Wie sieht die Zukunft auf dem Jakobsberg aus?

Kloster im Krisenmodus

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Die Nachricht, dass die Missionsbenediktiner den Jakobsberg in Ockenheim verlassen, hat die Freunde des Klosters erschüttert. Was wird jetzt aus dem geplanten geistlichen Zentrum, das das Bistums Mainz hier ansiedeln will? Von Anja Weiffen



Die Missionsbenediktiner erwarben das Kloster auf dem Ockenheimer Berg 1960. Vor 40 Jahren wurde in den ehemaligen Landwirtschaftsgebäuden das Jugendhaus St. Georg eröffnet, 1983 folgte das Gästehaus St. Benedikt, 1991 das Bildungshaus St. Bonifatius.


Ordensleute haben in den vergangenen Wochen und Monaten Schlagzeilen im Bistum Mainz gemacht: Seien es die Bensheimer Schwestern der Congregatio Jesu oder die Oblaten auf dem Binger Rochusberg – immer ging es um die Aufgabe eines Kloster-Standorts. Und nun der Jakobsberg: Anfang 2023 wollen die Missionsbenediktiner der Erzbabtei im bayerischen St. Ottilien ihre Gemeinschaft in Ockenheim aufgeben. Dabei versprühte noch Ende vergangenen Jahres ein Artikel über den Jakobsberg in den „Missionsblättern“, dem Ordensmagazin, Aufbruchstimmung. Hoffnungsvoll wurde ein Personalwechsel mit vier neuen Ordensmännern geschildert, vor dem Hintergrund, dass das Bistum den Ort als geistliches Zentrum ausbauen will. Nun, in der Pressemitteilung zur Schließung der Gemeinschaft, begründet Erzabt Wolfgang Öxler die Entscheidung mit dem plötzlichen Weggang von Mitbrüdern sowie mit der Überalterung des Ordens. Pater Franziskus Köller, Missionsbenediktiner in St. Ottilien, ist dem Jakobsberg als Mainzer Diözesanpriester schon lange sehr verbunden. Von seinen 36 Jahren im Orden verbrachte er 18 im Kloster Jakobsberg, davon 11 Jahre als Pfarrer in Ockenheim. Der bald 79-Jährige erläutert die Personalsituation in St. Ottilien. „Wir sind insgesamt 75 Mönche in der Erzabtei, davon 25 älter als ich.“ Die Jüngeren haben Aufgaben in der Schule, in der Klosterverwaltung, in der Leitung von Betrieben und in der Pastoral, die nicht ohne Weiteres aufgegeben werden können“, erklärt er. „Im Fall des Standorts Jakobsberg ging es zudem um die Frage, wer den Konvent leiten kann.“ Denn der bisherige Prior, Pater Timotheus Bosch, hat die Gemeinschaft verlassen.

Die Entscheidung über einen Verbleib auf dem Jakobsberg haben die Mönche in der Erzabtei – wie in allen wichtigen Fragen üblich – gemeinschaftlich, in geheimer Abstimmung getroffen. Dabei spielte die Entwicklung der Alterstruktur eine wichtige Rolle. Köller: „In zehn Jahren werden der Erzabtei 53 Mönche unter 80 Jahren angehören, sofern nicht vorher schon Verluste zu beklagen sind; diese müssen den ganzen Betrieb aufrechterhalten. Wer die Größe von St. Ottilien kennt, weiß, was da zu stemmen ist.“ Mit diesem Hintergrundwissen ist der Konvent zu einem klaren Abstimmungsergebnis gekommen, teilt Pater Franziskus mit. „Auch wenn ich dem Jakobsberg sehr nachtrauere – diese Entscheidung war unausweichlich!“
Übernachtungen sollen weiter möglich sein Karl-Heinz Bungert aus Ockenheim, ehemaliger Internatsschüler aus St. Ottilien, verfolgt die Geschichte des Klosters Jakobsbergs seit Jahrzehnten. Er ist erschüttert, dass gleich zwei Pioren hintereinander aus dem Orden ausgetreten sind und das Kloster Jakobsberg verlassen haben. „Solche Lebensentscheidungen sind nichts Ungewöhnliches, aber sie kommen nicht von heute auf morgen.“ Dass die beiden noch das Priorenamt übernommen hatten trotz vielleicht mancher Zweifel, ärgert ihn.
Das Bistum, das den Rückzug der Missionsbenediktiner sehr bedauert, will das Kloster übernehmen und zum geistlichen Zentrum ausbauen. Das war und ist weiterhin der Plan – gerade angesichts dessen, dass das Kardinal-Volk-Haus auf dem benachbarten Binger Rochusberg, das bisherige Exerzitienhaus des Bistums, Ende des Jahres schließt. Wie der Jakobsberg ein geistlicher Ort bleiben soll, wirft aber noch Fragen auf. Julia Hoffmann, stellvertretende Pressesprecherin des Bistums, teilt mit: „Es wird im Kloster Jakobsberg weiterhin die Möglichkeit geben, zu übernachten, auch für Einzelgäste.“ Seminare werden weiterhin angeboten. Das vor kurzem gegründete „Institut für Spiritualität im Bistum Mainz“ bietet in diesem Herbst und im Advent Exerzitien im Kloster Jakobsberg an. Auch für 2023 sind dort Exerzitien geplant.

Vin Anja Weiffen

 

NACHGEFRAGT

Jakobsberg ohne Ordensleute: Was geht verloren?

Margareta Müller, Vorsitzende Ortsausschuss Kirchengemeinde Ockenheim: „Die Mönche und Schwestern werden den Jakobsberg verlassen. Hiermit stirbt ein Teil von Ockenheim. Die Menschen besonders in Ockenheim, aber auch in der Umgebung, verlieren ein Stück Heimatverbundenheit, Gemeinschaft, Freunde, Freude, Gottesdienste, Wallfahrten und vieles mehr. Verloren gehen Meditationen, das Spirituelle, lebendige Veranstaltungen. Die Trauer bei mir und den Menschen in Ockenheim ist groß.“

 

Martin Jobst, Leitung Referat Freiwilligendienste im Ordinariat Mainz: „Die Begegnung mit den Benediktinern und die spirituelle Atmosphäre sind bisher wesentliche prägende Erfahrungen gewesen, – sowohl für unsere FSJ-Gruppen, als auch für mich persönlich. Für viele Freiwillige war das ,in Berührung kommen mit einer völlig fremden Welt‘ ein neuer inspirierender Impuls, um über das eigene Leben nachzudenken. Der Jakobsberg ist für mich zu einem heiligen Ort geworden.“

 

Annette Reithmeier-Schmitt, Abteilung Fortbildung im Ordinariat Mainz, veranstaltete früher den „Filmsonntag“ im Kloster Jakobsberg mit: „Die Männer und Frauen im Ordensgewand stehen für verlässlich gelebte Spiritualität, die gerade auch in der Regelmäßigkeit des Stundengebetes miterlebt werden kann. Das gibt und gab vielen Menschen Ruhe und Kraft an einem Ort, der über dem Alltagsgeschehen liegt. Das offene Ohr der Ordensmenschen hatte für viele eine große Anziehungskraft.“

 

Karl-Heinz Bungert, Ockenheim: „Ich bin tieftraurig über diese Entscheidung. Die Missionsbenediktiner haben viel Positives bewirkt, angefangen von der geistlichen Kurs-Begleitung im Tagungshaus, über Trauungen, Sterbebegleitungen bis hin zu Gesprächsmöglichkeiten im Besuchszimmer des Klosters. Man wurde mit offenen Armen empfangen.  Auch für die Pfarrei waren sie immer da. Es ist zugleich gut, dass es auf dem Jakobsberg weitergeht, der benediktinische Geist wird bleiben.“