Kirchliche Arbeitgeber reagieren gelassen

Konfession kein K.O.

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Die Kirche darf bei der Jobvergabe nicht in jedem Fall eine Konfessionszugehörigkeit fordern. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) vor wenigen Tagen entschieden. Die kirchlichen Arbeitgeber im Bistum Hildesheim halten die Auswirkungen des Urteils für überschaubar und reagieren gelassen.


An der Wand hängt das Kreuz, doch nicht alle Mitarbeiter
in katholischen Krankenhäusern müssen Christen sein
oder überhaupt einer Religion angehören. | Foto: kna

„Die Konfession war auch bislang für uns kein K.O.-Kriterium“, sagt Dr. Markus Güttler, Leiter der Hauptabteilung Personal/Verwaltung im Bischöflichen Generalvikariat. Insofern sei das Urteil kein Weltuntergang. Er verweist darauf, dass im Generalvikariat  schon jetzt nichtkatholische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sind. „Ich würde auch nicht zögern, beispielsweise für den IT-Bereich einen Muslim oder eine Muslima einzustellen, wenn die Person die nötige Qualifikation mitbringt“, sagt der Personalchef. Allerdings: Es müsse eine Identifikation mit den Zielen und Werten der Kirche geben: „Nur so können wir den gemeinsamen Sendungsauftrag der kirchlichen Dienstgemeinschaft erfüllen.“

Anders sieht es für den pastoralen Bereich aus. „Wenn wir Pastoral- oder Gemeindereferenten einstellen, müssen diese natürlich katholisch sein“, sagt Güttler. Gleiches könne beispielsweise für Referenten für religiöse Bildung gelten. Dies werde aber auch vom EuGH nicht in Zweifel gezogen. „Der Gerichtshof hat lediglich klargestellt, dass es für die Forderung nach einer Konfessionszugehörigkeit eine nachvollziehbare Begründung geben muss. Und die haben wir in solchen Bereichen“, erläutert er.

Deutlich machen: Es geht um die Identifikation

Konkrete Auswirkungen des EuGH-Urteils sieht der Personalchef vor allem für die Personalauswahl des Bistums. Dort werde man künftig stärker deutlich machen, dass es auf eine Identifikation der Mitarbeitenden mit den Zielen und Werten der katholischen Kirche ankomme und entsprechend  darauf verzichten, eine Zugehörigkeit zur katholischen Kirche zu fordern. Insgesamt bringe der EuGH-Spruch nochmals mehr Klarheit in das kirchliche Arbeitsrecht und führe zu einer Profilschärfung kirchlicher Einrichtungen.

Ähnlich entspannt betrachtet Elisabeth Stankowski, Vorstandsmitglied beim Diözesancaritasverband, die Lage. Bei der Caritas arbeiten bereits seit Jahrzehnten Angehörige anderer Konfessionen, Religionen und Konfessionslose. „Eine Zugehörigkeit zu einer christlichen Konfession ist für uns immer dann wichtig, wenn es um die Außenvertretung oder die Funktion innerhalb des Verbandes geht. Vorrangig zählt die Fachlichkeit“, sagt sie. Ideal sei natürlich, wenn beides zusammenkomme. Noch sei nicht klar, wie sich das Urteil in der Praxis überhaupt auswirke. Denn: Bei dem EuGH-Urteil handelt es sich um eine Feststellung, die erst noch von der deutschen Rechtsprechung aufgenommen werden muss. „Ich bin gespannt, was das Bundesarbeitsgericht daraus macht“, sagt Stankowski.

Christsein  ist keine Voraussetzung

„Wir haben Mitarbeiter ohne und mit ganz verschiedenen Konfessionen und Religionen“, sagt Judith Seiffert, Pressesprecherin des katholischen St.-Bernward-Krankenhauses in Hildesheim. Schon seit Jahren sei die Zugehörigkeit zu einer christlichen Konfession keine Einstellungsvoraussetzung mehr. Allerdings müsse sich jeder Mitarbeiter mit dem Leitbild des Hauses identifizieren, und dies orientiere sich an christlichen Werten.

Matthias Bode

 


Ein eigenes Recht für die kirchlichen Mitarbeiter

Die arbeitsrechtlichen Bedingungen für die über 1,3 Millionen Mitarbeiter der Kirchen und ihrer Wohlfahrtsverbände unterscheiden sich erheblich von den für andere Arbeitnehmer geltenden Bestimmungen. Grundlage dafür ist das Grundgesetz, das den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften mit Blick auf die Religionsfreiheit ein weitgehendes Selbstverwaltungs- und Selbstbestimmungsrecht einräumt.

Grundsätzlich verlangen die Kirchen von allen Mitarbeitern, dass sie der jeweiligen Konfession angehören. Es gibt aber Ausnahmen für andere christliche Konfessionen und zunehmend auch für Anders- und Nichtgläubige. Ein Verstoß gegen diese Loyalitätspflichten – etwa Kirchenaustritt – kann, nach Konfession unterschiedlich, abgestufte arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung nach sich ziehen.

Auslöser für die aktuelle EuGH-Entscheidung ist ein konkreter Fall: Die konfessionslose Vera Egenberger hatte sich auf eine Referentenstelle beim Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung beworben und wurde wegen Konfessionslosigkeit abgelehnt. Sie sieht darin eine unzulässige Diskriminierung und einen Verstoß gegen die europäischen Gleichbehandlungsrichtlinien.

Der Gerichtshof betonte, dass kirchliche Arbeitgeber nicht völlig frei entscheiden können. Wenn sie von Stellenbewerbern die Kirchenmitgliedschaft verlangen, muss dies Gegenstand einer gerichtlichen Kontrolle sein können. Zwar stehe es den staatlichen Gerichten in der Regel nicht zu, über das Ethos kirchlicher Arbeitgeber als solches zu befinden. Die Gerichte hätten aber festzustellen, ob die Forderung nach einer bestimmten Konfession mit Blick auf dieses Ethos im Einzelfall „wesentlich“, „rechtmäßig“ und „gerechtfertigt“ sei. Zur Bedingung dürfe die Zugehörigkeit zu einer Konfession nur gemacht werden, wenn dies für die Tätigkeit „objektiv geboten“ sei. Außerdem müsse die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben und die Anforderungen dürften nicht über das Erforderliche hinausgehen.
Im Licht des EuGH-Urteils muss nun das Bundesarbeitsgericht entscheiden, ob der Klägerin die von ihr geforderten rund 10 000 Euro Entschädigung zustehen. (kna)