Andacht auf der Landesgartenschau in Frankenberg

„Gut, dass du lebst!“

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Landesgartenschau in Frankenberg: Gesegnete Heilkräuter und anregende Denkanstöße nahmen vergangenen Sonntag mehr als hundert Besucher einer ökumenischen Andacht im „Paradiestreff“ mit nach Hause.

Mit einem Wort des Segens reicht eine Andachtsteilnehmerin einen Strauß wohlriechender Kräuter weiter.
 
Die Heilkraft der Pflanzen, wohltuende Worte aus der Bibel, Gesang und Blasmusik, die Weisheit der Kirchenlehrerin Hildegard von Bingen, ein persönlich zugesprochener Segen – Frauen aus Frankenberg und Chemnitz ließen die Gottesdienstteilnehmer unter dem Kirchenzeltdach der Frankenberger Landesgartenschau miterleben, was ihnen selbst Kraft gibt. Ganz bewusst taten sie dies so, dass sich alle einbezogen fühlen konnten, auch Männer und Kinder und auch diejenigen, die keiner Religion angehören.
Ausgewählt hatten sie einen Bibeltext aus dem alttestamentlichen Hohelied, dem einzigen Buch der Bibel, in dem Gott nicht genannt wird, wie die katholische Kirchenhistorikerin Professor Hildegard König in ihrer Schriftauslegung erwähnte. In der blühenden Garten- und Parklandschaft entfalteten die poetischen Liebesworte des Hohelieds ihren Klang auf ganz eigene Weise, Worte, in denen ein Liebender seine Geliebte zum Beispiel mit einem Garten vergleicht, einem „Granatapfelhain mit köstlichen Früchten, Hennadolden samt Nardenblüten, Narde, Krokus, Gewürzrohr und Zimt, alle Weihrauchbäume, Myrrhe und Aloe“.
„So bin ich in mehr als 40 Jahren Ehe noch nie gerühmt worden“, verriet Hildegard König mit einem Schmunzeln. „Nicht immer sind uns solche Worte zugänglich“, sagte sie weiter. Für viele Bibelworte gelte, dass sie ihre Kraft entfalten, wenn man sich ihnen öffne. „Es ist gut, dass du lebst“ sei die grundlegende Botschaft der Bibel, die sich an jeden einzelnen Menschen wende, auch an den, der nicht daran glaubt, dass Gott Urheber des Lebens und der Liebe ist.
Die Frauen des Vorbereitungsteams hatten vor dem Gottesdienst Sträuße aus heilkräftigen, intensiv duftenden Kräutern gebunden. Nachdem Gemeindereferentin Annette Kanzler-Saberniak die Kräuterbüschel segnete, bat sie die Mitfeiernden,  sie mit einem persönlichen Segenswort weiterzuschenken. Eine ältere Frau nahm die Kräuter mit einem strahlenden Lächeln aus den Händen ihres Ehemanns entgegen: „Und heute abend liest du mir aus dem Hohelied vor, ja?“
 
Bibelsprüche, deren Fortsetzungen auf der Rückseite der jeweiligen Zaunlatte zu finden sind, regen Paradiestreff-Besucher an zu „Gesprächen über den Gartenzaun“.   Fotos: Dorothee Wanzek


Neben außergewöhnlichen Veranstaltungen wie der Kräuterandacht am Sonntag nach Maria Himmelfahrt gibt es im „Paradiestreff“ im Frankenberger Mühlbachtal an jedem der 170 Öffnungstage unter der Überschrift „Atempause“ eine kurze Andacht. Während der gesamten Öffnungszeit von 9 bis 18 Uhr ist dort immer ein Ansprechpartner der evangelischen oder katholischen Kirche zu finden.
„Welch eine Chance, uns als Christen in der Region einzumischen und wertschätzend auf die Menschen um uns herum zuzugehen!“, freut sich Hildegard König. Auch für das Miteinander in der erst kürzlich aus mehreren Gemeinden zusammengeschlossenen Chemnitzer Pfarrei Mutter Teresa, zu der auch die Frankenberger Katholiken gehören, findet sie das Projekt äußerst förderlich.
 

Gespräche über den Gartenzaun
Michael Hohmann aus Frankenberg, der den „Paradiestreff“ seit Anfang 2017 mit geplant und begleitet hat, lobt das gute Zusammenwirken mit der evangelischen Ortsgemeinde. Das intensive Ringen um den Standort, die inhaltliche Gestaltung und viele Details habe die Christen der Region noch enger miteinander verbunden.
Der „Paradiestreff“ liege im naturnahen Teil der Gartenschau, den „Paradiesgärten“ des  Mühlbachtals, in dem es weniger angelegte Blumenrabatten gibt als in der Zschopauaue in der Nähe des Haupteingangs. Hier lade die Landschaft zum Verweilen ein. Passanten lassen sich besonders gern von den bunt gestalteten Zaunlatten anlocken, die das Kirchenzelt säumen. Frankenberger Kindereinrichtungen und Gemeinden haben im Vorfeld für jeden der Gartenschautage eine Latte bemalt. Darauf finden sich Weisheiten oder Redewendungen aus der Bibel, die allerdings auf den ersten Blick nur halb zu lesen sind. Die Fortsetzung steht auf der Rückseite, so dass die Besucher zu „Gesprächen über den Gartenzaun“ angeregt werden. „Oft staunen die Leute dann, dass auch Redensarten, die sie im Alltag selbst benutzen, ihren Ursprung in der Bibel haben, zum Beispiel ,jemanden unter seine Fittiche nehmen‘‘“, erzählt Michael Hohmann, der schon mehrfach als Ansprechpartner im Paradiestreff Dienst tat.
Bis zum 6. Oktober wird es hier weiterhin eine tägliche „Atempause“ geben, samstags, sonn- und feiertags um 12 Uhr, an allen anderen Tagen um 15 Uhr. Im Internet unter www.du-und-sein-garten.de gibt es Informationen über besondere Veranstaltungen der Kirchen. Anlässlich des Ökumenischen Schöpfungstages laden sie am 1. September ab 13.30 Uhr zu einem Programm für Kinder und Familien ein. Zum Abschluss gibt es am 6. Oktober um 10 Uhr an der Hauptbühne der Gartenschau einen ökumenischen Gottesdienst zum Erntedankfest.
 
Von Dorothee Wanzek