Situation an der Grenze zwischen Belarus und Polen

Kirchenvertreter fordern Lösungen

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An der Grenze zwischen Belarus und Polen zeigten sich die eklatanten Folgen mangelnder Abstimmungen, sagt ZdK-Präsident Thomas Sternberg. 

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Flüchtlinge harren an der Grenze zwischen Belarus und Polen aus. Foto: imago images/ITAR-TASS


Vor dem Hintergrund der Migrationskrise an der polnisch-belarussischen Grenze haben Kirchenvertreter dringend Lösungen angemahnt. Der scheidende Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, forderte ein zukunftsfähiges europäisches Asylsystem. "Die eklatanten Folgen mangelnder europäischer Abstimmungen zeigen sich gerade auf erschütternde Weise", sagte Sternberg in Berlin bei der Herbstvollversammlung des ZdK. "Eine Union, die bis heute kein gemeinsames Asylsystem hat, keine einheitlichen Standards, kein faires Verfahren im Umgang mit Geflüchteten, die ist und bleibt erpressbar."

Die EU stehe derzeit "vor der schier unlösbaren Aufgabe, die humanitäre Katastrophe an ihrer Außengrenze abzuwenden, ohne Unrecht mit Unrecht und Härte mit Härte zu beantworten", so Sternberg. Das Grenzsicherungs- und Asylsystem müsse in der Lage sein, mit den Betroffenen menschenwürdig umzugehen und sie nicht der Gefahr unmenschlicher Behandlung auszusetzen. Zumindest müssten Hilfsorganisationen und Medien der Zugang zu den Menschen an der Grenze gestattet werden. "Es geht hier nicht nur um globale Machtspiele, es geht um Menschenschicksale", so Sternberg.


Kardinal Christoph Schönborn: Notleidende Menschen werden zum Spielball

Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn äußerte hingegen Verständnis, dass die EU dem "widerlichen Machtspiel" des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko nicht nachgebe. Lukaschenko drohe «mit neuen Flüchtlingsströmen, um seine Forderungen an die EU durchsetzen zu können», schreibt Schönborn in seiner Kolumne in der Gratiszeitung "Heute". Es sei "zynisch und schamlos" wie "notleidende Menschen zum Spielball eines Machthabers" würden.

Zugleich sei es höchste Zeit für Bemühungen um eine humanitäre Lösung. "Es geht um Menschen, die einfach Sehnsucht nach einem Leben und Frieden und Sicherheit haben. Sie wurden bitter betrogen", betonte der Wiener Erzbischof. "Es tut weh, ihnen nicht helfen zu können."

Auch in dieser Woche hängen mehrere tausend Menschen aus Ländern des Nahen Ostens im polnisch-belarussischen Grenzgebiet fest. Zwar habe es in den vergangenen Tagen die ersten Rückführungen gegeben, etwa in den Irak; dennoch ist laut internationalen Beobachtern mit der Ankunft weiterer Migranten an der Grenze zu rechnen. Hilfsorganisationen sehen eine humanitäre Krise, insbesondere wegen abnehmender Temperaturen; mehr als zehn Menschen seien bereits mutmaßlich an Unterkühlung gestorben, darunter ein 14-jähriger Junge und ein Kleinkind.

Zuvor hatte auch der Papstgesandte in Belarus, Erzbischof Ante Jozic, zu Solidarität mit den Migranten aufgerufen. Zudem mahnte er eine "Kontrolle der Migrantenströme" an. Man dürfe nicht einfach zuschauen, wenn sich Menschen an der "Grenze zwischen Leben und Tod" befänden, so der Nuntius. Er rief die Regierungen aller betroffenen Länder auf, entschlossen und schnell zu handeln, um zumindest vorübergehende Lösungen zu finden, die Leben retten.

kna