Ingeborg Schillai steht nicht mehr zur Wahl

„Ich stoße an Grenzen“

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„Es ist an der Zeit, das Amt an der Spitze der Diözesanversammlung in andere Hände zu übergeben.“ Das sagt Ingeborg Schillai (72), seit zehn Jahren Präsidentin des synodalen Gremiums im Bistum Limburg. Fragen am Ende einer Amtszeit.



„Sympathisches Gesicht der Kirche“: Ingeborg Schillai, Präsidentin der Diözesanversammlung.


Frau Schillai, Sie sind seit zehn Jahren Präsidentin der Limburger Diözesanversammlung (DV). Ihre dritte Amtszeit ist zur Hälfte vorbei. Warum ist für Sie gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, Ihr Amt niederzulegen?
Ingeborg Schillai: Die zwei Jahre der 14. Amtszeit der DV waren von großen Veränderungen im Bistum geprägt. Auf Bistumsebene hat der Transformationsprozess an Intensität zugenommen. Die Veränderungen werden sich bis in die Bezirke auswirken. Im Präsidium haben wir in dieser für mich dritten Amtszeit, auch bedingt durch die Pandemie, noch nicht so zusammengefunden, wie ich es mir vorgestellt und gewünscht habe.
Trotz der Pandemiesituation, trotz des Fehlens der Geschäftsführerin der DV, haben wir manches erreicht, aber ich spüre, dass ich an Grenzen stoße. Um für die Menschen im Bistum, der DV und im Präsidium zukunftsfähig zu bleiben, braucht es neue Impulse und ein starkes kooperatives Miteinander.

Was war für Sie die bislang größte Herausforderung – und wie haben Sie sie gemeistert?
Ich glaube, die Herausforderung war auf den ersten Blick der Beginn meiner Amtszeit mit den Vorkommnissen um Bischof Tebartz-van Elst. Wahrnehmen und erkennen zu müssen, dass wir einen Bischof haben, der den gemeinsamen Weg im Bistum nicht mitgeht, der Wert auf die Darstellung der Macht des Bischofsamts legt, war sehr ernüchternd. Mit Weihbischof Manfred Grothe konnte unser Bistum wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen, Geschehenes konnte anfanghaft aufgearbeitet werden. Leider war eine versöhnende Begegnung mit unserem ehemaligen Bischof nicht möglich.
Das Ergebnis des von der Bischofskonferenz beauftragten Forschungsprojekts „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der deutschen Bischofskonferenz“ (MHG-Studie) war für alle eine große Herausforderung. Inzwischen hatten wir mit Georg Bätzing einen neuen Bischof, der unsere synodale Arbeitsweise ernst nimmt!
Der damalige Diözesan-Synodalrat (DSR) empfahl dem Bischof, eine Projektgruppe zu gründen. Aus dieser Projektskizze entstand später das Projekt „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“. Für mich war von Anfang an klar, dass alle Verantwortlichen im Bistum, einschließlich der kurialen und synodalen Gremien, dazu beitragen, dass das Projekt gelingt! Es ging und geht ja darum, Betroffene zu hören und zu unterstützen, um den sexuellen Missbrauch in Zukunft möglichst zu verhindern. Im Laufe der Aufarbeitung kam auch die Tatsache des spirituellen Missbrauchs hinzu. Diese Arbeit dauert an, sie wird uns noch lange begleiten.
Auch den Ökumenischen Kirchentag, der 2021 in Frankfurt unter Corona-Bedingungen stattfand, möchte ich hier benennen. Er konnte leider nicht so stattfinden, wie er zuerst geplant war. Mir ist die ökumenische Zusammenarbeit sehr wichtig, in der Diözesanversammlung leben wir schon sehr lange einen guten Austausch mit dem Kirchensynodalvorstand der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). In der Vorbereitung auf den Ökumenischen Kirchentag verstärkte sich die Verbundenheit, und wir lernten uns gegenseitig noch besser kennen. Eine große Bereicherung ist für mich die erweiterte Ökumene, der Austausch mit den Vertretern der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen.

Gibt es im Rückblick Dinge, die Sie als Präsidentin der Diözesanversammlung heute anders angehen, anders beurteilen würden?
Im Nachhinein sind wir alle immer gescheiter oder würden manches anders machen, weil wir die Auswirkungen unseres Handelns kennengelernt haben. Aber es ist immer in der Situation zu entscheiden und zu handeln!
Die Corona-Zeit hat uns den Umgang mit den digitalen Medien sehr schnell beigebracht, die Sitzungen konnten alle stattfinden. Das Zwischenmenschliche ist dabei teilweise auf der Strecke geblieben. Ich hoffe, dieser Verlust kann bald wieder aufgeholt werden. Wir Menschen leben von persönlichen Begegnungen.

Die Limburger Diözesanversammlung wird am 21. Mai Ihren Nachfolger, Ihre Nachfolgerin wählen, die Wahl wird zurzeit vom Präsidium vorbereitet. Welche Kandidaten, welche Kandidatinnen bewerben sich um Ihre Nachfolge?
Die Mitglieder der Diözesanversammlung und die Bezirks- und Stadtversammlungen machen sich nun Gedanken um meine Nachfolge. In den Findungsprozess bin nicht eingebunden.

Werden Sie nach dem 21. Mai weiterhin Mitglied der Diözesanversammlung bleiben?
Ich bin weiterhin Mitglied der Diözesanversammlung für den Bezirk Untertaunus.

Interview: Heike Kaiser

 

ZUR SACHE

Daran denkt sie gern zurück
Die Begegnungen mit den Menschen in den Partnerbistümern: So war sie bei der Bischofseinführung im Bistum Alaminos auf den Philippinen dabei. Der lebendige und intensive Austausch im Erzbistum Vrhbosana in Sarajevo liegt ihr am Herzen. Zuletzt lernte sie bei einem Besuch vor Ostern die Arbeit im Interreligiösen Büro kennen. Die Fürsorge der Caritas für Kinder und die Arbeit in dem Flüchtlingslager nennt sie „beispielgebend“. Die Arbeit mit Jugendlichen allgemein beeindruckte sie sehr. Bei Besuchen in den Bezirken hat sie erfahren, was die Menschen bewegt und wie die Situationen vor Ort sind. Das war sehr bereichernd für sie.