeschränkt“ zugestimmt
Auch Bischof Georg Bätzing stellt sich vor Wucherpfennig und hat der Wiederwahl „uneingeschränkt“ zugestimmt. Das Bistum und der Jesuitenorden seien gut beraten, an der bewährten Hochschulleitung festzuhalten, so Bätzing. Wucherpfennig sei ein brillanter Theologe, integer und loyal gegenüber der Kirche. Er hoffe, dass Rom die Wahl des Ordens und der Bistümer akzeptiere.
Georg, der Drachentöter
Vorsicht, Satire!
Der Vatikan verbietet den Jesuiten in Frankfurt, Pater Wucherpfennig erneut zum Rektor ihrer
Hochschule Sankt Georgen zu ernennen. Es regt sich Protest. Wahre Worte aus einer frierenden Kirche. Von Johannes Becher.
„Die Verweigerung des ,Nihil obstat’ (...) macht uns fassungslos“, heißt es in einer Erklärung katholischer Pfarrer Frankfurts. Sie halten die Anregungen von Pater Wucherpfennig zu den Themen Homosexualität und zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare „für einen wichtigen Diskussionsbeitrag und sind ihm dafür sehr dankbar“. Die „zutiefst erschreckenden Erkenntnisse“ der MHG-Studie zum Missbrauch an Minderjährigen in der katholischen Kirche machten deutlich, „dass auch der pathologische Umgang der Kirche mit dem Thema (Homo-)Sexualität sexualisierte Gewalt begünstigt.“ Der Versuch, das offene Gespräch über Sexualfragen innerhalb der Kirche zu unterbinden, „ist daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt genau das falsche Signal“.
„Die Zeiten, wo Menschen – auch Amtsträger in der Kirche – sich von römischen Behörden vorschreiben lassen, worüber nachgedacht und diskutiert werden darf, sind Gott sei Dank endgültig vorüber“, heißt es in der Erklärung, die von acht Pfarrern – unter anderen auch Stadtdekan Johannes zu Eltz – unterschrieben ist. Ausdrücklich unterstützen sie die Position von Bischof Georg Bätzing, der sich nachdrücklich für die Erneuerung des „Nihil obstat“ für Pater Wucherpfennig einsetzt. „Wir erwarten, dass er seine Tätigkeit als Hochschulrektor in Sankt Georgen bald wieder aufnehmen kann.“
Bis eine ordentliche Ernennung des Rektors der Hochschule Sankt Georgen aus Rom erfolgt, übernimmt Prorektor Professor Thomas Meckel die Amtsgeschäfte des Rektors.