Andreas Bongard spielt "Jesus Christ" bei Bad Hersfelder Festspielen

„Jesus mit Ängsten und Sorgen“

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Andreas Bongard
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Foto: © BHF / Steffen Sennewald

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„Meine Beziehung zu Jesus ist durch das Stück klarer geworden“, sagt Andreas Bongard. Er singt bei den Bad Hersfelder Festspielen die Titelrolle in „Jesus Christ Superstar“.

Der gebürtige Limburger spricht im Interview mit Heike Kaiser über seine Beziehung zu Jesus – und zur katholischen Kirche.

Sie sind in Limburg geboren, im Westerwald haben Sie Ihre ersten musikalischen Schritte getan: Sie waren Mitglied der Elzer Theatergruppe „Pinocchio 90“, haben in der Pfarrkirche in Meudt und im gesamten Westerwaldkreis bei Konzerten mitgewirkt, wurden vom Westerwälder Musikdirektor und Komponisten Hubertus Weimer und der in Limburg lebenden Sängerin Alison Browner unterrichtet. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit Ihrer Heimat? 


Andreas Bongard: Ich erinnere mich an Jahre, in denen ich in der Schulzeit fast 60 Auftritte im Jahr gehabt habe. Ich habe zusammen mit Hubertus Weimer, Pinocchio’90 und der befreundeten Sängerin Nicole Jost aus Selters viele tolle Auftritts-Erfahrungen in der Region gemacht, die mich mit Sicherheit auch auf meine spätere Aufnahmeprüfung an der Folkwang Universität der Künste in Essen vorbereitet haben. 

Ihr Wohnort ist Berlin, Sie sind als Sänger und Schauspieler in der ganzen Welt unterwegs. Gibt es noch Kontakte in Ihre Heimat, die Sie nach wie vor pflegen? 

Natürlich. Gerade bei Pinocchio’90 sind in meiner Jugend viele Freundschaften entstanden, die bis heute gehalten haben. Viele Menschen aus der Region kommen mich zudem regelmäßig in meinen Konzerten oder Vorstellungen besuchen. Das weiß ich sehr zu schätzen, und das freut mich immer wahnsinnig. Außerdem lebt meine Familie in der Region. Mein Engagement in Bad Hersfeld hat aktuell also auch räumliche Vorteile. 

Sie wurden katholisch erzogen, gingen zur Erstkommunion, wurden gefirmt. Welche Beziehung haben Sie heute zur katholischen Kirche? 

 

Andreas Bongard feierte seine ersten musikalischen Erfolge im Westerwald. Foto: @ Fabian Raabe

Es ist für mich durch mein aktuelles Engagement als Jesus sehr interessant, mich wieder so intensiv mit dem Christentum zu beschäftigen. Ich bin vor einigen Jahren aus der katholischen Kirche ausgetreten, unter anderem, weil ich oft erschrocken darüber war, wie die an sich tollen Geschichten über Jesus von der Institution Kirche missbraucht und auf manipulative Weise gegen Menschen gerichtet wurden, um zum Beispiel sexuelle Übergriffe zu rechtfertigen. Mir ist aber durch meine Recherchen nochmal eins klar geworden: Bei Jesus sollten alle Menschen willkommen sein und die gleichen Rechte haben, ganz gleich, welche sexuelle Orientierung, Hautfarbe oder Geschlecht sie haben. Damit ich der katholischen Kirche wieder beitreten würde, müssten sich deren oberste Instanzen dazu radikal bekennen, sich für Vergangenes entschuldigen und aktiv dabei helfen, für ein schnelleres Umdenken in der Institution und der Bevölkerung zu sorgen. 

Sind Sie ein gläubiger Mensch? 


Ich würde lügen, wenn ich sagte, dass ich meinen Glauben mit dem Austritt aus der Kirche aufgegeben hätte. Natürlich haben mich die Geschichten über Gott, die mir in der Schule oder dem Kindergarten erzählt wurden, geprägt. Das hatte für meinen persönlichen Weg Vor- und Nachteile. Ich kann auf jeden Fall sagen, dass ich an Gott glaube. Gott steht für mich für die Hoffnung, dass alles gut wird. Ohne diese könnte ich in einer modernen Welt gar nicht mehr überleben. 


Sie spielen bei den Bad Hersfelder Festspielen die Hauptrolle des Musicals „Jesus Christ Superstar“. Wie haben Sie sich auf die Rolle des Jesus vorbereitet? 


Ich habe über den historischen Jesus nachgelesen und einige Stellen in der Bibel damit ver-glichen, um mir einen ganz eigenen Zugang zu der Figur zu schaffen. Das Musical ist eine eigene Interpretation der Geschichte durch Andrew Lloyd Webber und Tim Rice, die in der Gestaltung des Jesus trotzdem viel Freiheit bietet. Ich habe versucht, meinen Jesus so menschlich wie möglich zu gestalten, als jemanden, der auch in Erfolgsphasen zweifelt, Ängste, Sorgen, Fragen hat und trotzdem einer Mission nachgehen muss, für die er bestimmt ist. Ironischerweise gibt es hier viele Parallelen zu meinem Beruf. Ich versuche diese Parallelen immer in mir als Privatperson zu finden, um sie dann in meine Rollen zu legen. Hinzu kamen viele Stunden musikalischer Vorbereitung, denn diese Rolle ist gesanglicher Hochleistungssport. 


Welche persönliche Beziehung haben Sie zu Jesus von Nazaret? 


Meine Beziehung zu ihm ist durch das Stück klarer geworden. Er ist für mich wie ein Vorbild für Toleranz, Achtsamkeit und aufrichtiges, integratives Handeln. Vor allem steht er für mich für Offenheit. Jesus war seiner Zeit voraus und setzte damals schon so viele Zeichen für eine moderne Welt. Er hat verstanden, dass es uns allen schadet, krampfhaft an veralteten Traditionen festzuhalten. Gerade in der heutigen Zeit ist mir das besonders wichtig: Neue Denkansätze anzuhören und zu überdenken, statt gleich unüberlegt in die Defensive zu gehen.

Interview: Heike Kaiser

Zur Sache: Jesus Christ in Bad Hersfeld

1971 feierte die Rockoper „Jesus Christ Superstar“ des damals noch unbekannten Komponisten Andrew Lloyd Webber Premiere und gehört inzwischen zu den erfolgreichsten Bühnenstücken aller Zeiten. In dem Musical werden die letzten sieben Tage von Jesus Christus in Jerusalem aus der Perspektive von Judas, Jesu Freund und Verräter, erzählt. Dabei geht es auch um die Liebe Maria Magdalenas zu Jesus, das letzte Abendmahl, das Urteil des Herodes und den Verrat von Judas, der zum Kreuzweg Jesu und zu dessen Tod führt. 

Die Bad Hersfelder Sommerspiele enden am 27. August.  Für folgende Aufführungen von „Jesus Christ Superstar“ sind noch Karten erhältlich: 
Freitag, 4. August, 15 Uhr; Montag, 21. August, 20.30 Uhr;  Dienstag, 22. August, 20.30 Uhr; Donnerstag, 24. August, 20.30 Uhr
Ticket-Service: Montag bis Freitag 10 bis 17 Uhr, Samstag 10.30 bis 13 Uhr, Am Markt 1, 36251 Bad Hersfeld, 
E-Mail: ticket-service@bad-hersfelder-festspiele.de
Telefon 06621/640200, 
Internet: https://www.bad-hersfelder-festspiele.de 

Heike Kaiser