Bechers Provokationen

Glaube braucht keine Zauberei

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Unsere Provokationen suchen nach der Glut unter der Asche. Heute geht’s um den Aberglauben der Katholiken. Ein Appell, endlich mit dem gefährlichen Hokuspokus des Exorzismus aufzuhören und andere Praktiken zu überdenken. Von Johannes Becher.

"Rituale Romanum" Foto: kna
Im „Rituale Romanum“ sind auch die Gebete für einen Exorzismus enthalten.
Foto: kna

Wer in Betlehem in der Milchgrottenstraße die Kirche besucht, der wird vielleicht verwundert an die Decke blicken: weißer Kalkstein allerorten und an vielen Stellen ist eine Schicht davon weggeschabt worden. Die Legende sagt: Wer ungewollt kinderlos ist und von diesem Pülverchen etwas in ein Getränk rührt, die kann schwanger werden – mit Gottes und der Muttergottes Hilfe. Im Büro zeigt der betreuende Franziskaner stolz die Dankesbriefe aus aller Welt. Menschen berichten glücklich, dass sie nun ein Wunschkind haben. Das Pulver und Maria haben geholfen.

Ist das nun starker Glaube? Warum werden dann nicht alle schwanger, die das Pulver gläubig einnehmen? Oder ist es ein Aberglaube, den man dulden kann, weil er niemandem schadet und manchem sogar nützt? Hat unser Glaube so etwas nötig?

Johannes Becher
Johannes Becher
Redaktionsleiter

Neben dem Kalkstein-Pulver gibt es im katholischen Orbit eine Reihe von – sagen wir: – Frömmigkeitsformen, die nicht nur Außenstehende mehr an Aberglauben erinnern. Konkret: Wie kann es sein, dass irgendjemand ernsthaft für wahr hält, dass sich die Gottesmutter Maria regelmäßig um eine bestimmte Zeit an einem Ort zeigt? Warum muss ein Wunder nachgewiesen werden, bevor eine Glaubenszeugin heiliggesprochen werden kann – die im Volk längst als heilig gilt? Und viel alltäglicher: Warum räumt niemand von den Verantwortlichen damit auf, dass man für Verstorbene „Messen bestellen“ kann, um deren Zeit im „Läuterungszustand“ abzukürzen. Messen, die mit Spenden zu vergelten sind: „für eine heilige Messe mindestens 5 Euro“.

Am schlimmsten aber ist es, dass nach wie vor Priester im Namen der Kirche kranken Menschen einen Dämon austreiben dürfen. Exorzismus ist nicht nur gefährlich, er ist Anmaßung. Nicht alles, was unser Herr und Meister Jesus von Nazaret segensreich praktiziert hat, kann und muss ein Priester heute nachvollziehen. Es wandelt ja auch keiner von diesen übers Wasser. Also: Schluss mit diesem abergläubischen Denken und Handeln. Der Glaube genügt und braucht keine Zauberei.

 


 

Zitiert: „Dir gebietet Gott Vater“

„Im Namen und in der Kraft unseres Herrn Jesu Christi beschwören wir dich, jeglicher unreine Geist, jegliche satanische Macht, jegliche feindliche Sturmschar der Hölle, jegliche teuflische Legion, Horde und Bande: Ihr werdet ausgerissen und hinausgetrieben aus der Kirche Gottes, von den Seelen, die nach Gottes Ebenbild erschaffen und durch das kostbare Blut des göttlichen Lammes erlöst wurden.

Wage es nicht länger, hinterlistige Schlange, das Menschengeschlecht zu täuschen, die Kirche Gottes zu verfolgen und die Auserwählten Gottes zu schütteln und zu sieben wie den Weizen. Dir gebietet Gott, der Allerhöchste, dem du in deinem großen Hochmut noch immer gleichgestellt sein willst; Er, der will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen.

Dir gebietet Gott Vater;
dir gebietet Gott Sohn;
dir gebietet Gott, der Heilige Geist.“

Aus dem Exorzismus von Leo XIII. (Papst von 1878 bis 1903)