Über Grenzen und was sie bedeuten: neue Serie von "Platt inne Kärke"

Jesus sitt an use Grenzen

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ein Gemälde
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Zachäus steigt auf den Baum: Marie Mönch-Tegeder hat zu der Bibelgeschichte über den Zöllner ein Bild gemalt.

„Heimat an der Grenze“: So ist der Niedersachsentag des Niedersächsischen Heimatbundes am 30. und 31. Mai in Nordhorn überschrieben. Am 31. Mai gibt es dazu um 8.45 Uhr eine ökumenische Andacht in der Alten Kirche am Markt. Aus diesem Anlass beschäftigt sich der emsländische Arbeitskreis „Platt inne Kärke“ in einer neuen Serie ebenfalls mit dem Thema Grenzen. Maria Mönch-Tegeder erzählt im dritten Teil auf Plattdeutsch (mit hochdeutscher Übersetzung) von Zachäus, dem Zöllner.

Wat weet wi van Zachäus? Dat Lukas-Evangelium vertellt van em. He is eenen lüttken Kerl. Riek is he ock un he sitt an denn Zoll. Bi em wett utpackt. Dor mott man wiesen, wat man bi sick heff. 

ein Gemälde
Der Schlagbaum an der Grenze, die Geldbörse, der gedeckte Tisch: Motive, die von Zachäus in der Bibel berichten.

De Watten balanceert ehr mojet Werk dör sien Zollhus. De annern tottet schwoare Tasken und groate Pakete up denn Puckel, in beede Hanne of dichte an denn Liev druckt. Man wor eenen mag nich hemmen, dat em eener in de Taske kiekt. Wat kann dor nich alles in sitten? Wat gebrukt, verboden of klaut is. Dat Düre, wormet sick de Grenzgängers dick dohn könnt, off dat Metbrengsel ut denn Urlaub. In de Taske sitt ock, watt dör Dag un Tiet jeddereene brukt un jeddereene wetten dröff.  An de Grenze mott dat als up den Disk. Zachäus heff all ne Masse saijen.

 

 „Utpacken“ mejnt ock: dat eegene Leven ankieken. Un dann wees du nich, wat di passeeren kann: wat di dör denn Kopp und dör dat Hette jagt, wat di denkt un wat du föhls. Dat moss du laupen loaten. 

Eine Frau mit blonden Haaren
Maria Mönch-Tegeder. Foto: privat

Zachäus is ock een nejschierig Kerlken. As Jesus dör siene Stadt Jericho kömp, woll he liedensgerne wetten, wecker dat was. Dorüm klöwert denn lüttken Kerl up denn Boam. Anners krech he Jesus nich to seihen. Dör de Blah trefft sick ehre Aogen un et funkt bi ehr: „Zachäus, gau! Kumm runner! Vandage mott ick di in dien Hus besöken!“, ropp Jesus em to. Dor lett sick denn Zöllner nich letten un nemmt Jesus met in sien Hus! Kerl, wat is he bliede! Un nu packt Zachäus ut: „Herr, de Hälfte van mien Vermögen do ick de Armen. Weckern ick to full afknöppt hebb, geff ick veiermoal so full weer trügge.“ Mi dücht, em fallt wehr in, wat alles all up sienen Disk int Zollhus leggen heff. He sütt wor een bedröwt Gesicht van de, de bi em utpackt hebbt. Up moal röhrt em dat an! Wu kann dat doch? 

 

Jesus frogg nich, wor dat Werk herkump, dat utpackt wett. He frogg: „Wat döss du dormet? Watt bruks du dorvan? Wess du dor alleene mett ferrig? Kanns du et böhren? Sall ick di helpen?“ 

Jesus sitt an use Grenzen. Bi em könn wi utpacken un laupen loaten, wat us dör dat Hette jagt, wat wi denkt un föhlt. In Zachäus Taske heff he funnen, wat to retten is un verloren was. 

Wat dreggs du bi di?

Maria Mönch-Tegeder

 

Die hochdeutsche Übersetzung

Was wissen wir von Zachäus? Das Lukas-Evangelium erzählt von ihm. Er ist klein. Reich ist er auch und er sitzt am Zoll. Bei ihm wird ausgepackt. Da muss man zeigen, was man bei sich hat.

Einige balancieren ihre schönen Sachen durch das Zollhaus. Andere schleppen schwere Taschen und große Pakete auf dem Rücken, in beiden Händen oder nah an den Körper gedrückt.  Aber so manch einer möchte nicht, dass man ihm in die Tasche guckt.  Was kann sich darin nicht alles verbergen? Was gebraucht, verboten oder gestohlen ist. Das Teure, womit die Grenzgänger angeben können oder das Souvenir aus dem Urlaub.  In der Tasche steckt auch, was jeder alltäglich braucht, und jeder wissen darf.  An der Grenze muss alles auf den Tisch.  Zachäus hat schon viel gesehen. 

„Auspacken“ meint auch: das eigene Leben anschauen. Und dann weißt du nicht, was mit dir passieren kann: was dir durch den Kopf und durch das Herz jagt, woran du dich erinnerst und was du fühlst. Das musst du laufen lassen. 

Zachäus ist auch neugierig. Als Jesus durch seine Stadt Jericho kommt, will er unbedingt wissen, wer das ist. Deshalb klettert der kleine Kerl auf den Baum. Ansonsten hätte er Jesus nicht sehen können. Durch die Blätter treffen sich ihre Augen und es funkt bei ihnen: „Zachäus, schnell! Komm herunter! Heute muss ich dich in deinem Haus besuchen!“, ruft Jesus ihm zu. Das lässt sich der Zöllner nicht zweimal sagen und nimmt Jesus mit in sein Haus! Wie er sich freut! Und jetzt packt Zachäus aus: „Herr, die Hälfte von meinem Vermögen gebe ich den Armen. Wem ich zu viel abgenommen habe, gebe ich viermal so viel wieder zurück.“ Mir scheint, ihm fällt wieder ein, was schon alles auf seinem Tisch im Zollhaus gelegen hat. Er sieht so manch ein trauriges Gesicht von denen, die bei ihm ausgepackt haben. Auf einmal berührt ihn das. Wie kann das sein?

Jesus fragt nicht, woher die Sachen kommen, die ausgepackt werden. Er fragt: „Was machst du damit? Was brauchst du davon? Wirst du allein damit fertig? Kannst du es tragen? Soll ich dir helfen?“

Jesus sitzt auch an unseren Grenzen. Bei ihm können wir auspacken und laufen lassen, was uns durch das Herz jagt, was wir denken und fühlen. In Zachäus Tasche hat Jesus gefunden, was zu retten und verloren war. 

Was trägst du bei dir?