Für mehr Kommunikation in der Kirche
Kirche des doppelten Hörens
Was ist wesentlich für die Kirche 2030? Heute geht es in unserem „kleinen ABC der Kirchenentwicklung“ um ein „doppeltes Hören“. In einer Kirche, die über Jahrhunderte immer schon alles wusste, ist das eine kleine Revolution. Von Johannes Becher.
„Wer nicht hören will, muss fühlen“: Der alte Erziehungsgrundsatz hat einen wahren Kern. Und der gilt auch in kirchlichen Erneuerungsprozessen. Konkret: Wenn ich nicht weiß, wie jener fühlt und denkt, dem ich meine frohe Botschaft weitersagen will, dann straft mich dieser mit Nichtachtung. Das Wort geht am Empfänger vorbei. Also: Hören first! Zuhören lernen.
Für Matthias Sellmann ist das eine Grundvoraussetzung von Seelsorge. Der Bochumer Pastoraltheologe fordert in einem seiner Bücher deshalb Schritte „von einer Pastoral des Erreichens zu einer Pastoral des Lernens“. Vorbei also die Zeiten, in denen der Katalog des Glaubenswissens einfach feststand und dem Getauften nur noch einzutrichtern war. Jetzt geht es erst einmal ums (Zu-)Hören.
Längst ist diese Einsicht an vielen Orten der Kirche verbreitet – jedenfalls theoretisch. Und so wird nun häufig von einer Kirche des Hörens gesprochen. Wird „das Hören“ – im Sinne der alten Ordensregel des Benedikt – als „Programmatik geistlichen Lebens“ bezeichnet. In einer sich ändernden Kirche werden nun aus den Lehrenden zunächst einmal Zuhörer.
Papst Franziskus nennt das Hören als erste Notwendigkeit auf dem „Weg des Glaubens“. In einer Predigt bei der Jugendsynode sagte er es so: „Es geht um ein Apostolat des Ohrs: zuhören, bevor man spricht. … Wie wichtig ist es für uns, auf das Leben zu hören!“ Franziskus kennt – die Jesuiten lassen grüßen – auch ein Hören für Fortgeschrittene: das „discernimento“, ein unterscheidendes Zuhören. Hören auf Gott und die Menschen.
„Es geht im Grunde bei Lokaler Kirchenentwicklung um ein doppeltes Hören: das Hören des Wortes Gottes und das Hören auf das, was Menschen zu sagen haben.“ So fasst es Dr. Christoph Rüdesheim zusammen. Der Leiter des Theologisch-Pastoralen Instituts (TPI) für berufsbegleitende Bildung in den Diözesen Fulda, Limburg, Mainz und Trier sieht in solchem Hören die notwendige Voraussetzung dafür, dass die Kirche in den Erneuerungsprozessen „nicht um den bloßen eigenen Selbsterhalt“ kreist.
Vielleicht gelingt ja auch auf dem von den Bischöfen angekündigten „synodalen Weg“ eine veränderte Kommunikation in der Kirche. Wäre doch ein spannendes Hör-Experiment, das eine Mit-Initiatorin von Maria 2.0 vorschlägt. Lisa Kötter: „Ladet Eure Bischöfe in Eure Küchen ein. Nicht in ihrer hierarchischen Funktion, sondern als Mitchristen. Und dann reden wir miteinander.“