Umbettung der Gebeine des seligen Bernhard Lichtenbergs

Gestalt von biblischer Größe

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Ab 5. November befinden sich die Gebeine des seligen Dompropstes Bernhard Lichtenberg in der Gedenkkirche Maria Regina Martyrum. Sie werden wegen des Umbaus der Kathedrale umgebettet. Am selben Abend feiern drei Erzbischöfe an der neuen Ruhestätte die Wallfahrtsmesse.

Der selige Bernhard Lichtenberg auf der Vorderseite eines Gebetzettels. | Foto: Diözesanarchiv

Die Gebeine des seligen Bernhard Lichtenberg werden an seinem 75. Todestag, 5. November, von der St. Hedwigs-Kathedrale in die Gedenkkirche Maria Regina Martyrum umgebettet. Dompropst Tobias Przytarski erklärt: „So ist den Gläubigen auch während der Umbauphase der Kathedrale ein täglicher Zugang zur Verehrung möglich.“
Der dazu erforderliche neue Schrein ist aus Holz und erinnert eher an einen Sarg ohne Griffe. Im Innern birgt eine Fassung aus Sicherheitsglas seine Gebeine. An der Längsseite des äußeren Schreins ist der Name des Seligen mit Geburts- und Sterbedaten angebracht: „3.12.1875“ und „5.11.1943“. Die schlichte und zugleich würdige Fassung soll zum Lebensstil des Pries-ters und Märtyrers passen, der als vorbildlich frommer Priester, Dompfarrer und Dompropst in Berlin unermüdlich in Seelsorge und Caritas tätig war. Seine Seligsprechung als Märtyrer erfolgte am 23. Juni 1996 durch Papst Johannes Paul II. in Berlin.

 
Umbettung erfolgt streng nach kanonischen Vorschriften
Sein neuer Schrein wird am 5. November während der Wallfahrtsmesse um 18 Uhr mit Erzbischof Heiner Koch, Erzbischof Józef Kupny aus Breslau und dem Apostolischen Nuntius, Erzbischof Nikola Eterović in der Kirche Maria Regina Martyrum, Heckerdamm 230, Berlin-Charlottenburg zu sehen sein. Danach wird er zum Altar der Sakramentskapelle getragen und dort unter dem Altar mit einer Steinplatte verschlossen. Die Umbettung erfolgt nach kanonischen Vorschriften mit Erlaubnis der römischen Kongregation für Heiligsprechungen und des Berliner Bezirksamts. Ein eigener „Gerichtshof“ überwacht diesen nichtöffentlichen Vorgang: Unter anderem sind dabei der Pathologe Dr. Claas T. Buschmann vom Institut für Rechtsmedizin der Charité, Pfarrer Thorsten Daum aus Spandau als „Custos reliquiarum“ und Diözesan-Postulator Gotthard Klein. Dompropst Tobias Przytarski steht als erzbischöflicher Delegat der Umbettung und anschließenden Dokumentation vor. Für eine endgültige Lösung der Verehrung Lichtenbergs in der neu gestalteten St. Hedwigs-Kathedrale sind alle Möglichkeiten offen.
Nach der Wallfahrtsmesse ­beginnt die Novene um Fürbitte und Heiligsprechung am Grab des seligen Bernhard Lichtenberg. Die Kollekte wird für das Heiligsprechungsverfahren erbeten. Diözesan-Postulator Klein weiß: „Dafür sind erhebliche Rücklagen erforderlich, unter anderem für die Dokumentation von Gebetserhörungen, Gutachten und Übersetzungen, Reliquiare sowie für die eventuelle Heiligsprechungsfeier selbst.“
 
„Heute will ich alles im Licht der Ewigkeit ansehen“
Wegen öffentlichen Gebets für die verfolgten Juden und Kritik an den „Euthanasie“-Morden der Nazis wurde er im Oktober 1943 von der Geheimen Staatspolizei verhaftet. Eine Bronzeplatte vor der Fassade des nach ihm benannten Bernhard-Lichtenberg-Hauses erinnert daran. Im Mai 1942 wurde er von einem Sondergericht verurteilt. Als Schwerkranker verstarb er nach zweijähriger Haft auf dem Transport ins Konzentrationslager Dachau am 5. November 1943 in Hof.
Wie sehr der selige Bernhard alles im Licht der Ewigkeit anzusehen und danach zu handeln bemüht war, wird in vier Leitsätzen deutlich, die er während seiner zweijährigen Strafhaft aufgezeichnet und kommentiert hat: 1. Heute will ich alles im Licht der Ewigkeit ansehen, alles, was mir widerfährt, Freudiges und Schmerzliches, Erhebendes und Niederdrückendes. 2. Heute will ich meine Seele besitzen in meiner Geduld. 3. Heute will ich in keinem Gedanken und in keinem Worte sündigen. 4. Heute will ich alles aus Liebe tun und alles aus Liebe leiden.
Sein erster Biograph, Redakteur Alfons Erb, berichtet 1949, dass Lichtenberg während des Ersten Weltkrieges und der zwanziger Jahre aus dem Charlottenburger Straßenbild nicht wegzudenken gewesen sei. Er schreibt über die „Gestalt von biblischer Größe“: „Seine Versehgänge machte er nur in Soutane, Rochett und Stola, ob der Weg ihn nun in Charlottenburger Arbeiterviertel, in die arme Fischerstraße der Dompfarrei, in die Straße Unter den Linden oder an den Bahnhof Friedrichstraße führte. Wie oft sah man im Dunkel eines frühen Wintermorgens das rote schlesische Lämpchen, das er auf diesen Gängen selbst trug, in den Straßen Charlottenburgs für den Heiland brennen! Spottende Bemerkungen hinderten ihn nicht, auch nicht die Missverständnisse, die sich ergeben mussten, wenn die Gläubigen niederknieten und andere Passanten in ihrer Unkenntnis meinten, sie huldigten auf diese Weise dem vorübergehenden Priester.“
 
Die sterblichen Überreste des seligen Dompropstes Bernhard Lichtenberg können während des Umbaus der Kathedrale in der Gedenkkirche Maria Regina Martyrum verehrt werden. | Foto: kna

 

„Dieser Pfarrer war der erste und größte Beter seiner Gemeinde“
Über den Beter „mit klangvoller Bass-Stimme“ schreibt Erb: „Dieser Arbeitsmensch von kraftvoller Energie, dieser Pfarrer der Intensität und Aktivität großen Stils, er war zugleich der erste und größte Beter seiner Gemeinde. In dem Sühne- und Bittgebet sah er das notwendigste Mittel der Seelsorge und die wirkungsvollste Kampfesweise gegen den Un- und Irrglauben. Mehr als dreißig Jahre hindurch hat er jeden Abend mit seiner Gemeinde, zuletzt in St. Hedwig, das Abendgebet gebetet – ein Abendgebet mit geistlicher Lesung, Gewissenserforschung, Rosenkranz, Litanei und mit jenen weit bekannt gewordenen Fürbitten für alle Not der Menschen und der Menschheit. Zum Abschluss des Abendgebetes spielte er auf der Orgel ein Lied und übertönte alle mit seiner Stimme, wie er ja daheim morgens zum Beginn und abends zum Beschluss zum Lobe Gottes ein Lied sang und auf dem Harmonium begleitete.“
Bernhard Lichtenberg holte vier Ordensgemeinschaften nach Berlin: Jesuiten, Kamillianer, Steyler Missionare und die „Rosa Schwestern“ als „Dienerinnen des Heiligen Geistes von der Ewigen Anbetung“. Sein Einsatz für katholische Schulen, sein mutiges öffentliches Auftreten in politischen und weltanschaulichen Versammlungen, seine gefühlvolle Marienfrömmigkeit aus der schlesischen Heimat, seine Willensstärke und Glaubenstreue, sein Organisationstalent, sein unerschütterlicher Mut erinnern nicht wenige an den heiligen Pfarrer von Ars. Vielleicht wird er eines Tages als „heiliger Dompropst von Berlin“ verehrt werden können.

Kontakt Diözesan-Postulator Gotthard Klein: 0 30 / 22 50 45 80; postulator@bernhard-lichtenberg-­kapelle.de
 
Von Walter Plümpe