Predigtreihe im Tag des Herrn

Gottes Licht und Heiliger Geist

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Angesichts der Coronakrise veröffentlicht der Tag des Herrn die schriftliche Sonntagspredigt. Zum Sonntagsevangelium schreibt Joachim Rudolph, der ehemalige Leiter des Sankt-Wenzeslaus-Stiftes in Jauernick.

Bei dieser Taufe im Sankt-Wenzeslaus-Stift in Jauernick wurden Mitte Februar bereits Ostern und Pfingsten gleichermaßen – auf eindrucksvolle Weise – sichtbar: „Ich bin das Licht der Welt“ sagt Jesus.    Fotos: Raphael Schmidt

 

Ein Wort ist jetzt in diesen Corona-Zeiten in aller Munde: der Atem. Einerseits ist er lebensnotwendig, andererseits steckt er „in Quarantäne“ hinter einer Maske. Und wenn er ausgeht, wird man „atemlos“, ist das Leben gefährdet oder endet sogar. Menschen, die unter Luftknappheit leiden, von Asthma geplagt sind, wissen – sehr schmerzlich – was es bedeutet, nicht genügend Luft zu bekommen. Sportler ringen mitunter um Atem beim Wettkampf oder Spiel und wenn wir einen mühevollen Weg zu bewältigen haben, es steil bergauf geht, fehlt oft die „Puste“. Als uns die Corona-Krise erfasste, sprachen Virologen und Politiker davon, dass wir einen langen Atem benötigen, um die Krise zu bewältigen.Atem gibt Leben und ermöglicht Bewegung! Im Pfingstbericht des Evangelisten Johannes werden genau diese zwei  Tatsachen beschrieben: „Jesus hauchte seine Jünger an und sprach: „Empfangt den Heiligen Geist“ – dann sendet er sie, gibt ihnen einen Auftrag, denn jetzt haben sie die nötige Stärkung dazu erhalten. Wohin zielt die Sendung, wofür steht die „Atem-Stärkung“?

Hinausgehen zu den Menschen, mit klarer Botschaft
Wir wissen es aus weiteren Berichten in der Bibel: Hinaus zu den Menschen geht der Weg mit klarer Botschaft: Frieden stiften, für Gerechtigkeit eintreten, Versöhnung praktizieren, Liebe erfahrbar machen und von einem neuen Geist bewegt werden – eine gefährliche Mission, denn es ist die neue Lehre des gestorbenen und auferstandenen Jesus, die sie verbreiten sollen. Und schon bald werden die mit Gottes Geist Gesendeten „Gegenwind“ verspüren. Doch der „Atem“ Gottes bewegt sie, bringt sie zum Laufen, gibt ihnen Kraft zum Zeugnisgeben.
Eine wichtige Erkenntnis war damals und ist heute: Die frohe Botschaft muss zu den Menschen gebracht werden. Das heißt nichts anderes als aufbrechen und losgehen. Manchmal machen Christen von heute den Eindruck, lieber sitzen bleiben zu wollen. Es fehlt ihnen ein frischer Wind, der sie antreibt. Die Motivation ist weg: Nur keine Veränderungen. Wer so denkt, irrt sich. Stillstand ist anti-pfingstlich! Gleichgültigkeit, Mittelmäßigkeit, Belanglosigkeit und Aussagen wie „Alles soll so bleiben, wie es ist“ verhindern einen frischen Atem als den stärkenden Geist Gottes. Um diesen Geist zu erfahren, ist ab und zu eine „Atempause“ wichtig: Innehalten, um neu inneren Halt zu gewinnen, geistlich „tanken“ und danach neu starten. Die gegenwärtige Krisenzeit mit verordneter Ruhe ist dafür beste Gelegenheit.

Joachim Rudolph

Aufbrechende und aufsuchende Kirche sein – das ist der Impuls, den das Pfingstfest uns vermitteln will. Und Kirche, das sind wir! Alle Menschen mit ihren Gaben, Talenten, Möglichkeiten, ihre Kreativität und Phantasie sind Gesandte im Namen der Liebe Jesu, ausgerüstet mit Pfingstgeist, und der ist ein Antreiber! „Mache dich auf und werde Licht“ – ein Weihnachtslied, so werden Sie, liebe Leser, sich erinnern. Nein, es gilt auch zu Pfingsten und darüber hinaus!  Es ist doch etwas Wunderbares, Menschen zu erleben, die von Freude bewegt werden, die Güte und Menschenfreundlichkeit ausstrahlen, die kraftvolle Beter sind, die andere an das Gute glauben lassen und allen zeigen: Gottes Geist ist Lebenskraft!
Vor kurzem hat sich bei der Taufe eines Kleinkindes in der Kapelle des Sankt-Wenzeslaus-Stiftes in Jauernick etwas ereignet, das einige Mitmenschen vielleicht als Zufall bezeichnen, andere sehen darin etwas mehr. Während der Diakon am frühen Nachmittag einen Tisch in die Mitte der Kapelle stellte und eine mit Wasser befüllte Glasschale, war die Sonne von Wolken verhangen. Das änderte sich, als die Tauffeier begann. Fotos davon zeigen auf, was sich ereignet hat: Am Beginn der Feier zeichnete das Sonnenlicht einen Weg, der direkt zum Täufling führte, der in einer Babywippe auf dem Boden der Kapelle lag. Als der Diakon seine Hand in das Wasser tauchte, um das Taufwasser zu segnen, strahlten Schale und Wasser im grellen Licht. Im Moment der Taufe, als Wasser über den Kopf des Täuflings lief und es von der Erbschuld befreit, Christus angezogen hat, fielen Lichtstrahlen durch das Kirchenfenster direkt auf das Kind, das über der Taufschale gehalten wurde. Für die Umstehenden war es ein wunderbarer Moment, bei dem die Gegenwart Gottes, des Heiligen Geistes, spürbar und erlebbar wurde. Diese Szene war vergleichbar mit der Sendung der Jünger, dem vorangeht: Du bist angenommen von Gott als geliebtes Kind, ausgestattet mit dem heiligen Atem Gottes und beauftragt, in der Welt lichtvoll zu leben. Dabei helfen Eltern und Geschwister, Paten, Verwandte und Freunde als eine Gemeinde der „Atemreichen.“

Stärke mich, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges hüte
Das nachstehende alte, jedoch bis heute jung gebliebene Gebet – das weiterhin aktuell bleibt für unseren ganz persönlichen Pfingst-Aufbruch kann uns als Zeugen des Lichts motivieren und stärken: „Atme in mir, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges denke. Treibe mich, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges tue. Locke mich, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges liebe. Stärke mich, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges hüte. Hüte mich, du Heiliger Geist, dass ich das Heilige nimmer verliere.“