Klimawandel: Georg Hirschberger macht das Beste draus
Hoffnung für den Hopfen
Kritischer Blick: Georg Hirschberger prüft seine Hopfenpflanzen.
Glaube ist für Georg Hirschberger eine Art Grundprinzip des Lebens. „Ich bin ein gläubiger Mensch“, sagt er. Das heißt für ihn vor allem, dass er auf die Schöpfung aufpasst, auf seine Mitmenschen und auf seine Arbeiter.
Doch Hirschberger weiß: Glaube allein reicht nicht, wenn es darum geht, mit den Auswirkungen der Erderhitzung umzugehen. Der Katholik führt einen Landwirtschaftsbetrieb in Beesenstedt (Sachsen-Anhalt). An einem Abend im April hat er sich eine Stunde für das Interview abgeknapst – im Sommer, wenn seine Arbeitswoche bis zu 80 Stunden hat, kaum vorstellbar.
Hirschberger (59) kommt aus einer Hopfenbauerfamilie in Bayern und baut seit 1992 in Beesenstedt Hopfen an. Heute wachsen bei ihm auf 60 Hektar Hopfen, auf 19 Hektar Süßkirschen und auf einem halben Hektar Aprikosen. Er liebt seinen Beruf, aber ihn stört die Bürokratie. „Jeden Tag in den Betrieb zu gehen und aufzupassen, dass man nichts falsch macht“, nennt er das. Ob es die Düngeverordnung ist oder Vorschriften für die Saisonarbeitskräfte oder der Ärger um den Agrardiesel. Dabei muss ihm die Rücksichtnahme auf die Schöpfung niemand verordnen. „Ich lege sehr viel Wert darauf, dass wir nicht von der Natur leben, sondern mit der Natur“, sagt Hirschberger.
Sein Leben mit der Natur aber wird durch die Erderhitzung komplizierter. Dass es mal mehr oder weniger gute Ernten gibt, darauf ist der Landwirt schon immer eingestellt. Doch Hitzewellen, Trockensommer oder lange Kältephasen während der Wachstumszeit, die kennt er von früher nicht. Auch nicht, dass er bereits Mitte April die Hopfenpflanzen an den Draht bindet – weil sie wegen der Wärme dann schon so weit sind. Nun kann es passieren, dass die Pflanzen mehr Grünzeug und weniger Frucht ausbilden, weil sie mehr Zeit zum Wachsen haben. Anfang der 2000er-Jahre hat Hirschberger Schläuche für die Tröpfchenbewässerung gelegt. Damals wurde er von Kollegen aus Bayern dafür belächelt. Doch in den letzten Hitzesommern hat seine Anlage die Pflanzen vor dem Austrocknen bewahrt.
Wasser ist ein besonderes Gut
Und dennoch hatte er im vorletzten Jahr ein Drittel weniger Ertrag, „also etwa ein Drittel weniger Umsatz. Und das tut weh“, sagt Hirschberger. Denn nicht nur die Wurzeln bräuchten Wasser, auch die Luftfeuchtigkeit müsse stimmen. Von oben wässern will er nicht. „Wasser ist ein besonderes Gut, das wollen wir nicht vergeuden“, sagt er. „In den letzten zwei Jahren ist der Grundwasserspiegel bei uns um einen Meter gefallen.“ Er rechnet damit, dass die Wasserbehörde irgendwann festschreibt, wie viel Grundwasser er noch pumpen darf.
Was dann? Hirschberger will zumindest die Leistungsfähigkeit seiner Böden erhalten – mit Maßnahmen, die er sich selber ausdenkt. Er sagt: „Für uns forscht keiner, da ist die Hektarzahl in Deutschland zu gering.“ Mit Zwischenkulturen als Bodenbedeckung versucht er, die Feuchtigkeit in der Erde zu halten.
Seine Kirschen kommen besser mit Trockenheit zurecht. Doch hier ist der Preisdruck das Problem. Viele Supermärkte wollten zwar regionale Produkte anbieten, aber nur, wenn sie nicht teurer sind als importierte Kirschen aus Griechenland oder der Türkei, kritisiert Hirschberger: „Wenn das so weitergeht, ist Sonderkultur in diesem Land nicht mehr gewollt.“ Die Kirschen vermarktet er deshalb im Hofverkauf, so kann er den Preis selbst bestimmen und seine Kosten decken.
Riskant für die Ernte ist heftiger Regen, der durch die Erderhitzung häufiger kommt und einen ganzen Ertrag vernichten kann. Damit das nicht passiert, hat er einen Teil seiner Bäume überdacht. Die Freilandfläche will Hirschberger demnächst reduzieren und Kirschbäume nur noch unter Dächern bewirtschaften. Mit weniger Aufwand und weniger Arbeitskräften. „Und wenn es gar nicht mehr geht, hören wir auf“, sagt er.
Es ärgert den Hopfenbauern Hirschberger, wenn jeder Quadratmeter Boden ausgenutzt wird. Manche Nachbarn schüttelten den Kopf darüber, wie viele Hecken und Sträucher er gepflanzt hat, erzählt Hirschberger. „Ich habe mittlerweile so große Hecken um meinen Hopfen, dass ich in den ersten zwei Reihen Ertragseinbußen habe“, sagt er. „Aber das ist mir wurscht.“ Denn der Natur tue es gut. Und die Hecke gebe ihm so viel zurück. Der Hopfen sei von der Qualität besser.