Viele Gemeinden und kirchliche Einrichtungen haben Sach- und Geldspenden gesammelt

Hilfsbereitschaft ohne Grenzen

Image

Der Krieg in der Ukraine, die Flucht der Menschen und das Elend vor Ort haben eine große Welle an Hilfe ausgelöst. In vielen Gemeinden, kirchlichen Einrichtungen und Verbänden werden Sach- und Geldspenden gesammelt. Hier ein paar Beispiele.


Der Kirchturm von St. Christophorus ist in blau-gelbes Licht getaucht – ein Leuchtturm der Solidarität.

Wolfsburg. Diakon Peter Wypich ist hart im Nehmen, das hat er als Schichtarbeiter bei VW gelernt. Aber am Freitagnachmittag um kurz nach drei war ihm die Anstrengung ins Gesicht geschrieben: 36 Stunden Fahrt an die polnisch-ukrainische Grenze und zurück, Nebel, Schneetreiben, nur kurz geschlafen. Das zehrt an den Kräften. Aber am meisten mitgenommen hat Wypich die Begegnung mit einer ukrainischen Flüchtlingsfamile, die er auf dem Rückweg in Krakau bei Bekannten abgesetzt hat. „Vater, Mutter, drei kleine Kinder. All ihre Habseligkeiten hatten sie in einer kleinen Tasche verstaut, sie waren so erschöft, dass sie kein Wort herausbrachten.“

Vier Kleintransporter, alle bis unter das Dach gefüllt mit Spenden aus Wolfsburg, ein Beitrag von vielen, die derzeit auch von Gemeinden im Bistum Hildesheim organisiert werden, um das Leid der ukrainischen Flüchtlinge zu lindern. „Ich bin gerührt und überwältigt, überall haben die Menschen ihr Herz geöffnet“, sagt Petro Hutsal. Der aus der Ukraine stammende Priester betreut seit sechs Jahren die italienischen Katholiken in Wolfsburg. Eine Welle der Hilfsbereitschaft erlebt er vor Ort, seit Tagen ist die Kirche St. Christophorus in der Dunkelheit in blau-gelbes Licht getaucht, die Farben der Ukraine. „Wir fühlen uns solidarisch mit den Menschen, die unter dem Krieg leiden“, sagt Pfarrer Thomas Hoffmann, jeden Abend versammeln sich Menschen zum Friedensgebet. In der italienischen Mission herrscht ein Kommen und Gehen, nach wie vor werden Spenden im Sammellager abgegeben. Denn nach der Fahrt ist vor der Fahrt: Noch an diesem Wochenende soll ein weiterer Hilfstransport Richtung Osten auf den Weg gebracht werden, ein Sattelschlepper. Es wird eine Fahrt mit großen Herausforderungen. Geplant ist, dass Oleksandr Lavrentiev die Lieferung an der Grenze entgegen nimmt. Auch er ist Seelsorger in Wolfsburg, seit neun Jahren kennen ihn die Menschen in der VW-Stadt, sie haben ihn dabei unterstützt, in der Ukraine ein Kinderheim aufzubauen.

Seit Wochen ist Lavrentiev im Kriegsgebiet, organisiert die Verteilung von Hilfsgütern und bringt Kinder in Sicherheit. Lavrientiev wird versuchen, die Hilfsgüter vom polnischen Übergang Przemysl quer durch die Ukraine in den Osten des Landes zu bringen, nach Kharkiv nahe der russischen Grenze. Dort ist Bischof Gonscharuk sein Ansprechpartner, in Wolfsburg kein Unbekannter, mehrfach hat er hier in den vergangenen Jahren mit den Menschen Gottesdienst gefeiert.

Aktuelle Informationen veröffentlicht die Gemeinde St. Chris­tophorus auf einem Webblog (www.dekanat-wob-he.de). Dort ist zu erfahren, ob noch weitere Sachspenden benötigt werden, wie Geldspenden überwiesen werden können – und ob es Pfarrer Lavrientiev gelingt, den Hilfstransport sicher ans Ziel zu bringen.

Stefan Branahl

„Wir wollen helfen!“
Celle. Pfarrer Andrzej Tenerowicz kann es kaum glauben, was gerade nur gut 1500 Kilometer entfernt von seiner Gemeinde passiert. „Niemand von uns hat geahnt oder vermutet, dass wir dies in unserem Leben erleben: Einen schrecklichen, brutalen Krieg im 21. Jahrhundert in Eu­ropa, fast an unserer Grenze. Die Bilder lassen uns nicht mehr ruhig schlafen.“ Für den Pfarrer von St. Ludwig in Celle gibt es angesichts der Bilder von Zerstörungen in der Ukraine und hunderttausenden Menschen auf der Flucht nur eins: „Die ganze Welt hilft und auch wir wollen und müssen helfen.“ Die Gemeinde sammelt daher Hilfsgüter für die Menschen in der Ukraine.

„Angesichts der Zerstörung, des Elends, der Kälte und des Todes dürfen wir unsere Mitmenschen in der Ukraine nicht allein und ohne Hilfe lassen“, betont Tenerowicz. Bis Sonnabend, 12. März, sammelt die Gemeinde daher im Pfarrheim Nahrungsmittel mit langer Haltbarkeit, Socken und Strümpfe, Hygieneartikel sowie Verbandsmaterial und nimmt Geldspenden entgegen. Die Hilfsgüter sind für ein Kloster mit Sozialstation und Kindergarten in der Nähe von Lemberg bestimmt, das vor Jahren auch mithilfe von Renovabis und des Bistums Hildesheim gebaut wurde.

Das Kloster wird von schlesischen Ordensschwes­tern geführt. „Sie helfen allen Bedürftigen und jetzt den zahlreichen Menschen, die auf der Flucht sind“, sagt der Pfarrer.
Für den Transport kooperiert St. Ludwig mit den katholischen Pfarrgemeinden in Herzberg, Osterode und Bad Lauterburg, die in die Ukraine fahren. Die Pfarrgemeinden im Harz werden von Mitbrüdern von Tenerowicz aus dem Oratorium des Hl. Philipp Neri geleitet.

Die St.-Ludwig-Gemeinde in Celle bekundet mit zwei weiteren Zeichen ihre Solidarität mit der Ukraine:  Täglich um 18 Uhr erklingen die Glocken von St. Ludwig, um mit dem Glockengeläut ein Signal gegen Krieg und für den Frieden zu setzen. Und für alle, die ihrer Solidarität, ihrer Anteilnahme und ihren Ängsten Ausdruck verleihen möchten, steht in der Kirche ein „Friedensbaum für die Ukraine, Europa und die Welt“. An diesen Baum kann jeder seine Gebete, Bitten, Sorgen oder Ängste hängen. Friedenstauben, die beschriftet werden können, liegen bereit. Ein Friedenslicht kann entzündet werden. Die Gemeinde will so einen Ort für ein verbindendes Gebet schaffen, um die Sorgen und Ängste vor Gott zu bringen.

Jeden Mittwoch um 12 Uhr findet zudem ein ökumenisches Gebet für Frieden in der Ukraine in der evangelischen Stadtkirche Celle statt.

Andres Wulfes
 

Unterstützt von Stella Maris
Bremerhaven. Auch der soziale Kleiderladen Kolping Tex in Bremerhaven beteiligt sich an der Hilfe für die Ukraine. „Dieser Krieg ist furchtbar“, sagt Edmund Kaune, Vorsitzender des Kolping- Bezirksverbandes Nordsee und Geschäftsführer von Kolping Tex. „Wir wollen etwas tun, um die Menschen vor Ort zu unterstützen und auch für die Menschen sammeln, die sich auf die Flucht aus ihrer Heimat machen“, so Kaune.

Konkret braucht Kolping Tex: Schlafsäcke, Klappbetten, Luftmatratzen, Decken, Bettzeug, Handtücher, Hygieneartikel, Baby- und Kinderverpflegung. Die Spenden werden bei Kolping Tex gesammelt und sollen dann in die Ukraine transportiert werden. „Einige Dinge werden wir auch hierbehalten, um sie an ukrainische Kriegsflüchtlinge abzugeben, sobald sie hier angekommen sind“, so Kaune. Besonders freut er sich über die Unterstützung der katholischen Grundschule Stella Maris, die den Spendenaufruf von Kolping Tex an die Elternschaft weitergegeben hat. Darüber hinaus bereiten die Schüler eine Friedensausstellung in der St.-Marien-Kirche in der Stadtmitte vor. „Die Kinder beschäftigt das Thema sehr und wir sprechen mit ihnen auch darüber“, sagt die stellvertretende Schulleiterin Michaela Friedewald.

Der Kolping-Bezirksverband steht in enger Abstimmung mit dem Kolping-Diözesanverband in Hildesheim, der auch den Weitertransport der Spenden koordiniert. Der Verband stehe in engem Austausch mit dem ukrainischen Kolping-Nationalverband, der rund 700 Menschen umfasst. Diese würden um Geldspenden bitten, um damit Verbandskästen und Erste-Hilfe-Sets anzuschaffen. Sowohl die Kolpingsfamilie Lehe, als auch der Bezirksverband Nordsee hätten sofort jeweils eine Spende von 500 Euro auf den Weg gebracht, sagt Edmund Kaune. „Es ist nicht viel, was wir für die ukrainische Bevölkerung tun können, aber das was wir können, das wollen wir tun“ sagt Edmund Kaune.

Kolping Tex in der Rickmersstraße 5–7 ist von Montag bis Freitag von 10–12.30 und 14.30–17 Uhr geöffnet. Während dieser Zeit können Spenden abgegeben werden.

Martina Albert